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Gesammelte Werke

Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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waren, aus der Kajüte heraus und sogleich über Bord gespült. Auch bemerkten wir, dass der Hulk sich stärker denn je auf die Seite neigte, so dass wir nicht darauf stehen konnten, ohne angebunden zu sein. Somit verbrachten wir einen betrüblichen und ungemütlichen Tag. Mittags schien die Sonne fast senkrecht über uns zu stehen, und wir zweifelten nicht daran, dass wir durch eine lange Reihe von Nord- und Nordwestwinden in die Nähe des Gleichers getrieben worden waren. Gegen Abend sahen wir mehrere Haifische; die Unverschämtheit, mit der ein ungeheures Exemplar sich uns näherte, versetzte uns in nicht geringen Schrecken. Als einmal das Verdeck sehr weit unter Wasser geriet, schwamm das Untier tatsächlich auf uns zu, zappelte eine Weile über der Kajütenluke und schlug mit dem Schwanz nach Dirk Peters. Zu unserer großen Erleichterung wälzte eine schwere See das Tier über Bord. Bei mäßigem Wetter hätten wir es leicht fangen können.
    26. Juli. Diesen Morgen beschlossen wir, da der Wind fühlbar nachgelassen und die See sich etwas beruhigt hatte, unsere Bemühungen in der Vorratskammer zu erneuern. Nach vieler und harter Arbeit, die den Tag fast ganz in Anspruch nahm, sahen wir ein, dass hier nichts mehr zu erwarten sei, denn die Zwischendeckwände waren in der Nacht eingedrückt und der Inhalt in den Kielraum geschwemmt worden. Man kann sich denken, dass diese Entdeckung uns mit Verzweiflung erfüllte.
    27. Juli. Die See fast völlig glatt, dazu ein leichter Wind, immer von Norden und Westen. Nachmittags brach die Sonne glühend durch; wir machten uns ans Trocknen unserer Kleider. Ein Seebad erfrischte uns außerordentlich; doch war dabei die größte Vorsicht angezeigt, denn mehrere Haifische hatten während des Tages die Brigg umschwommen.
    28. Juli. Noch immer gutes Wetter. Die Brigg liegt so stark auf der Seite, dass wir in steter Furcht sind, sie möchte kentern. Wir suchten uns auf dies Äußerste vorzubereiten, banden Schildkröte, Wasserkrug und Oliventöpfe möglichst auf der Windseite fest, und zwar außerhalb des Hulks. Die See immerfort sehr glatt; fast gar kein Wind.
    29. Juli. Das Wetter bleibt sich gleich. Augustus’ wunder Arm fängt an abzusterben. Er klagt über Schläfrigkeit und grässlichen Durst, hat aber keine großen Schmerzen. Man konnte ihm höchstens die Wunden mit etwas Essig (aus den Oliven) einreiben, und das schien ihm wenig zu nützen. Wir taten alles Mögliche für seine Bequemlichkeit und gaben ihm die dreifache Ration Wasser.
    30. Juli. Ein entsetzlich heißer Tag, ohne Wind. Ein riesiger Hai trieb sich den ganzen Vormittag in der Nähe des Hulks umher. Wir machten ein paar vergebliche Versuche, ihn mit einer Schlinge zu fangen. Augustus ging es viel schlechter; er litt nicht allein unter den Folgen seiner Wunden, sondern noch mehr durch ungenügende, ungesunde Ernährung. Er betete ununterbrochen, Gott möge ihn von seinen Leiden erlösen; er wollte nichts als sterben. Abends aßen wir die letzten Oliven und fanden das Wasser im Krug so faulig, dass wir es ohne Wein nicht hätten genießen können. Morgen soll die Schildkröte geschlachtet werden.
    31. Juli. Nach einer Nacht voll furchtbarer Angst und Ermüdung, infolge der Lage des Hulks, machten wir uns ans Schlachten und Aufschneiden der Schildkröte. Sie erwies sich kleiner, als wir vermutet hatten, doch in gutem Zustand – etwa zehn Pfund Fleisch waren an ihr. Wir schnitten es der guten Erhaltung wegen in kleine Stückchen und füllten damit unsere drei Olivenkrüge und die Weinflasche, worauf wir den Essig nachgossen. Wir wollten uns auf etwa vier Unzen täglich beschränken; dann meinten wir dreizehn Tage auszukommen. Ein kräftiger Regenguss, mit Blitz und Donner, kam um die Dämmerung über uns, war aber von so kurzer Dauer, dass wir nur eine halbe Pinte Wasser fassten. Diese bekam nach allgemeinem Beschluss Augustus für sich allein; er schien sich jetzt seinem Ende zu nähern. Er trank das Wasser aus dem Tuch, wie es aufgefangen wurde (wir hielten jenes über den Liegenden, so dass es ihm in den Mund rinnen musste) – denn wir hatten jetzt kein Gefäß mehr, wollten wir nicht das Fässchen Wein oder den Wasserkrug leeren. Wäre der Guss von Dauer gewesen, wir hätten eins von beiden getan.
    Dem Kranken schien der Trunk wenigstens Linderung zu gewähren. Sein Arm war vom Gelenk bis zur Schulter vollständig schwarz, seine Füße waren kalt wie Eis. Jeden Augenblick erwarteten wir, er werde den letzten

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