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Gesammelte Werke

Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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Öffentlichkeit gehört, dass ich wohl verstehe, wie natürlich das Interesse ist, welches er überall erregt hat, und ich bin gern bereit, die außerordentliche Neugierde, deren Ziel sein Träger war, zu befriedigen. Wahrlich, es ist die unbedingte Pflicht dessen, der Großes erreicht hat, auf dem Pfad zur Höhe deutliche Wegzeichen zu hinterlassen, damit auch andere den Weg zur selben Höhe finden. Das Ziel, das mir beim gegenwärtigen Aufsatz (den ich eigentlich »Memoranda zur Literaturgeschichte Amerikas« nennen wollte) vorschwebt, ist also, die wichtigen, wenn auch schwachen und schwankenden ersten Schritte, durch die ich zuletzt den Höhenweg zum Gipfel menschlichen Ruhmes erreichte, näher zu beschreiben.
    Es ist wohl unnötig, viele Worte über die entfernteren Vorfahren zu verlieren. Mein Vater, der ehrenwerte Thomas Bob, stand jahrelang an der Spitze seiner Kollegen, der Barbiere in der Stadt Smug. Sein Laden war der Zusammenkunftsort aller hervorragenden Leute der Stadt, besonders aber kam bei ihm die Gilde der Herausgeber zusammen, eine Vereinigung, die tiefste Ehrfurcht und größte Scheu einflößt. Was mich betrifft, so betrachtete ich sie als Götter. Ich schlürfte leidenschaftlich den glänzenden Witz und die tiefe Weisheit, die von ihren göttlichen Lippen floss, während jenes Aktes der Behandlung, den wir »einseifen« nennen. Die erste Inspiration kam blitzartig über mich, als der geistvolle Leiter der »Bremse« in den Pausen, die die Zeremonie der Einseifung ihm ließ, mit lauter Stimme vor der Versammlung unserer Lehrlinge ein unvergleichbares Gedicht zu Ehren des »einzig echten Bobschen Öles« (nach meinem Vater, seinem genialen Erfinder, so genannt) vortrug. Für diesen Erguss wurde der Herausgeber der »Bremse« mit königlicher Freigebigkeit von der Firma Thomas Bob & Co. belohnt.
    Die Genialität, die aus den Zeilen des »Bobschen Öles« mich anwehte, hauchte mir, wie gesagt, göttliche Begeisterung ein. Auf der Stelle beschloss ich, ein großer Mann zu werden. Weiter beschloss ich, dies damit anzufangen, dass ich ein großer Dichter wurde. An diesem Abend warf ich mich meinem Vater zu Füßen.
    »Vater«, sagte ich, »verzeihe! Aber meine Seele strebt über das Einseifen hinaus. Es ist mein fester Entschluss, meinen Beruf zu wechseln. Ich will ein Herausgeber werden, ein Poet. Ich will Verse über das ›Bobsche Öl‹ niederschreiben. Verzeihe mir und bahne mir den Weg zur Größe!«
    »Mein lieber Thingum«, antwortete mein Vater (ich war Thingum getauft worden nach einem sehr reichen Verwandten, der diesen Namen führte), »mein lieber Thingum«, sagte er, indem er mich bei den Ohren aus meiner, knienden Stellung emporzog, »Thingum, mein Sohn, du bist ein Maulheld und artest deinem Vater nach, denn du besitzt Seele. Außerdem hast du einen Riesenschädel, in dem eine ganze Menge Gehirnmasse stecken muss. Das habe ich schon lange bemerkt, und wegen dieser Eigenschaft war ich schon auf den Gedanken gekommen, einen Juristen aus dir zu machen. Diese Laufbahn ist aber jetzt nicht mehr vornehm, und die politische nicht mehr lohnend. Im großen Ganzen hast du ja recht. Der Herausgeberstand ist immer noch der beste, und wenn du es fertig bringst, gleichzeitig ein Dichter zu werden, wie die meisten Herausgeber es sind, so wirst du wohl im Laufe der Zeit zwei Fliegen mit einer Klappe treffen. Zu deiner Ermutigung will ich dir im Anfang mit folgendem unter die Arme greifen: einer Dachkammer, Feder, Tinte und Papier, einem Reimwörterbuch und Exemplaren der ›Bremse‹. Mehr kannst du wohl nicht verlangen!«
    »Ich würde ein undankbarer Schuft sein, wenn ich das nicht anerkennen wollte«, antwortete ich begeistert. »Deine Freigebigkeit ist grenzenlos. Ich will sie vergelten, indem ich dich zum Vater eines Genies mache.«
    So endete meine Unterredung mit dem besten der Menschen, und sofort stürzte ich mich mit Eifer in meine poetische Beschäftigung, da ich hauptsächlich durch sie den Hochsitz eines Herausgebers zu erklimmen hoffte.
    Bei meinen Versuchen in der Reimkunst waren mir die Verse über das »Bobsche Öl« eher ein Hindernis als eine Hilfe. Ihr Glanz erleuchtete mich nicht, er blendete. Bei der Betrachtung ihrer Vorzüglichkeit wurde ich naturgemäß sehr entmutigt, verglich ich sie mit meinen selbstgeschaffenen »Produkten«. So arbeitete ich also lange Zeit fruchtlos. Zuletzt tauchte in meinem Gehirn einer jener außerordentlichen Einfälle auf, die hier und da das Gehirn

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