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Gesang der Rosen

Gesang der Rosen

Titel: Gesang der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wandert
und nur Erinnerung erklingt,
dann gehe ich zu meinen Rosen
und küß dein Bild im Abendwind
und denk noch einmal deiner Lippen,
bis mich die Weite zu sich nimmt …
    Durch die Ritzen der Bretterwände drangen die Sonnenstrahlen, und das Stroh knisterte leise unter den Körpern zweier Menschen.
    Ein Junge kniete vor einem Mädchen und hatte sein heißes Gesicht in ihre Hände gelegt, seine Schultern zuckten, und seine Brust bebte, denn er weinte, weil er so glücklich war und das Licht gefunden hatte in der Nacht der Ohnmacht, des Zweifels an sich selbst.
    Und er weinte haltlos, weil ihn das Weinen befreite.

2
    Auf der Straße von Borgues näherte sich kräftig hupend ein Auto dem in der Sonne brütenden Carpentras. Die seltene, hier fast unbekannte Pariser Nummer des Wagens ließ die wenigen Einwohner, die sich zu dieser Mittagsstunde aus beruflichen Gründen nicht in die Kühle der Häuser flüchten konnten, kurz aufschauen, aber was sonst in eingehenden Gesprächen begutachtet wurde und lebhafte Diskussionen über die ferne Metropole auslöste, erstarb heute unter der Glocke der erschlaffenden Hitze, die auf dem Ort lastete.
    Nur einmal bequemte sich ein Weinbauer zu einigen Worten, und er empfand dies selbst als eine bemerkenswerte Kraftanstrengung. Unmittelbar vor ihm hielt nämlich der Wagen an, und der Herr am Steuer, der einen weißleinenen Anzug trug, fragte ihn, wo man hier preiswert einkehren und wohnen könne.
    »In der Wirtschaft ›Zur Schmiede‹«, sagte daraufhin der Bauer und raffte sich auf, sogar die Richtung, in die gefahren werden mußte, zu zeigen. »Das ist ein sogenannter Universalbetrieb, den es in der Form wohl nur noch bei uns hier gibt. Aber Sie werden zufrieden sein. – Erst geradeaus, dann links, und Sie sehen es vor sich: ein großes Haus mit einigen Nebengebäuden.«
    Dann trottete der Bauer erschöpft weiter, tupfte sich mit einem groben Sacktuch den perldicken Schweiß von der Stirn und aus den Haaren und hustete angewidert, als ihn die Auspuffwolke des wieder anfahrenden Autos traf.
    Julien Bonnet hielt sich an die Weisung des Bauern und fand so glatt sein Ziel, die Liegenschaft des Jean Tergnier, der sich im Hauptberuf als Schmied empfand. Als Bonnet dann aus dem Wagen geklettert war und die kleine Schankstube erreicht hatte, pries er sich glücklich, endlich in einer erfrischenden Kühle zu sitzen. Mit einem schnellen, umfassenden Blick musterte er den Raum, fand ihn sauber, bequem (wenn auch nicht gerade komfortabel eingerichtet), und nickte mit einem Lächeln der Wirtin, Madame Tergnier, zu, die aus einer Seitentür hereintrat.
    »Ich möchte gern ein Zimmer haben«, sagte Bonnet und legte seine Brieftasche mit den zur Anmeldung nötigen Papieren auf den weiß gescheuerten Tisch. »Außerdem suche ich eine Reparaturwerkstätte. Mein Wagen macht Schwierigkeiten. Anscheinend hat er was an der Vorderachse. Kennen Sie eine Adresse?«
    »Die brauchen Sie nicht mehr«, antwortete die Wirtin. »Mein Mann ist Schmied und versteht sich auch auf Kraftfahrzeuge. Ich sage ihm gleich Bescheid, daß er sich Ihren Wagen mal ansieht. Sind Sie damit einverstanden?«
    Bonnet nickte und bestellte Wein – natürlich den funkelnden, roten provenzalischen Wein, die flüssige Sonne der Hügel, nach der es jeden Fremden ganz besonders gelüstete.
    Die Wirtin brachte in einer Karaffe den Wein, stellte diese zusammen mit einem einfachen Glas auf den Tisch, wünschte »Auf Ihr Wohl!« und eilte hinaus in die Werkstatt, um ihrem Mann die Ankunft eines seltenen Gastes zu melden.
    Jean Tergnier stand jedoch bereits draußen vor dem hellen, cremefarbenen Wagen, begutachtete ihn und ging um ihn herum, als seine Frau aus der Tür trat.
    »Kommt aus Paris«, sagte er. »Möchte wissen, wieso der Mann sich hierher verirrt hat.«
    »Er hat ein Zimmer bestellt«, antwortete seine Frau. »Und du sollst dir seinen Wagen ansehen.«
    »Warum?«
    »An der Vorderachse soll was nicht in Ordnung sein.«
    »An der Vorderachse?«
    »Ja.«
    »Und du hast ihm wahrscheinlich gesagt, daß ich das ohne weiteres hinkriege?«
    »Etwa nicht?«
    »Hast du eine Ahnung von Achsen!«
    »Soll ich ihm sagen, daß ich ihm zuviel versprochen habe?«
    »Warte, will mal sehen. Was macht der Mann?«
    »Sitzt drinnen und trinkt Wein.«
    »Welchen Beruf hat er? Ist er zahlungskräftig?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Hast du ihn noch nicht eingetragen?«
    »Nein.«
    »Typisch! Das ist doch das Wichtigste!«
    Tergnier blickte seine Frau

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