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Gesammelte Werke

Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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mehr als ebenbürtiger Gegner und wäre wohl schneller mit ihnen fertig geworden, hätte ihn nicht der enge Raum und das furchtbare Stampfen der Brigg stark behindert. Jetzt war es ihm möglich, einen schweren Stuhl zu packen; es lagen mehrere davon auf dem Boden herum. Mit ihm schlug er dem Greely, der eben seine Muskete auf mich abfeuern wollte, den Hirnkasten ein, und da ihn gleich darauf das Rollen des Schiffes mit Hicks in Berührung brachte, umfasste er seinen Hals und erdrosselte den Mann augenblicklich, allein mit seiner ungeheuren Stärke. So waren wir in viel kürzerer Zeit, als meine Schilderung in Anspruch nahm, die Herren der Brigg geworden.
    Von allen unseren Gegnern war nur noch Richard Parker am Leben. Diesen Menschen hatte ich, wie man sich erinnern wird, zu Anfang des Kampfes mit dem Pumpengriff niedergehauen. Er lag, ohne sich zu rühren, an der Tür der zertrümmerten Kabine; als Peters ihn mit dem Fuß anrührte, tat er den Mund auf und flehte um Gnade. Sein Kopf war nur leicht verwundet, und er hatte sonst keine Verletzung erlitten, da ihn der Schlag nur betäubt hatte. Er stand auf, und wir banden ihm vorläufig die Hände auf dem Rücken zusammen. Der Hund lag noch knurrend auf Jones, aber bei näherer Untersuchung ergab sich, dass der Kerl tot war; aus einer tiefen Wunde am Hals, die ihm offenbar das Tier mit seinen scharfen Zähnen geschlagen hatte, strömte Blut.
    Es mochte jetzt e i n Uhr morgens sein, und noch immer blies der Sturm mit aller Macht. Die Brigg arbeitete mit größerer Anstrengung als gewöhnlich, und es erschien unerlässlich, etwas zu ihrer Erleichterung zu unternehmen. Mit jedem Stoß nach Lee kam eine Sturzsee über sie; gar manche von ihnen überschwemmte während des Handgemenges zum Teil die Kajüte, da ich beim Hinuntersteigen die Luke offen gelassen hatte. Die Reling an Backbord war völlig verschwunden, ebenso die Kambüse und die Jolle vom Heck. Das Ächzen und Arbeiten des Hauptmastes ließ vermuten, dass er nahezu gespalten war. Um im achtern Kielraum mehr verstauen zu können, hatte man seinen Hiel im Zwischendeck eingestaffelt, ein sehr verwerflicher Brauch, dem unwissende Schiffsbauer zuweilen huldigen, so dass er in unmittelbarer Gefahr war, aus seiner Spur zu weichen. Aber die Krone unseres Missgeschickes blieb, dass wir nicht weniger als sieben Fuß Wasser im Pumpenpott vorfanden.
    Wir ließen die Toten in der Kajüte liegen und begaben uns sofort ans Pumpen; natürlich wurde Parker befreit und musste uns bei unserer Arbeit unterstützen. Meines Freundes Arm wurde so gut wie möglich verbunden, und er tat, was er konnte; aber das war nicht viel. Doch fanden wir, dass wir das Leck eben am Wachsen verhindern konnten, wenn wir eine Pumpe in steter Tätigkeit erhielten. Da wir nur unserer vier waren, bedeutete das harte Arbeit; aber wir trachteten, unseren Mut aufrechtzuerhalten, und blickten mit Sehnsucht der Dämmerung entgegen, bei deren Licht wir die Brigg durch Kappen des Hauptmastes zu erleichtern gedachten.
    Auf diese Art verging eine Nacht voll schrecklicher Angst und Ermüdung, und als der Tag endlich dämmerte, hatte der Sturm nicht im Geringsten abgenommen noch waren irgendwelche Anzeichen seines baldigen Nachlassens vorhanden. Nun schleiften wir die Leichname aufs Verdeck und warfen sie über Bord. Unsere nächste Sorge war, den Großmast loszuwerden. Nachdem die nötigen Vorbereitungen getroffen waren, griff Peters den Mast an (er fand Äxte in der Kajüte), während wir anderen an den Stangen und Taljereepen standen. Als dann die Brigg wieder mächtig nach Lee rollte, wurde Befehl gegeben, die Reepe auf der Sturmseite durchzuschneiden, und die ganze Masse Holzes und Takelwerkes purzelte in die See, ohne die Brigg im Geringsten zu beschädigen. Jetzt fanden wir, dass sie nicht mehr so schwer arbeitete wie zuvor; aber unsere Lage war noch immer sehr heikel, und trotz der größten Anstrengungen vermochten wir mit Hilfe beider Pumpen das Leck nicht zu schwächen. Der geringe Beistand, den Augustus uns gewähren konnte, kam tatsächlich nicht in Betracht. Um unsere Not noch zu mehren, warf sich eine schwere See von der Windseite auf das Schiff und drehte es um einige Striche vom Wind ab, und ehe die Brigg ihre Richtung zurückerlangen konnte, brach sich eine zweite Sturzsee mit voller Wucht über ihr und warf sie heftig auf die Seite. Jetzt rutschte der ganze Ballast nach Lee, die Verstauung hatte sich längst in Willkür aufgelöst, und einen

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