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Gesang der Daemmerung

Gesang der Daemmerung

Titel: Gesang der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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zu erkennen, auch die beiden Apfelschimmel, die auf der Lichtung grasten. Die Reisenden schliefen nicht. Die Lichtelben saßen unweit des Feuers unter einer Eiche und hatten offensichtlich beschlossen, Wache zu halten.
    Marian schien sich mit Sereno in der Kutsche zu befinden – eine Konstellation, die Darion wenig gefiel. Schlimm genug, dass sie den ganzen Tag über bei dem alten Kerl in diesem engen Kasten saß – musste diese vertraute Nähe auch in der Nacht fortbestehen? Er hatte zu seinem Ärger schon mehrfach feststellen müssen, dass Marian im gleichen Zimmer mit Sereno schlief, und es war ihm schwergefallen, nicht durch das Fenster zu steigen, um den Alten aus seinem Bett zu prügeln.
    Seine Schritte wurden rascher, ein Fuchs, der eine Maus belauerte, fühlte sich gestört und sprang ins Dickicht. Die drei Lichtelben hörten das Rascheln und starrten in seine Richtung, vermochten den Nachtschatten jedoch in der Finsternis nicht zu sehen.
    Jetzt konnte Darion durch das Kutschenfenster Marians Profil erkennen, und eine tiefe Sehnsucht und Zärtlichkeit erfassten ihn. Wie lebhaft sie gestikulierte, die hellen Brauen senkte, die Lippen unzufrieden schürzte! Marian, die Lichtelbin, seine Geliebte. Sie gehörten zueinander wie Licht und Schatten, Hell und Dunkel, Tag und Nacht. Keines konnte ohne das andere auskommen, wie war es da möglich, dass man sie beide auseinanderriss?
    »Sie wissen es also doch nicht!«, hörte er sie aufgebracht schelten. »Sie haben mich belogen, Mr. Sereno!«
    »Das habe ich nicht, Marian. Ich kenne nur nicht den genauen Ort. Ich weiß aber, dass er sich in diesem Gebirge befinden muss!«
    Sie stieß ihr helles Lachen aus, das klang, als hätte jemand an einer Schnur gezogen, an der unzählige silberne Glöckchen befestigt waren.
    »Hier im Gebirge? Na wunderbar! Und wie groß ist dieses Gebirge? Wie lange sollen wir bei diesem Wetter hier umherirren?«
    Darion war ebenfalls empört über das, was er mitgehört hatte. Dieser unverschämte Kerl hatte nur vorgegeben, die Stelle zu kennen, wo sich die Quelle befunden hatte! In Wirklichkeit hatte das Elbenbuch wohl nur vage Andeutungen enthalten.
    »Wenn du mithilfst, können wir sehr schnell fündig werden«, hörte Darion Serenos dunkle Stimme. Sie klang etwas heiser, und die hastige Sprechweise wies darauf hin, dass der Herr Professor sich nicht recht wohl in seiner Haut fühlte.
    »Du musst versuchen, dich zu erinnern, Marian!«, fuhr er fort. »Der Ort ist in deinem Gedächtnis aufbewahrt, genau wie die Weisen der Elbenkönigin. Wenn du in seine Nähe gelangst, wird dir ein Zeichen gegeben werden. Deshalb musst du aufmerksam sein, wenn wir morgen weiterfahren, und mir sofort mitteilen, ob du etwas spürst!«
    Marian stieß einen langen ärgerlichen Seufzer aus, und Darion konnte sehen, wie sie ihre Hände in den kleinen Pelzmuff steckte. Vermutlich fror sie fürchterlich.
    »Was soll ich denn spüren?«, fragte sie mürrisch.
    »Das sagte ich doch: ein Zeichen. Und jetzt gib endlich Ruhe – morgen ist ein weiterer anstrengender Tag! Ich bin es leid, mich bei all den Strapazen auch noch mit dir herumärgern zu müssen!«
    Unfassbar, wie dieser Kerl sie behandelte! Darion hatte vorgehabt, Sereno durch eine List aus der Kutsche zu locken, jetzt aber schien es ihm gerechtfertigt, ihm einige kräftige Hiebe zu verpassen. Allerdings würde er sich in diesem Fall etwas für die Lichtelben einfallen lassen müssen, die dann vermutlich herbeiliefen und jede Menge Lärm machten.
    »Wenn Sie wollen, dass ich Ihnen helfe, dann erwarte ich, höflich behandelt zu werden, Mr. Sereno!«, forderte Marian aufgebracht. »Ansonsten denke ich gar nicht daran, in Ihrer Gegenwart nach der Quelle zu suchen.«
    Man vernahm Serenos zischendes Gelächter, dem ein Hustenanfall folgte. Aha, der Alte hatte sich erkältet, das hatte seine Laune wohl nicht gerade verbessert.
    »Ach, die Dame will Ansprüche stellen?«, höhnte er und hustete wieder. »Ich will dir etwas sagen, Marian Lethaby! Diese Kutsche und die Pferde und überhaupt die gesamte Ausrüstung sind von meinem Geld bezahlt. Auch die Dienerschaft wird aus meinem Portemonnaie entlohnt. Wenn ich Lust habe, dann setze ich dich hier mitten im Wald aus, dann kannst du zu Fuß und ohne Begleitung nach der Elbenquelle suchen!«
    Zu Darions Verblüffung antwortete Marian auf diese Unverschämtheit mit großer Ruhe. Auch klang ihre Stimme jetzt verändert, nicht mehr hell wie die eines jungen Mädchens,

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