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Gesang der Untoten

Gesang der Untoten

Titel: Gesang der Untoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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mir fehlte einfach die Kraft. Dann waren wir
plötzlich in meinem Zimmer, ich saß in einem Sessel, während Johnny ganz
eigenartige Tricks mit seinem Gesicht machte.
    »Geht es dir wirklich gut,
Mavis?« fragte er.
    »Großartig. Ich würde mir
lieber Gedanken um mein Gesicht machen, wenn ich an deiner Stelle wäre. Wenn
der Wind sich dreht, wird es weggeblasen.«
    »Ich will nichts von dir«,
sagte er. »Aber soll ich dich vielleicht ausziehen und ins Bett bringen?«
    »Wenn du irgendwas mit mir
versuchst, schlage ich deine Birne zu Brei!«
    »Na schön.« Sein Gesicht wurde
einen Augenblick lang scharf, sah besorgt aus, verschwamm dann wieder. »Ich
hätte daran denken sollen, gewöhnlich trinkst du kaum etwas.«
    »Heute habe ich auch nicht viel
getrunken«, erklärte ich pikiert. »Das liegt alles am Gulasch.«
    »Da hast du bestimmt recht.
Gute Nacht, Mavis.«
    »Gute Nacht. Tu mir noch einen
Gefallen, Johnny. Sieh zu, daß du bis morgen dein Gesicht wieder in Ordnung
hast. Bei Tageslicht kann ich den Anblick bestimmt nicht ertragen.«
    Er murmelte etwas in seinen
Bart und ging. Ich wollte die Tür hinter ihm zuschließen, als mir einfiel, daß
es keinen Schlüssel gab und daß Johnny ohnehin nebenan schlief, so daß ich
nichts zu befürchten hatte, es sei denn, er käme auf Liebesgedanken. Aber
dieses Risiko muß man als Mädchen auf sich nehmen.
    Es dauerte lange, bis ich mich
ausgezogen hatte. Im Bett war ich gleich, weil ich nackt schlafe. Ich lag eine
Zeitlang mit offenen Augen da, aber dann begann sich das ganze Zimmer zu
drehen, also kniff ich die Augen fest zu und zählte Männer, die über einen Zaun
sprangen.
    Wann ich den Alptraum hatte,
weiß ich nicht genau, aber er kam mir entsetzlich real vor. Ich wachte auf,
weil mir jemand Nadeln in den Po bohrte. Ich machte den Mund auf, wollte
schreien, aber eine Hand erstickte den Schrei. Dann hörte ich zwei Stimmen.
    »Gib ihr noch ’ne Spritze«,
sagte ein Mann. »Vielleicht hat die erste nicht gereicht.«
    »Okay«, erwiderte eine
Mädchenstimme. »Es muß ja nicht viel sein, wir sind sowieso gleich fertig.«
    Dann gab es noch einen
schmerzhaften Stich in mein Hinterteil, und ich begann um mich zu schlagen.
Aber jemand setzte sich einfach auf meinen Rücken und hielt mich fest. Dann
verschwamm der Alptraum.
    Als ich am nächsten Morgen
aufwachte, fühlte ich mich scheußlich. Wenn das vom Gulasch kam, würde ich nie
mehr welches essen, dachte ich mir. Ich hatte ein Gefühl, als würde mir gleich
der Kopf vom Hals fallen. Vielleicht half eine Dusche, dachte ich und schleppte
mich ins Bad.
    Nach der Dusche ging es mir
nicht viel besser, so trocknete ich mich langsam ab und betrachtete mich im
großen Spiegel. Wie ich mich innendrin auch fühlen mochte, von außen sah man es
mir nicht an. Die 90-56-89 sahen aus, wie sie aussehen sollten, nichts wabbelte
oder hing. Also drehte ich mich um und prüfte meine Rückansicht.
    Ich konnte es erst überhaupt
nicht glauben. Wie eine Fata Morgana war das. Aber dann, nachdem ich den Kopf
geschüttelt und ein paarmal geblinzelt hatte, sah ich noch einmal hin, und es
war immer noch da. Ich versuchte, Ruhe zu bewahren: Das ist nur ein schlechter
Witz. Bestimmt ein Abziehbild. Meine Fingernägel kratzten und kratzten, aber es
blieb. Na schön, sagte ich mir, ist es halt Farbe. Ich schnappte mir die
Nagelbürste und schrubbte, bis ich dachte, an dieser Stelle keine Haut mehr zu
haben, aber es war immer noch da.
    Dann kam der entsetzliche
Augenblick der Wahrheit: Für den Rest meines Lebens mußte ich eine schwarze
Spinne tragen, tätowiert auf meine linke Hinterbacke!
     
     
     

5
     
    Der Alptraum war kein Traum
gewesen, das erkannte ich beim Anziehen. Die Stimmen, die ich gehört hatte,
gehörten zu lebendigen Menschen, die sich in mein Zimmer geschlichen und mich
mit einer Spritze betäubt haben mußten, damit sie mich in Ruhe tätowieren
konnten. Aber wozu?
    Es klopfte, dann kam Johnny
herein. Er sah so gutgelaunt, munter und frisch aus, daß ich ihm am liebsten
etwas an den Kopf geworfen hätte. Und wo war er eigentlich gewesen, als man mir
letzte Nacht diese Schande angetan hatte? Das hätte ich gern gewußt.
Wahrscheinlich hatte er im Bett gelegen und geschnarcht. Ich wollte ihm erst
erzählen, was man mit mir gemacht hatte, überlegte es mir aber dann anders. Ich
kannte Johnny Rio. Natürlich würde er mir keinen Moment glauben, und der
Gedanke, die Hose herunterzulassen und es ihm zu zeigen, war

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