Gesang der Untoten
einfach
unerträglich. Die Spinne mußte ein schreckliches Geheimnis bleiben, das ich für
den Rest meines fluchbeladenen Lebens mit mir herumtragen würde.
»Weißt du eigentlich, daß es
schon zwölf Uhr ist?« sagte er vernehmlich.
»Hör auf zu schreien!« fuhr ich
ihn an.
»Ich schreie nicht.
Entschuldige, wenn ich vergessen habe, daß du vielleicht einen Kater hast.«
»Kater nennt man das?« fragte
ich bitter.
»Die anderen kommen um zwei.«
»Welche anderen?«
»Mango Pickle und die Untoten.«
Er sah mich prüfend an. »Geht es dir gut, Mavis?«
»Phantastisch. Wenn du mir ein
Netz spinnst, setze ich mich für eine Weile rein.«
»Geht es dir wirklich gut?« Er
starrte mich leer an.
»Aber sicher«, fauchte ich.
»Und wenn mein Kopf runterfällt, kick ihn einfach unter den nächsten Stuhl.«
»Burt Delaware hat angerufen.
Er hat veranlaßt, daß von nun an das Essen aus dem Restaurant kommt. Das
Mittagessen wird in meinem Zimmer serviert, und Burt kommt auch. Wir müssen
Kriegsrat halten.«
»Rüpel!« krächzte ich.
»In einer Stunde in meinem
Zimmer«, sagte Johnny. »Ich gehe mal Harry auf den Zahn fühlen. Wir müssen uns
etwas mehr um die Sicherheit in diesem Hotel kümmern.«
»Ja, und vielleicht mal einen
Schlüssel besorgen, damit ich meine Tür abschließen kann. Aber das sieht dir
ähnlich. Immer die Stalltür erst dann verschließen, wenn die Stute schon
gedeckt worden ist!«
Johnny lächelte mich
nachdenklich an und ging zur Tür. Ich bereitete mich auf das Schlimmste vor,
schließlich mußte ich ja anfangen, mich daran zu gewöhnen.
»Johnny«, sagte ich nervös,
»ich stelle dir jetzt eine ganz unwichtige Frage. Das heißt, sie betrifft weder
dich noch mich.«
»Dann raus damit.«
»Ich habe mich nur gefragt, ob
du etwa Lust hättest, mit einem Spinnenweibchen ins Bett zu gehen.«
»Spinnenweibchen?« Einen Moment
lang konnte ich nur das Weiße seiner Augen sehen. »Iiih.«
Dann war er weg, und mit ihm
meine letzte Hoffnung. Ich überlegte, ob ich mich umbringen sollte, entschied
mich aber dagegen, denn nach Lage der Dinge würde ich mich in dieser Richtung
nicht zu bemühen haben — sicherlich fand sich bald jemand, der das erledigte.
Außerdem hatte ich Kopfschmerzen.
Burt Delaware kam etwas zu spät
zum Mittagessen und entschuldigte sich wortreich. Mir war das egal, weil ich
dadurch Zeit gefunden hatte, ein paar Tassen schwarzen Kaffee zu trinken.
Inzwischen schien mein Kopf wieder zu mir zu gehören. Johnny erzählte Burt von
Lou Rogers, dem Messer und der Entführung.
»Arme Mavis, da hat man Ihnen
ja böse mitgespielt«, sagte Burt mitfühlend. »Ich habe schon von Rogers gehört.
Abschaum, aber gefährlich.«
»Und was ist mit dem Grindel?«
wollte ich wissen.
»Von einem, der Grindel heißt,
habe ich noch nie gehört.« Burt strich über seinen Bart, als wollte er gleich
einen Bettvorleger daraus knüpfen. »Vielleicht gehört er zu einer neuen Gruppe,
die von Rogers’ Leuten als Begleitung für Sophie gedacht ist.«
»Wie kommt es eigentlich, daß
jeder weiß, wo Sophie Ventura ist? Habt ihr vielleicht eine Anzeige in den Rolling
Stone gesetzt?«
»Um ganz ehrlich zu sein,
Mavis«, sagte Burt und sah einen Augenblick fast verlegen drein, »eigentlich
hatten wir niemals vor, das geheimzuhalten. Aber Harry sollte es erst ab morgen
weitersagen.«
»Es sollte also nie ein
Geheimnis sein?« sagte ich erstickt. »Sie meinen — «
»Nur auf diese Weise können wir
die echte Sophie Ventura schützen«, warf Johnny ein. »Wir finden am besten
heraus, ob hinter den Drohungen etwas steckt, wenn wir dich als Köder nehmen
und — «
»Köder!« gurgelte ich.
»Ich bin aber immer in deiner
Nähe, um dich zu schützen«, fügte er hinzu.
»Mich zu schützen? Man hat mich
entführt, dann kam dieser Lou Rogers mit dem Messer und — «
»Darüber habe ich auch schon
nachgedacht«, sagte Burt. »Über die Entführung, meine ich. Wie konnten die
eigentlich merken, daß Sie nicht die echte Sophie Ventura sind, wenn Sie die
ganze Zeit eine schwarze Haube über dem Kopf hatten?«
»Weiß ich doch nicht.
Vielleicht hat die richtige Sophie eine andere Figur? Fetter? Oder netter?«
»Wahrscheinlich haben Sie
recht«, meinte Burt zweifelnd.
»Erzähle uns doch noch einmal,
wie die beiden Männer aussahen«, sagte Johnny.
»Einer war groß und haarig, der
andere klein mit einem Bierbauch.«
»Das klingt nach Burt und
Harry«, blödelte Johnny. Am liebsten hätte ich ihm
Weitere Kostenlose Bücher