Gesammelte Werke
Hier hinabzutauchen war noch schwerer als das Hinabsteigen in die Kajüte, da die Öffnung viel kleiner war; denn man wird sich erinnern, dass die ganze Einfassung der Kajütenluke fortgerissen wurde; diese hier jedoch, eine einfache Luke von drei Fuß Durchmesser, war unverletzt geblieben. Doch zögerte ich nicht, am Seil befestigt, hinabzusteigen; ich tauchte mit den Füßen voran, erreichte die Koje und fand sofort die Axt. Ein Jubel und Triumph sondergleichen begrüßte mich, und diese rasche Auffindung wurde als eine Vorbedeutung unserer Rettung angesehen.
Nun hackten wir mit aller Macht neubelebten Hoffens auf das Deck los; Peters und ich wechselten ab, Augustus konnte seines Armes wegen nicht mittun. Aber da wir noch so schwach waren, dass wir ohne Unterstützung kaum aufrecht stehen konnten, und alle ein oder zwei Minuten ausruhen mussten, würde es offenbar Stunden dauern, ehe ein genügend großes Loch vorhanden war. Doch wir ließen uns den Mut nicht rauben. Nachdem wir die ganze Nacht beim Schein des Mondes gearbeitet hatten, erreichten wir unseren Zweck, als der Morgen des Dreiundzwanzigsten zu dämmern begann.
Peters erbot sich jetzt, hinabzusteigen; und bald kehrte er mit einem kleinen Topf zurück, der zu unserer großen Freude mit Oliven gefüllt war. Wir verteilten sie untereinander, verschlangen sie mit heißer Gier und ließen unseren Kameraden dann wieder hinab. Diesmal übertraf das Ergebnis alle unsere Erwartungen; Peters kam sofort wieder, beladen mit einem großen Schinken und einer Flasche Madeira. Aus dieser trank jeder nur einen Schluck, da wir noch der Folgen jenes übermäßigen Genusses von Portwein eingedenk waren. Der Schinken war bis auf zwei Pfund am Knochen ungenießbar, das Salzwasser hatte ihn verdorben. Wir teilten uns in den essbaren Rest. Peters und Augustus, die ihr Verlangen nicht bezähmen konnten, schluckten ihren Anteil sogleich hinunter; ich war vorsichtiger, dachte an die drohende Strafe des Durstes und aß nur ein wenig. Nun ruhten wir ein Weilchen von unseren entsetzlich mühevollen Anstrengungen aus.
Mittags erneuerten wir, etwas gestärkt und erfrischt, unsere Versuche, Proviant aufzutreiben. Peters und ich tauchten abwechselnd und mit mehr oder weniger Erfolg bis Sonnenuntergang. In dieser Zeit waren wir so glücklich, vier kleine Töpfe mit Oliven, noch einen Schinken, nahezu drei Gallonen ausgezeichneten Kapweins und, was für uns der erfreulichste Fund war, eine Schildkröte von der Galapager Art heraufzubringen; mehrere von ihnen hatte Kapitän Barnard vor der Ausfahrt vom Schoner »Mary Pitts« übernommen, der gerade von der Seehundsjagd im Stillen Ozean heimkehrte.
Diese Art Schildkröten befinden sich zumeist auf den Galapagosinseln, die in der Tat nach den Tieren benannt sind; denn »galôpago« bedeutet im Spanischen eine Süßwasser-Schildkröte. Gewisse Eigentümlichkeiten in Bezug auf Größe und Fortbewegung haben ihnen den Namen »Elefanten-Schildkröte« verschafft. Oft sind sie von fabelhaftem Umfang. Ich habe einzelne gesehen, die 1200 bis 1500 Pfund schwer waren. Ihr Aussehen ist sonderbar, eigentlich geradezu widerlich. Sie schreiten langsam, gemessen, schwerfällig, und tragen den Leib etwa einen Fuß überm Erdboden. Sie haben sehr lange und schlanke Hälse, die gewöhnlich bis zu zwei Fuß messen; ich selbst habe eine erlegt, die vom Kopf zur Schulter einen Abstand von drei Fuß zehn Zoll aufwies. Der Kopf ähnelt auf merkwürdige Weise dem Haupt einer Schlange. Sie können unglaublich lange ohne Nahrung bestehen; man weiß von Schildkröten, die zwei Jahre ohne jegliches Futter im Kielraum eines Schiffes gelebt haben und nach Ablauf dieser Zeit noch ebenso fett und wohlauf waren, wie man sie hineingesetzt hatte. In einer Beziehung gemahnen diese wunderlichen Tiere an das Dromedar oder Kamel der Wüste. Sie haben an der Halswurzel einen Sack, der beständig einen Vorrat frischen Wassers birgt. Man hat Schildkröten getötet, die ein Jahr lang gehungert hatten, und hat in ihren Säcken an drei Gallonen frischen, süßen Wassers gefunden. Sie leben hauptsächlich von wilder Petersilie und Sellerie, auch von Portulak, Seekraut und Stachelbirnen; bei letztem Gewächs gedeihen sie vorzüglich. Man findet es in Menge an den Hängen jener Küsten, die das Tier zu bewohnen pflegt. Diese Schildkröten bieten eine treffliche und sehr nahrhafte Kost und haben ohne Zweifel Tausenden von Seeleuten das Leben gefristet, die als Walfischfänger oder in
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