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Gesang der Daemmerung

Gesang der Daemmerung

Titel: Gesang der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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Marian in den Wagen, knallte den Kutschenschlag zu und beugte sich dann aus dem Fenster, um dem Kutscher das Zeichen zur Abfahrt zu geben. Auch jetzt hatte das Pferd sich noch nicht beruhigt. Es gab einen heftigen Ruck, als die Kutsche anfuhr, und man hörte den Kutscher beruhigend auf seinen Braunen einreden.
    Marian saß steif in dem ledernen Polster und wagte nicht, sich anzulehnen, obwohl sie dann mehr Halt gehabt hätte, weil die Kutsche schwankte und sie durchgerüttelt wurden. Es war schrecklich eng im Wagen, wenn man um eine Kurve bog oder eines der beiden großen Räder in ein Schlagloch geriet, rutschte man zur Seite, und es geschah immer wieder, dass sie dabei Mr. Mills’ Schuhe oder gar seine Beine berührte. Zuerst entschuldigte er sich dafür, schließlich aber bemühten sich beide, diese unvermeidliche Körpernähe einfach nicht mehr zur Kenntnis zu nehmen.
    »Es ist großartig«, meinte Jonathan Mills, der für seine langen Beine kaum Platz fand und zusammengefaltet wie ein Grashüpfer auf dem Sitz hockte. »Ich bin noch nie zuvor in einem Hansom gefahren.«
    Marian schwieg und starrte angestrengt zum Fenster hinaus, wo jetzt für einen Augenblick die Bäume und Wiesen von Hyde Park zu sehen waren. Ein Automobil ratterte an ihnen vorüber, sie hörten ihren Kutscher ärgerlich über den Benzingestank fluchen. Eigentlich war es schön, so durch die Stadt kutschiert zu werden – wenn nur nicht dieses dumme Herzklopfen gewesen wäre! Es musste die Aufregung sein. Sie erhoffte sich unendlich viel von diesem Besuch und hatte Furcht, enttäuscht zu werden. Vielleicht war es aber auch die Gegenwart dieses skurril gekleideten Burschen, der jetzt alle Schüchternheit abgelegt hatte und Marian immer wieder mit einem Lächeln von der Seite betrachtete. Unversehens kam ihr der Gedanke, dass Jonathan Mills längst nicht so harmlos war, wie er sich den Anschein gab. Am Ende stimmten die Gerüchte doch, und er hatte die gestrenge Mrs. Potter verführt? War sie es am Ende gewesen, die ihm diese albernen Kleider gekauft hatte?
    »Du bist wohl schon oft mit solch einer Kutsche unterwegs gewesen, Marian …«, versuchte Mills beharrlich, die Konversation in Gang zu bringen. »Es … es ist sehr praktisch, wenn auch etwas langsam …«
    Es half nichts, sie musste sich mit ihm unterhalten, weiter zu schweigen wäre allzu unhöflich gewesen. Also erwiderte sie, dass sie bisher nur ein einziges Mal in einem Hansom gesessen hätte, das wäre vor zwei Jahren gewesen, als Mr. Strykers sie ins Pensionat brachte. Und langsam fände sie die Kutsche überhaupt nicht, zu Fuß würde man ganz sicher dreimal so lange brauchen. Sie bemühte sich, deutlich zu sprechen, und Mr. Mills dabei hin und wieder anzusehen, doch all ihre Anstrengungen halfen wenig. Es war lächerlich genug, aber Marian fühlte sich in seiner Gegenwart befangen, und je länger sie neben ihm saß, desto schlimmer wurde es. Eine intensive Spannung war zwischen ihnen entstanden, und immer, wenn sein Körper sie wie zufällig berührte, hatte sie das Gefühl, von einem Blitz durchzuckt zu werden.
    »Ja, du hast sicher recht, Marian«, gab er mit harmloser Miene zu. »Dies ist eine sehr rasche und angenehme Art, sich fortzubewegen.«
    »Ja gewiss …«
    Sie bestätigte ihn nur, damit er endlich Ruhe gab. Er schien diese Fahrt mit ihr in der Kutsche jedoch sehr zu genießen und dachte sich immer neue Gesprächsthemen aus.
    »Wer ist eigentlich dieser Professor, zu dem wir fahren?«, wollte Mills wissen. »Und was willst du dort?«
    Marian fand, dass ihn das eigentlich nichts anginge, aber da er sie jetzt wieder eindringlich von der Seite betrachtete, mochte sie nicht mit ihm streiten.
    »Er ist ein bekannter Gesangslehrer, und ich werde in einigen Monaten bei ihm ein Studium beginnen.«
    »Du liebst die Musik?«
    »Sonst würde ich es wohl nicht tun.«
    Er schwieg jetzt, fuhr aber fort, sie anzusehen. Marian wandte ihren Kopf zum Fenster, um diesem Blick auszuweichen. Mr. Mills hatte eigentlich blaue Augen, jetzt in der Kutsche aber erschienen sie ihr sehr dunkel, fast schwarz. Weshalb starrte er sie denn nur so an? Fast kam es ihr vor, als läge etwas wie Mitleid oder Anteilnahme in seinem Blick. Ach, wenn sie doch nur endlich in Serenos Institut ankämen und sie von diesem Menschen erlöst würde!
    Er schien ihre Ablehnung nun endlich zu spüren, denn er lehnte sich zurück und beschäftigte sich schweigend damit, den zerdrückten Hut wieder in eine einigermaßen

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