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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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müssen Sie ihn auch … na ja … So läuft das doch immer.«
    Verflixt, dachte Viktor. Wo soll ich denn hin damit? Hun dert Meter weiter hörte man das Motorrad im Leerlauf knat tern.
    »Haben Sie ihn wirklich entführt?«, fragte der Soldat neu gierig.
    »Klar. Die Polizei hat den Fahrer aufgehalten, und ich Esel wollte helfen.«
    »Tja«, meinte der Soldat mitfühlend. »Ich weiß wirklich nicht, was ich Ihnen da raten soll.«
    »Und wenn ich mich jetzt aus dem Staub mache?«, fragte Viktor in schmeichelndem Ton. »Schießen Sie dann auf mich?«
    »Ich weiß nicht«, überlegte der Soldat. »Ich glaube, das brauche ich nicht. Soll ich nachfragen?«
    »Ja, fragen Sie«, bat Viktor und überschlug, ob es ihm gelingen werde, rasch genug außer Sichtweite zu gelangen.
    In dem Augenblick hupte es. Das Tor öffnete sich, und der unglückselige Lastwagen kam langsam aus der Zone gerollt. Er hielt neben Viktor, die Tür sprang auf, und Viktor sah, dass hinter dem Lenkrad nicht mehr, wie erwartet, der Junge saß, sondern ein kahlköpfiger, krummer Nässling, der ihn anblickte. Da Viktor sich nicht vom Fleck rührte, nahm der Nässling die Hand im schwarzen Handschuh vom Lenkrad und klopfte einladend auf den Sitz neben sich. Sie geruhen, sich herabzulassen, dachte Viktor bitter.
    Der Soldat rief erfreut: »Gott sei Dank, dann ist ja alles in Ordnung, gute Fahrt.«
    Jetzt, da der Nässling den Lastwagen selbst wegbringen und sich mit der Polizei auseinandersetzen wollte, kam Viktor der Gedanke, ob es nicht besser wäre, sich sofort zu verabschieden, die im Hinterhalt lauernde »Harley« zu umgehen und querfeldein zum Sanatorium zu laufen.
    »Da vorn ist Polizei«, warnte er den Nässling.
    »Macht nichts, steigen Sie ein«, forderte der Nässling ihn auf.
    »Es ist nur so, dass ich diesen beschlagnahmten Lastwagen unbefugt benutzt habe.«
    »Ich weiß«, sagte der Nässling geduldig. »Steigen Sie ein.«
    Der Moment war verpasst. Viktor verabschiedete sich herzlich von dem Soldaten, kletterte auf den Sitz und schlug die Tür zu. Der Lastwagen fuhr los, und eine Minute später erblickten sie die »Harley«. Sie stand mitten auf der Chaussee, und daneben hatten sich die beiden Polizisten aufgebaut und winkten sie an den Straßenrand. Der Nässling bremste, stellte den Motor ab, lehnte sich aus dem Fahrerhaus und verlangte: »Nehmen Sie das Motorrad weg, Sie versperren mir den Weg.«
    »Fahren Sie an den Straßenrand!«, kommandierte der Polizist mit der verkniffenen Miene. »Und zeigen Sie Ihre Papiere vor.«
    »Ich bin unterwegs zur Polizeidirektion«, erklärte der Näss ling. »Vielleicht unterhalten wir uns besser dort?«
    Der Polizist war leicht irritiert und brummte etwas, was sich anhörte wie: »… kennen wir.« Der Nässling wartete ruhig ab.
    »Gut«, stimmte der Polizist schließlich zu. »Aber den Wagen fahre ich, der da steigt in den Beiwagen.«
    »Bitte«, stimmte der Nässling zu. »Wenn möglich, möchte ich aber gern mit dem Motorrad fahren.«
    »Noch besser«, brummte der Polizist mit der verkniffenen Miene. Sein Gesicht hellte sich sogar etwas auf. »Steigen Sie aus.«
    Sie wechselten die Plätze. Der Polizist warf Viktor einen drohenden Blick zu und machte allerlei Verrenkungen auf seinem Sitz, um den Regenmantel glattzuziehen. Viktor schielte hin und wieder zu ihm hinüber und beobachtete, wie der Nässling, der von hinten wie ein großer, hagerer Affe aussah, mit krummem Rücken auf das Motorrad zutappte und in den Beiwagen stieg. Es goss jetzt wieder in Strömen, und der Polizist setzte die Scheibenwischer in Gang. Die Kolonne rollte an.
    Wer weiß, wie das noch endet, dachte Viktor bedrückt. Die Absicht des Nässlings, mit zur Polizei zu kommen, erfüllte ihn allerdings mit Hoffnung. Die Nässlinge von heute sind dreist und unverschämt … Aber eine Geldstrafe brummen sie mir auf, darum komme ich nicht herum. So eine Gelegenheit lässt sich die Polizei nicht entgehen. Na, mir kann’s egal sein, ich muss sowieso zusehen, dass ich von hier wegkomme. Gut, zumindest habe ich meinem Herzen einmal Luft gemacht. Er holte eine Schachtel Zigaretten hervor und bot dem Polizisten eine an. Der Polizist grunzte empört, griff aber zu. Sein Feuerzeug funktionierte nicht, und er musste noch einmal grunzen, als Viktor ihm seines hinhielt. Man konnte den Mann ja verstehen, der mit seinen rund fünfundvierzig Jahren noch immer zur niederen Charge zählte – anscheinend war er ein ehemaliger Kollaborateur, hatte die

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