Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
Vom Netzwerk:
Sie sich«, bat Diana höflich.
    Pavor nahm ihr gegenüber Platz und rief: »Kellner, einen doppelten Kognak!« Es dämmerte, und der Pförtner zog die Vorhänge zu. Viktor schaltete die Stehlampe ein.
    »Ich bin entzückt von Ihnen«, wandte sich Pavor an Diana. »In so einem Klima zu leben und sich eine so schöne Gesichtsfarbe zu bewahren …« Er nieste. »Verzeihung. Dieser Regen macht mich ganz krank. Wie kommen Sie mit der Arbeit voran?«, fragte er Viktor.
    »Mäßig. Bei dem trüben Wetter kann ich nicht arbeiten – da will ich immer nur trinken.«
    »Warum haben Sie sich denn mit dem Polizeichef gestritten?«, wollte Pavor wissen.
    »War nicht der Rede wert«, antwortete Viktor. »Ich wollte nur Gerechtigkeit.«
    »Was war denn passiert?«
    »Der Bürgermeister, dieser Mistkerl, macht mit Fallen Jagd auf Nässlinge. Einer von ihnen ist in eine Falle getreten und hat sich den Fuß verletzt. Ich habe mir die Falle geschnappt, bin damit zur Polizei und habe um Aufklärung gebeten.«
    »Aha«, sagte Pavor. »Und weiter?«
    »In dieser Stadt gibt es merkwürdige Gesetze: Da der Geschädigte keine Anzeige erstattet hat, geht man davon aus, dass es kein Verbrechen war, sondern ein Unglücksfall, an dem der Geschädigte selbst schuld ist. Ich habe dem Polizeichef gesagt, dass ich das zur Kenntnis nehme; er aber meinte, das sei eine Drohung, und dabei beließen wir es dann.«
    »Und wo ist das passiert?«, erkundigte sich Pavor.
    »In der Nähe des Sanatoriums.«
    »In der Nähe des Sanatoriums? Was hatte der Nässling da zu suchen?«
    »Meiner Ansicht nach geht das niemanden etwas an«, bemerkte Diana scharf.
    »Natürlich nicht«, pflichtete Pavor ihr bei. »Mich wundert’s nur …« Er verzog das Gesicht, kniff die Augen zu und nieste schallend. »Verflixt«, sagte er. »Bitte entschuldigen Sie …«
    Er griff in die Tasche und holte ein großes Taschentuch heraus. Dabei fiel ein schwerer Gegenstand zu Boden. Viktor bückte sich. Es war ein Schlagring. Er hob ihn auf und reichte ihn Pavor.
    »Wozu schleppen Sie so etwas mit sich herum?«, wollte er wissen.
    Pavor vergrub sein Gesicht im Taschentuch und blickte mit geröteten Augen auf den Schlagring.
    »Ihretwegen«, erklärte er mit gedämpfter Stimme und putzte sich die Nase. »Sie haben mir mit Ihrer Geschichte Angst eingejagt. Übrigens erzählt man sich, dass hier eine Bande agiert. Es sollen Banditen oder Rowdys sein. Und ich lasse mich nicht gern schlagen, wissen Sie.«
    »Stecken Sie denn oft Schläge ein?«, wollte Diana wissen.
    Viktor betrachtete Diana interessiert. Sie saß mit übergeschlagenen Beinen im Sessel, blickte zu Boden und rauchte. Armer Pavor, dachte er. Jetzt kannst du was erleben … Er streckte die Hand aus und zog ihr den Rock übers Knie.
    »Ich?«, fragte Pavor. »Sehe ich so aus? Das wird sich gleich ändern: Kellner, noch einen doppelten Kognak! … Tja, am nächsten Tag bin ich zum Schlosser gegangen, und da haben sie mir im Handumdrehen diesen Ring angefertigt.« Zufrieden sah er sich den Schlagring von allen Seiten an. »Das gute Stück gefällt sogar Golem.«
    »Sind Sie immer noch nicht ins Leprosorium hineingekommen?«, erkundigte sich Viktor.
    »Nein. Sie lassen mich nicht hinein, und wie es aussieht, wird sich daran auch nichts ändern. Ich habe schon jede Hoffnung aufgegeben. An drei Departements habe ich Beschwerdebriefe geschickt, und jetzt bastle ich an einem Bericht. Über die Summe, die das Leprosorium im vergangenen Jahr für Unterhosen ausgegeben hat. Getrennt für Männer und für Frauen. Das ist spannend wie ein Krimi.«
    »Schreiben Sie auch hinein, dass sie dort nicht genug Medikamente haben«, schlug Viktor vor. Pavor zog erstaunt die Brauen hoch, und Diana sagte träge: »Lassen Sie die Schreiberei. Sie sollten lieber ein Glas Glühwein trinken und sich ins Bett legen.«
    »Das ist wohl ein Wink mit dem Zaunpfahl – ich soll gehen«, meinte Pavor seufzend. »Wissen Sie, welche Zimmer nummer ich habe?«, fragte er Viktor. »Kommen Sie mich doch mal besuchen.«
    »Zweihundertdreiundzwanzig«, antwortete Viktor. »Ich komme bestimmt.«
    »Auf Wiedersehen«, verabschiedete sich Pavor und stand auf. »Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.«
    Sie sahen zu, wie er zum Tresen ging, sich eine Flasche Rotwein geben ließ und zum Ausgang strebte.
    »Du redest zu viel«, sagte Diana.
    »Ja«, stimmte Viktor zu. »Tut mir leid. Weißt du, irgendwas an ihm gefällt mir.«
    »Mir gefällt er nicht«, entgegnete

Weitere Kostenlose Bücher