Gesammelte Werke
rächen. Auch die Auffindung des blutbefleckten Taschentuchs und Hemdes war von ihm veranlasst worden.
Als dieser Bericht, bei dem einem das Blut in den Adern gerann, sich seinem Ende näherte, wurden die Worte des verbrecherischen Schurken hohl und stammelnd. Als schließlich alles gesagt war, stand er auf, tastete sich vom Tisch zurück und – fiel tot zu Boden.
Die Mittel, mit denen dieses rechtzeitige und wirksame Bekenntnis erzielt wurde, blieben einfach genug. Herrn Guterjungs übertriebener Freimut hatte mich abgestoßen und von Anfang an meinen Verdacht erregt. Ich war dabei gewesen, als Herr Kielfeder ihn niederwarf, und der boshafte Ausdruck, der, wenn auch nur für einen Augenblick, auf seinem Gesicht erschien, gab mir die Gewissheit, dass er seine Rachedrohung wenn möglich in die Tat umsetzen würde. So war ich vorbereitet, die Manöver »unseres Karlchens« in ganz anderem Licht zu sehen als die guten Schnatterburger. Ich bemerkte sofort, dass alle die belastenden Entdeckungen direkt oder indirekt von ihm selbst herrührten. Was mir aber die Augen über den wahren Sachverhalt öffnete, das war die Geschichte mit der von Herrn Guterjung im Kadaver des Pferdes »gefundenen« Kugel. Ich hatte nicht wie die Schnatterburger übersehen, dass sowohl ein Einschuss- als ein Ausschussloch der Kugel vorhanden war. Wenn sie nun, nachdem sie aus dem Körper herausgedrungen war, doch darin gefunden wurde, so sah ich klar, dass sie von dem, der sie fand, hier eingelegt sein musste. Das blutige Hemd und Taschentuch bestärkten die durch die Kugel geweckte Vermutung, denn das Blut erwies sich bei einer Prüfung als weiter nichts als ausgezeichneter Rotwein. Wenn ich über diese Dinge und die jüngst erwachte Freigebigkeit und Verschwendungssucht des Herrn Guterjung nachdachte, kam mir ein Verdacht, der, wenn ich ihn auch für mich behielt, darum doch nicht weniger stark war.
Inzwischen begann ich eine eifrige private Nachforschung nach der Leiche des Herrn Schützenwerth und suchte aus guten Gründen in Gegenden, die möglichst weit ablagen von denen, in die Herr Guterjung die Gesellschaft geführt hatte. Das Resultat war, dass ich nach einigen Tagen zu einer alten versiegten Quelle kam, die fast ganz in Brombeergesträuch verborgen lag, und hier fand ich, was ich suchte.
Nun hatte ich seinerzeit zufällig die Unterredung der beiden Zechgenossen angehört, bei der Herr Guterjung seinem Gastgeber das Versprechen auf eine Kiste Château Margaux herauszulocken wusste. Diesem Fingerzeig folgte ich. Ich beschaffte mir eine steife Stange Fischbein, stieß sie der Leiche in den Schlund hinab, die ich dann in eine leere Weinkiste legte – indem ich den Körper so zusammenbog, dass das Fischbein ebenfalls zusammengebogen wurde. Auf die Art musste ich den Kistendeckel mit aller Gewalt herunterdrücken, während ich die Nägel einschlug, und ich sagte mir natürlich, sobald man den Deckel lockerte, würde er ab- und der Körper emporschnellen.
Nachdem ich die Kiste so hergerichtet hatte, versah ich sie mit Zeichen und Nummer und adressierte sie wie vorerwähnt. Dann schrieb ich im Namen der Weinhandlung, zu der Herr Schützenwerth Geschäftsbeziehungen hatte, einen Brief und gab meinem Diener den Auftrag, die Kiste auf ein gegebenes Zeichen von mir in einem Schubkarren vor Herrn Guterjungs Tür zu fahren. Für die Worte, die ich der Leiche in den Mund zu legen gedachte, verließ ich mich vertrauensvoll auf meine Bauchrednerkünste, ihre Wirkung garantierte mir das schlechte Gewissen des mörderischen Schurken.
Ich glaube, weiter ist nichts zu erklären. Herr Kielfeder wurde auf der Stelle freigelassen, erbte das Vermögen seines Onkels, zog aus den Erfahrungen seinen Nutzen, besserte sich und führte von nun an ein neues, glückliches Leben.
Des wohlachtbaren Herrn Thingum Bob,
früheren Herausgebers der »Blechschmiede«, literarischer Werdegang
Von ihm selbst
Man wird älter, und da ich mir darüber klar bin, dass Shakespeare und Mr. Emmons gestorben sind, so halte ich es nicht für unmöglich, dass auch ich einst sterben muss. So kommt mir der Gedanke, mich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen und auf meinen Lorbeeren auszuruhen. Doch mein Ehrgeiz spornt mich an, den Entschluss der Niederlegung meiner literarischen Herrschaft durch irgendeine für die Nachwelt wichtige Tat zu feiern. Kann ich es besser tun, als indem ich meinen literarischen Lebenslauf niederschreibe? Mein Name hat so lange und so beständig der
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