Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gesang des Drachen

Gesang des Drachen

Titel: Gesang des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
seine Existenz verliert.«
    »Daran dachte ich auch gerade.«
    Sie gingen schweigend weiter. Naburo machte sich Sorgen um Laura, von der er getrennt worden war, als der Fliegenden Holländer über Vedas Lager in der Nähe von Morgenröte auftauchte. Hoffentlich war ihr nichts geschehen. Die Menschenfrau weckte eine väterliche Seite in ihm, von der er bis zu ihrem Aufeinandertreffen nicht gewusst hatte, dass es sie überhaupt gab.
    Während sie das Ufer erreichten und auf dem steinigen Stück entlanggingen, wurde Spyridon nicht langsamer. Seine Aura glimmte dicht am Körper auf und hüllte ihn in ein schwaches, weißgoldenes Licht.
    Naburos Nacken kribbelte unangenehm, als würden Rattenfüße darüberhuschen. »Was hast du vor?«
    Spyridon sah überrascht hoch. Wie Naburo blickte er über den See hinweg, der sich viele Kilometer lang vor ihnen erstreckte. »Was wohl, General? Weitergehen.« Seine Beine suchten ihren Weg wie eigenständige Lebewesen. Schon tauchten die Stiefel mit einem leisen Platschen in das Wasser ein und verfärbten sich dunkler, während sie sich vollsaugten.
    Naburo hielt ihn am Arm fest. »Warte! Du kannst nicht mitten durch diesen See gehen!«
    »Doch.« Die Antwort war so simpel wie wahr.
    Naburo beobachtete, wie das Wasser an Spyridons Füßen zurückwich, ehe es die Knie erreichte. Eine unsichtbare, schützende Wand drängte es zurück.
    »Lass uns außen herumgehen«, forderte er.
    »Nein.« Ein Schatten zog über Spyridons Gesicht. Es verwandelte sich zurück in die Maske, die Naburo schon zuvor unangenehm aufgefallen war. Etwas Totes trat in seine Augen, und die Bösartigkeit kehrte in die Züge zurück. Es war der Fluch, der sein hässliches Antlitz zeigte. »Halt mich nicht auf.«
    Die Worte waren eine ernst zu nehmende Warnung. Wenn Naburo eines seiner Schwerter zog, um sich Spyridon entgegenzustellen, würde er zum Feind werden. Und selbst er, der furchtlose Krieger und General, der als bester Kämpfer seines Reiches galt, war nicht verrückt genug, zu glauben, er könne es auch nur ansatzweise mit Spyridon und dem Fluch aufnehmen. Das Einzige, was er tun konnte, war, Spyridon mit Worten zu überzeugen. Das war eine Waffe, die Naburo selten gebrauchte. Trotzdem wusste er sie zu führen.
    »Ich vermute, dass die magischen Fallen nicht die einzigen Hürden zwischen uns und Cuan Bé sein werden. Die Iolair haben sich dort versteckt, wo es ohnehin natürlichen Schutz gibt, und die Magie Innistìrs wirkt zusätzlich.«
    Spyridon zögerte. Er blieb stehen, golden schimmernd, hüfthoch vom Wasser umkreist, ohne dass es ihn berührte, und sah zu ihm ans Ufer zurück. »Worauf willst du hinaus?«
    »Du musst ausgeruht sein. Wenn du ankommst, wirst du gegen Yevgenji kämpfen müssen, vergiss das nicht. Und er wird sich schonen, da bin ich mir sicher. Er muss keinen Gewaltmarsch quer durch das Land hinter sich bringen – Alberich sorgt garantiert dafür, dass er in bester Verfassung in die Schlacht zieht.«
    »Das ist wahr.«
    »Dann lass uns an dieser Seeseite rasten, ja?«
    »Ich kann nicht.« In Spyridons Stimme lag Bedauern. »Vielleicht drüben, auf der anderen Seite. Der Fluch reißt an mir wie der Haken am Fisch.«
    »Gib mir wenigstens deinen Rucksack.«
    Spyridon gehorchte, kam zwei Schritte zurück und hielt das Gewünschte hin.
    Mit wachsendem Unbehagen sah Naburo, wie schwer dem Begleiter diese beiden Schritte fielen. Seine Kinnpartie war vorgereckt, die Halsmuskeln so angespannt, dass sie hervortraten. Er wirkte wie jemand, der gegen einen großen Widerstand ankämpfen musste.
    Naburo warf seinen langen Zopf zur Seite, ergriff den Rucksack des Ewigen Todfeinds und hängte ihn sich über eine Schulter. »Halt dich an dein Wort, dass wir rasten. Ich werde Erholung brauchen, wenn wir drüben sind.« Widerwillig betrachtete er die endlos erscheinende glitzernde Oberfläche, die vor ihm lag. Die Energie, die er für den Übergang benötigte, würde ihm vielleicht später fehlen. Aber er konnte Spyridon weder aufhalten noch dazu bewegen, den See zu umgehen. Das wusste er.
    Der Ewige Todfeind setzte seinen Weg bereits fort. Er verdrängte das Wasser um seinen Körper und marschierte wie eine Maschine aus der Menschenwelt in den See hinein, ohne sich nach Naburo umzudrehen. Sorgen musste sich Naburo nicht um ihn machen. Er erinnerte sich daran, wie Spyridon in Vedas Zelt einen der Stellvertreter der Amazone abgewehrt hatte, der ihn angegriffen hatte. Selbst wenn der See von Kappa-Gnomen

Weitere Kostenlose Bücher