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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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der Klinke.
    Der Junge rief mir nach: »Ich muss dich warnen. Wenn dir dort etwas zustößt, kommst du vor den Vereinigten Rat der Hundertvierzig Welten.«
    Ich machte die Tür einen Spalt breit auf. Trrach! Bumm! Wauh! Au-u-u-u! Ta-ta-ta-ta-ta! Alle fünf Sinne zugleich wurden in Mitleidenschaft gezogen … Ich sah eine schöne, nackte Blondine mit langen Beinen und einer obszönen Tätowierung zwischen den Schulterblättern, die aus zwei Automatikpistolen auf einen hässlichen schwarzhaarigen Mann ballerte, aus dessen Körper bei jedem Treffer ein roter Blut strahl schoss. Ich hörte das Krachen von Explosionen und das schauerliche Brüllen von Ungeheuern. Ich roch den unbeschreiblichen Gestank fauligen, verbrannten eiweißfremden Fleisches. Der heißglühende Wind einer nahen Kernexplosion versengte mir das Gesicht, und auf meiner Zunge lag der widerliche Geschmack in die Luft gestreuten Protoplasmas. Ich prallte zurück und schlug, so schnell ich konnte, die Tür hinter mir zu, wobei ich mir fast den Kopf einklemmte … Hier schien die Luft auf einmal süß und die Welt wunderschön. Der Junge war verschwunden. Es dauerte eine Weile, bis ich wieder zu mir kam. Schon erschrak ich bei dem Gedanken, der Bengel könnte mich bei seinem Vereinigten Rat angeschwärzt haben, und stürzte zu meiner Zeitmaschine.
    Wieder umgab mich der Dämmer einer raumlosen Zeit. Neugierig, wie ich war, ließ ich jedoch kein Auge von der Eisernen Mauer und sprang, um keine Zeit zu verlieren, gleich eine Million Jahre weiter. Über der Mauer schossen Atompilze auf, und ich war froh, als es auf meiner Seite der Mauer wieder hell wurde.
    Ich bremste ab – und stöhnte enttäuscht auf. Denn ganz in meiner Nähe stand der riesige Refrigerator.Ein rostiges kugelförmiges Raumschiff setzte zur Landung an. Weit und breit war kein Mensch zu sehen, das Korn wogte wieder hin und her. Als die Kugel gelandet war, entstieg ihr der Pilot im hellblauen Overall wie damals, und aus dem Refrigerator kam, vom langen Liegen mit roten Flecken bedeckt, das Mädchen im rosa Kleid gelaufen. Die beiden gingen aufeinander zu und fassten sich bei den Händen. Verlegen wandte ich mich ab. Etwas weiter entfernt sah ich einen alten Mann stehen, der, etwas verwirrt, Goldfische aus einem Aquarium angelte und dem Geschehen gegenüber gleichgültig schien. Der Pilot und das Mädchen begannen ein Gespräch.
    Um mir die Beine zu vertreten, stieg ich von der Maschine und merkte erst jetzt, dass der Himmel über der Mauer ungewohnt klar war. Man hörte weder das Donnern von Explosionen noch das Knattern von Schüssen. Ich fasste mir ein Herz und trat in die Verbindungskammer.
    Auf der anderen Seite der Mauer lag ein ebenes Feld, das bis an den Horizont von einem tiefen Graben durchzogen war. Links von dem Graben war keine Menschenseele zu sehen, dort war das Feld mit flachen Metallkuppeln bedeckt, die an Kanalisationsdeckel erinnerten. Rechts von dem Graben wurden fern am Horizont Reiterkunststücke vorgeführt. Am Grabenrand sah ich einen stämmigen Mann mit dunkler Gesichtsfarbe sitzen, der eine metallene Rüstung trug und mit den Beinen baumelte. Vor seiner Brust hing an einem langen Riemen eine Art Maschinenpistole mit dickem Lauf. Der Mann kaute langsam auf etwas herum, spuckte andauernd aus und sah mich gleichgültig an. Ich betrachtete ihn ebenfalls, ohne allerdings die Tür loszulassen, und konnte mich nicht entschließen, ihn anzusprechen. Er sah merkwürdig aus. Ungewöhnlich. Irgendwie wild. Wer weiß, was das für einer war.
    Als er sich an mir sattgesehen hatte, holte er einen Flachmann aus seiner Rüstung, zog mit den Zähnen den Korken heraus, setzte die Flasche an den Mund, spuckte noch einmal in den Graben und sagte dann mit heiserer Stimme: »Hallo! You come front that side?«
    »Ja«, antwortete ich. »Das heißt: yes.«
    »And how is it going on there?«
    »So lala«, sagte ich und lehnte die Tür leise an. »And how is it going on here?«
    »It’s okay«, sagte er phlegmatisch und schwieg.
    Ich wartete noch eine Weile und fragte dann, was er hier mache. Anfangs erzählte er lustlos, mit der Zeit aber wurde er gesprächiger. Ich erfuhr, dass die Menschheit links vom Graben ihre letzten Tage unter der Knute wildgewordener Roboter fristete. Die Roboter waren klüger geworden als die Menschen, hatten die Macht an sich gerissen und lebten in Saus und Braus. Die Menschen hatten sie an unterirdische Fließbänder verbannt. Rechts vom Graben, auf dem

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