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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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Zwi schenräume, die Kornspeicher. FIFHUZ, dachte ich. Forschungs institut für HUZ? Was mochte das heißen? Für Hunde und Zebras? Für Hurrikane und Zyklone? Die Hütte auf Hühnerbeinen, sagte ich mir, ist das Museum dieses FIFHUZ. Meine Weggefährten sind wahrscheinlich auch von hier. Genau wie die beiden aus der Teestube. Vom Dach des Gebäudes stob ein Krähenschwarm auf und kreiste krächzend über der Gasse. Ich drehte mich um und kehrte auf den Platz zurück.
    Was sind wir doch für naive Materialisten und unverbesserliche Rationalisten, dachte ich. Wir wollen, dass es für alles eine rationale Erklärung gibt, beziehungsweise, dass sich alles auf diese Handvoll uns bekannter Fakten zurückführen lässt. Und keiner von uns denkt auch nur ein bisschen dialektisch. Niemand kommt auf die Idee, dass zwischen den bekannten Fakten und einer neuen Erscheinung Welten liegen können, ein Meer unbekannter Phänomene, und so bezeichnen wir die neue Erscheinung als übernatürlich und demzufolge als unmöglich. Wie hätte beispielsweise Maître Montesquieu die Nachricht aufgenommen, dass ein Toter fünfundvierzig Minuten nach dem festgestellten Herz stillstand wieder zum Leben erweckt wurde? Wahrscheinlich mit einem geharnischten Protest. Sozusagen säbelrasselnd. Für ihn wäre so etwas obskur und pfäffisch gewesen – wenn er eine solche Nachricht überhaupt ernst genommen hätte. Hätte sich das Ganze aber vor seinen Augen abgespielt, so wäre er in eine äußerst peinliche Lage geraten. Genau wie ich jetzt, nur dass ich daran eher gewöhnt war. Er hingegen hätte eine solche Wiederbelebung entweder für einen Gaunerstreich halten oder seinen Sinnen, ja gar dem Materialismus misstrauen müssen; letzten Endes hätte er sie wohl für einen Gaunerstreich gehalten. Aber der Gedanke daran hätte ihm zeitlebens wie ein Stachel im Hirn gesessen. Wir aber sind Kinder eines anderen Jahrhunderts. Was haben wir nicht alles gesehen: einen lebendigen Hundekopf, der einem anderen lebenden Hund auf den Rumpf gesetzt wurde, eine künstliche Niere von der Größe eines Schranks, eine tote eiserne Hand, dirigiert von lebendigen Nerven, und Menschen, die beiläufig fallen lassen: »Das war schon nach meinem ersten Tod …« Ja, heute hätte Montesquieu kaum eine Chance, Materialist zu bleiben. Wir aber bringen das fertig – kein Problem! Es ist allerdings nicht immer einfach, insbesondere, wenn ein zufälliger Windstoß ein bizarr geformtes Blütenblatt über dieses Meer der unbekannten Phänomene zu uns herüberweht. Besonders oft ist das der Fall, wenn man etwas anderes findet, als man ursprünglich gesucht hat. Bald werden in unseren Naturkundemuseen erstaunliche Lebewesen auftauchen – die ersten Lebewesen von anderen Planeten. Und natürlich werden wir sie angaffen und uns auf die Schenkel schlagen, obwohl wir doch schon lange auf sie warten und bestens auf ihr Erscheinen vorbereitet sind. Viel verblüffter und enttäuschter wären wir, wenn es diese Wesen nicht gäbe oder wenn sie wie unsere Hunde und Katzen aussähen. In der Regel bereitet uns die Wissenschaft, an die wir (oftmals blindlings) glauben, frühzeitig auf künftige Wunder vor, und wirklich schockiert sind wir nur, wenn wir auf etwas Unvorhergesehenes stoßen – auf ein Schlupfloch in die vierte Dimension, eine biologische Funkverbindung, einen bewohnten Planeten … Oder eine Hütte auf Hühnerbeinen … Dabei musste ich dem hakennasigen Roman recht geben: Hier bei ihnen war es wirklich sehr, sehr interessant.
    Wieder auf dem Platz angelangt, blieb ich vor dem Kiosk mit Sodawasser stehen. Ich wusste, dass ich kein Kleingeld mehr hatte und einen Schein würde wechseln müssen. So setzte ich ein devotes Lächeln auf, weil Sodawasserverkäuferinnen im Allgemeinen ungern Geldscheine wechseln, als ich in meiner Hosentasche plötzlich ein Fünfkopekenstück entdeckte. Ich war hocherstaunt, vor allem aber erfreut. Ich leerte ein Glas Sodawasser mit Sirup, erhielt eine nasse Kopeke zurück und plauderte mit der Verkäuferin über das Wetter. Dann trat ich kurz entschlossen den Heimweg an, um TP und TW möglichst rasch hinter mich zu bringen und mich anschließend den rational-dialektischen Erklärungen zuzuwenden. Ich steckte die Kopeke zurück in die Tasche und blieb abrupt stehen, als ich entdeckte, dass noch ein Fünfer in der Tasche war. Ich holte ihn heraus und betrachtete ihn von allen Seiten. Er war ein bisschen feucht, und darauf stand: »Fünf Kopeken 1961«,

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