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Gesang der Daemmerung

Gesang der Daemmerung

Titel: Gesang der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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passiert hatte. Seine Nachtflüge waren gefährlich gewesen, denn er war nicht der Einzige, der sich für die Reisenden interessierte. Wie es schien, hatte Gorian eine ganze Schwadron seiner Boten ausgesandt, eine hochgefährliche graue Schar, die sich tagsüber in dichten Regenwolken verbarg, in den Nächten aber die Erde bevölkerte und in jeder Hütte, hinter jedem Baum, vornehmlich aber in den feuchten Armen der Nebelfrauen anzutreffen war.
    »Gorian wartet ab. Er wird erst dann handeln, wenn der Ort gefunden ist und Marian die Quelle zum Fließen gebracht hat.«
    »Wie es scheint, bin ich gerade noch rechtzeitig zurückgekehrt«, bemerkte Aladion.
    »Ich war schon drauf und dran, ohne dich loszuziehen«, gestand Darion.
    »Allein? Gegen Gorians Krieger?«
    »Nicht ganz. Ich hätte einige Kämpfer aus deiner Armee rekrutiert.«
    »Immer mit der Ruhe! Das Spiel tritt in seine letzte Phase, und der Gegner ist uns um einen Schritt voraus. Wir dürfen jetzt also keinen Fehler machen.«
    Aladion teilte seine Armee in drei Abteilungen, die allesamt auf seinen Befehl hin nach Norden ziehen sollten, jede Abteilung in ihrem eigenen Tempo und gemäß ihren Möglichkeiten. Die verlässlichsten Kämpfer waren die abtrünnigen Nachtschatten. Sie würden die Kutsche mit Leichtigkeit in kaum einer Flugstunde erreicht haben, doch hatten sie Befehl, sich vor Gorians überall umherschwirrenden Nachtschattenkriegern verborgen zu halten. Ihnen folgten die Erdgeister und Wassergeister – Wesen, die von gemächlicherer Natur waren und an dem ihnen zugeordneten Element klebten. So bewegten die Erdgeister sich vornehmlich in unterirdischen Gängen voran, wobei sie Mäuse- und Kaninchenbauten ebenso nutzten wie Fuchshöhlen und die Wohnungen der Zwerge. Die Wassergeister hingegen folgten den Bächen und Wasseradern, die sich überall wie ein dicht verzweigtes Netz durch den Erdboden zogen. Auch wenn sie voller Kampfesmut waren, so würden sie doch wesentlich länger brauchen, um in die Nähe der Kutsche zu gelangen. Deshalb waren Nachtschatten als Boten abkommandiert, um die Verbindung zu halten. Die dritte Gruppe bildeten die Lichtelben, eine große Schar untauglicher Wesen, die allesamt zu Fuß unterwegs waren, darunter auch Greise, Weiber und Kinder. Von ihnen – das musste Aladion jetzt endlich zugeben – war nur wenig Unterstützung zu erwarten. Doch konnte er sie auch nicht ausschließen, denn diese hilflosen Wesen brannten darauf, für ihre Königin und das neue Reich der Lichtelben zu kämpfen.
    »Es heißt, die Lichtelben seien in alten Zeiten schlaue und gefährliche Krieger gewesen«, meinte Darion. »Davon scheint bei diesen da nicht mehr viel übrig.«
    »Leider«, seufzte Aladion. »Es wird auch berichtet, dass die Lichtelben früher anders aussahen. Schmale Augen und spitze Ohren sollen sie ausgezeichnet haben, und ihre Körper waren sehnig. Niemand bewegte sich rascher durch Wälder und Gebirge, auch gab es keine besseren Bogenschützen als die Elbenkrieger. Einige sollen sogar die Kunst des Fliegens beherrscht haben.«
    Darion sah Marians liebliches Gesicht vor sich, ihren zarten, aber doch festen Körper, und er fragte sich, welchen Sinn diese Elbenprophezeiung hatte. Eolin, die letzte Elbenkönigin, war noch eine Kämpferin gewesen, doch auch sie hatte untergehen müssen. Wie sollte sich da ein so schwaches und zierliches Geschöpf wie Marian behaupten? Was halfen ihr die Stimme und die Lieder der Elbenkönigin, was nutzte ihr die Fähigkeit, das Wasser in Bewegung zu versetzen, angesichts der Untauglichkeit ihrer Untertanen und der Übermacht des Feindes? Selbst wenn sie die Quelle des ewigen Lebens finden und zum Fließen bringen würde – das alte Elbenreich konnte sie damit nicht mehr zum Leben erwecken. Es war für immer dahin.
    Sie verloren keine Zeit, lösten sich in graue Nebel auf und fuhren mit den Wolken gen Norden. Aladions Nachtschatten waren fast alle erfahrene Kämpfer, kaum einer der jungen Burschen, die Gorian in Unwissenheit gehalten und zu willigen Dienern erzogen hatte, hatte sich den Abtrünnigen angeschlossen. Jene aber, die Aladion folgten, wussten, was sie taten, und waren ihrem Herrn treu ergeben.
    Die Insassen der Kutsche hatten die Nacht in einem einsam gelegenen Gehöft verbracht, dessen Besitzer gegen Morgen ein kräftig rauchendes Feuer aus Eichenholz entzündet hatte. Darion, der in der Nacht über das Anwesen geflogen war, hatte bemerkt, dass der Schmied einen feindlichen

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