Gesammelte Werke
Furchtbarkeit des Anblicks erschreckt, Befehl erteilte, den Toten in eine Hängematte zu nähen und die gewöhnlichen Zeremonien eines Begräbnisses zur See abzuhalten. Als er dies angeordnet hatte, stieg er hinunter, als wolle er den ferneren Anblick seines Opfers meiden. Während man sich anschickte, seinen Befehl auszuführen, begann der Sturm mit aller Wut zu toben, und die Leute mussten von ihrem Vorhaben abstehen. Der Leichnam blieb sich selbst überlassen und wurde in die Speigatten an Backbord geschwemmt, wo er noch zur Stunde, von der ich spreche, mit den rasenden Stößen der Brigg hin und her kollerte.
Nachdem wir über unseren Plan einig geworden, gingen wir so rasch wie möglich an die Ausführung; Peters ging an Deck und wurde, wie er es vorhergesehen hatte, sofort von Allen angeredet, der mehr zur Bewachung des Vorderkastells als zu irgendeinem anderen Zwecke dort postiert zu sein schien.
Das Los dieses Halunken war schnell entschieden: Denn Peters, der sich ihm nachlässig, als ob er ihn ansprechen wollte, genähert hatte, packte ihn an der Kehle und schleuderte ihn über Bord, bevor er einen einzigen Schrei auszustoßen vermochte. Dann rief er uns herauf. Unsere erste Maßnahme war, nach etwas zu suchen, das einer Waffe glich; dabei mussten wir die größte Vorsicht üben, denn es war unmöglich, auch nur einen Augenblick auf dem Verdeck zu stehen, sobald man sich nicht festhielt, und heftige Sturzseen brachen bei jedem Tauchen des Schiffes über es herein. Auch war es unerlässlich, dass wir uns beeilten, denn jede Minute konnte der Maat den Befehl zum Pumpen geben, da die Brigg sich offenbar immer stärker mit Wasser füllte. Nach einigem Suchen glaubten wir nichts Passenderes finden zu können als die Griffe der Pumpen; Augustus nahm einen, ich den anderen. Nun beraubten wir den Leichnam seines Hemdes und warfen ihn ins Meer. Peters und ich gingen hinunter, Augustus hielt Wache auf dem Verdeck, und zwar gerade dort, wo Allen gestanden hatte, mit dem Rücken gegen den Kajüteneingang, so dass, falls einer von der Bande herauskäme, er denken musste, es sei der ausgestellte Posten.
Sobald ich unten war, begann ich mich als Rogers Geist zu verkleiden. Das Hemd kam uns sehr zustatten, es war von merkwürdigem Schnitt und Aussehen, eine Art Weiberhemd, das der Tote über seinen Kleidern getragen hatte. Es war aus blauem Baumwollenzeug, mit breiten weißen Streifen. Ich zog es über und versah mich dann mit einem falschen Bauch, in Nachahmung der grässlichen Verunstaltung des aufgedunsenen Leichnams. Das geschah durch Vollstopfen mit Betttüchern; dann zog ich ein paar weißwollene Handschuhe an und füllte sie mit den ersten besten Fetzen, die ich finden konnte. Peters schminkte mich sodann, indem er mir das Gesicht zuerst tüchtig mit Kalk einrieb und dann mit Blut, das er einer Schnittwunde am Finger entnahm, vollkleckste. Der Streifen über dem Auge wurde nicht vergessen und machte einen höchst schauerlichen Eindruck.
Achtes Kapitel
Als ich mich jetzt in einem Stückchen Spiegel beim matten Schein einer Art Blendlaterne betrachtete, erfüllte mich mein Aussehen mit einem Gefühl dumpfen Grauens, denn ich musste der grausen Wirklichkeit gedenken, die ich verkörperte. Mich erfasste ein heftiges Beben; ich konnte mich kaum entschließen, meine Rolle weiterzuspielen. Doch es war nötig, mit Entschiedenheit vorzugehen; Peters und ich begaben uns an Deck.
Wir fanden alles ruhig, hielten uns dicht an die Reling und schlichen uns nach dem Eingang der Kajüte. Er war nur teilweise geschlossen; man hatte ein plötzliches Zuschieben durch Einpflanzen von Holzklötzen auf der obersten Stufe zu verhindern getrachtet. Es war nicht schwer, einen Einblick in das Innere zu gewinnen. Welch ein Glück, dass wir nicht versucht hatten, sie zu überrumpeln, denn sie waren offenbar darauf gefasst. Nur einer schlief, er lag gerade am Fuß der Treppe, eine Muskete neben sich. Die Übrigen saßen auf Matratzen, die man aus den Kojen genommen und auf den Boden geworfen hatte. Sie waren in ernstem Gespräch begriffen, und obwohl sie, wie aus zwei leeren Krügen und einigen herumliegenden Zinnbechern zu schließen war, ein Saufgelage abgehalten haben mussten, schienen sie doch nicht so betrunken wie gewöhnlich. Alle besaßen Messer, einer oder zwei hatten Pistolen, und eine Menge Musketen lag nahebei in einer Koje.
Wir lauschten eine Zeitlang ihrem Gespräch, ehe wir einen bestimmten Entschluss fassten; denn wir waren
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