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Gesammelte Werke

Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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ähnlichem Beruf den Stillen Ozean befuhren.
    Die von uns im Vorratsraume gefundene war nur von mäßiger Größe; sie mochte an siebzig Pfund schwer sein. Es war ein Weibchen, in vortrefflichem Zustand, außerordentlich fett, und führte über ein Quart frischen, süßen Wassers in ihrem Sacke. Das war ein wahrer Schatz; so fielen wir denn einmütig auf die Knie und dankten Gott für so rechtzeitige Hilfe.
    Es kostete viel Mühe, das Tier durch die Luke zu bringen, da es sich ingrimmig wehrte und eine furchtbare Kraft besaß. Schon war es daran, Peters’ Griff zu entschlüpfen und ins Wasser zurückzuplumpsen, als Augustus ihm ein Tau mit einer Schleife um den Hals warf und es so in der Schwebe hielt, bis ich zu Peters hinuntergesprungen war und ihm geholfen hatte, die Last herauszuheben.
    Das Wasser füllten wir sorgfältig aus dem Säckchen in den Krug, der, wie man sich entsinnen wird, aus der Kajüte heraufgebracht worden war. Dann tranken wir jeder ein bestimmtes Maß und beschlossen, uns, solange der Vorrat währte, täglich darauf zu beschränken.
    Die letzten Tage war das Wetter trocken und angenehm gewesen; das Bettzeug aus der Kajüte war, ebenso wie unsere Kleider, durch und durch getrocknet, und so verging uns diese Nacht (die des Dreiundzwanzigsten) in verhältnismäßigem Wohlbefinden. Nachdem wir ein reichliches Abendbrot, Schinken und Oliven mit einem kleinen Guss Wein, genossen hatten, überließen wir uns einer tiefen Ruhe. Unsere Vorräte befestigten wir an den Trümmern des Gangspills, damit nicht im Fall eines Wetterumschlages etwas davon über Bord gespült würde. Die Schildkröte, die wir solange wie möglich am Leben erhalten wollten, warfen wir auf den Rücken und fesselten sie außerdem mit entsprechender Vorsicht.
Dreizehntes Kapitel
    24. Juli. Dieser Morgen fand uns an Leib und Seele wunderbar gekräftigt. Trotz der gefahrvollen Lage, in der wir uns noch befanden, ohne Kenntnis des Ortes, obwohl jedenfalls weit von jedem Land entfernt, ohne Vorräte für eine längere Zeit als etwa vierzehn Tage, selbst wenn wir uns aufs peinlichste beschränkten, fast ohne Trinkwasser, herumgetrieben als ein Spiel von Wind und Wellen auf einem elenden Wrack –, betrachteten wir dennoch unsere gegenwärtigen Beschwerden als gewöhnliche, alltägliche Übel, wenn wir sie mit den unsagbaren Schrecknissen, die hinter uns lagen, verglichen. So sehr hängt der Begriff des Wohl- oder Übelbefindens von den Verhältnissen ab, an denen man sie misst.
    Nach Sonnenaufgang schickten wir uns an, die Vorratskammer weiter zu durchfischen, als ein starker Schauer herankam, von Blitzen begleitet; sofort machten wir uns daran, vermittels des Betttuches, wie schon neulich, Wasser einzusammeln. Wir besaßen kein anderes Mittel, den Regen abzufangen, als dies; man breitete das Tuch aus und belastete es mit einem Kettenringe. So floss das Wasser in die Mitte und wurde in den Krug durchgeseiht. Kaum hatten wir ihn auf diese Art nahezu vollgefüllt, da brach eine mächtige Bö von Norden her auf uns ein; wir mussten aufhören, da der Hulk wieder mächtig zu stampfen begann. Wir eilten nach vorn, banden uns am Gangspill fest und warteten der Ereignisse mit einer Ruhe des Gemüts, die wir unter diesen Umständen nicht für möglich gehalten hätten. Mittags hatte sich der Wind zu einer strammen Brise angefrischt, nachts war’s schon ein harter Sturm, den eine gewaltige, schwere Dünung begleitete. Jetzt aber waren wir in der Kunst des Festbindens erfahren und ertrugen die trübselige Nacht in leidlicher Sicherheit, obwohl uns die See bis auf die Haut durchnässte und wir beständig fürchteten, weggespült zu werden. Glücklicherweise war das Wetter so warm, dass uns das Wasser beinahe wohltat.
    25. Juli. Diesen Morgen hatte sich der Sturm zu einer gewöhnlichen Zehnknotenbrise abgeschwächt, und die See war so ruhig geworden, dass wir uns auf Deck trocken halten konnten. Zu unserer Betrübnis aber waren trotz aller Vorsichtsmaßregeln zwei Oliventöpfe und der ganze Schinken über Bord gegangen. Wir beschlossen, die Schildkröte noch nicht zu schlachten, und frühstückten ein jeder nur ein paar Oliven und etwas Wasser; wir mischten es halb und halb mit Wein und fanden die Mischung sehr kräftigend und anregend und ohne die üblen Folgen des Portweingenusses. Die See war noch zu rau, um neue Tauchversuche im Hulk zu ermöglichen. Während des Tages wurden verschiedene Gegenstände, die für uns augenblicklich ohne Wert

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