Gesammelte Werke
eines genialen Mannes durchkreuzen. Es war folgender, oder, besser gesagt, folgendermaßen wurde er zur Ausführung gebracht: Aus dem Bücherplunder eines alten Ladens, der im äußersten Winkel der Vorstadt lag, kaufte ich verschiedene alte, unbekannte und vergessene Bände zusammen. Der Buchhändler überließ sie mir spottbillig. Aus einem derselben, das die Übersetzungen des Werkes Inferno eines gewissen Dante vorstellen sollte, schrieb ich mit besonderer Sorgfalt eine lange Stelle ab, die über einen Mann handelte, dessen Name Ugolino war, der Rangen in stattlicher Zahl besaß. Einem anderen Buch, das eine Menge altertümlicher Schauspiele enthielt, die von einer Person geschrieben waren, deren Namen ich vergessen habe, entnahm ich in gleicher Art und mit gleicher Sorgfalt eine Anzahl Verse, die über »Engel«, »frohe Botschafter«, »verdammte Wichte« und anderes dieser Art sich verbreiteten. Einem dritten, das die Schöpfung eines Blinden oder sonst wie Bresthaften war, eines Griechen vielleicht oder Kalmücken – ich kann mich natürlich nicht jeder Einzelheit erinnern –, entnahm ich ungefähr fünfzig Verse, die mit »Achills Zorn« und »Fett« und ähnlichen Dingen begannen. Aus einem anderen, das, soviel ich mich entsinne, auch das Werk eines Blinden war, wählte ich ein oder zwei Seiten über »Heil« und »heiliges Licht«; und wenn es auch eigentlich nicht ins Fach eines Blinden schlägt, über Licht zu schreiben, so waren die Verse in ihrer Art doch recht gut.
Ich schrieb nun diese Gedichte, jedes für sich, ordentlich ab und unterzeichnete jedes mit »Oppodeldoc« (wirklich doch ein schöner, wohlklingender Name), steckte jedes einzeln in ein besonderes Kuvert und schickte je eines an jede der vier Hauptgazetten mit der Bitte um schnelle Veröffentlichung und schleunigste Honorarzahlung. Das Resultat dieses wohldurchdachten Planes (dessen Erfolg mir in meinem späteren Leben viel Arbeit erspart haben würde) überzeugte mich, dass manche Redakteure an der Nase herumzuführen ein vergeblicher Versuch ist. Es gab, mit den Transzendentalsten zu reden, meiner jung keimenden Hoffnung den »coup-de-grâce« (wie man in Frankreich sagt).
Um bei der Wahrheit zu bleiben, muss ich gestehen, dass jedes der Blätter dem Mr. Oppodeldoc in dem Monatsbericht für Korrespondenten eine gründliche Abfuhr bereitete. Die »Brummtrommel« richtete ihn folgendermaßen zu:
»›Oppodeldoc‹ (oder wer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt) hat uns eine lange Tirade über einen Tollhäusler eingeschickt, den er ›Ugolino‹ nennt, der einen Haufen Kinder hatte, die alle durchgeprügelt und ohne Abendessen ins Bett hätten geschickt werden sollen. Die ganze Geschichte ist unglaublich zahm, um nicht zu sagen platt. ›Oppodeldoc‹ (oder wer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt) ist aller Phantasie bar; aber Phantasie ist, nach unserer unmaßgeblichen Meinung, nicht allein die Seele der ›Poesie‹, sondern ihr Herz selbst. ›Oppodeldoc‹ (oder wer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt) hat die Keckheit, von uns für sein Gewäsch ›schnelle Veröffentlichung und schleunigste Honorarzahlung‹ zu erbitten. Wir veröffentlichen weder solches Zeug, noch bezahlen wir es. Es ist jedoch unzweifelhaft, dass er all den Galimathias, den er da zusammenschmiert, bei den Redaktionen des ›Radau‹, des ›Honigsüßen‹ oder der ›Blechschmiede‹ loswerden würde.«
Man kann nicht leugnen: das war ein reichlich strenges Urteil über »Oppodeldoc«; aber die schärfste Spitze lag doch darin, dass das Wort Poesie durch besonderen Druck hervorgehoben war. Welch eine Welt von Bitterkeit ist in diesen fünf hervorstechenden Buchstaben ausgedrückt!
Der »Radau« strafte »Oppodeldoc« mit gleicher Strenge. Er schrieb:
»Wir haben eine seltsame und unverschämte Zuschrift von einem Individuum, mit dem Pseudonym ›Oppodeldoc‹ (wer immer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt) unterzeichnet, erhalten. Der Kerl entblödet sich nicht, den gleichlautenden Namen des berühmten römischen Kaisers zu entweihen. Dem Schreiben ›Oppodeldocs‹ (oder wer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt) waren verschiedene Verse beigeschlossen, die in schwülstiger Sprache von ›Gnadenboten und Engeln‹ handeln, wie sie eben nur ein Verrückter vom Schlage ›Oppodeldocs‹ selbst verbrechen kann. Und für diesen Quadratschund wird bescheiden von uns ›prompte Bezahlung‹ gefordert. Keine Rede davon, mein Herr! Für solches Zeug
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