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Geschäfte mit der Ewigkeit

Geschäfte mit der Ewigkeit

Titel: Geschäfte mit der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clifford D. Simak
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kam aus dem Sand, und er sah, daß es Metall war, rostiges, durchlöchertes Metall, das schon abblätterte.
    Unterhalb dieser Metallschicht war eine Höhle, halb mit Treibsand ausgefüllt, halb mit Gegenständen, die in gelbliches Papier gewickelt waren.
    Russell holte einen der Gegenstände nach oben. Das Papier, das ihn umhüllte, war alt und spröde und zerfiel bei seiner Berührung. Und dann sah er das fein geschnitzte Kunstwerk.
    Er richtete sich auf und hielt es ins helle Sonnenlicht, und nun sah er, was es war – ein Stück Jade, auf wundervolle Art geschnitzt. Ein blaugrüner Sockel, der das Wasser darstellte, und darüber ein Karpfen. Jede einzelne seiner Schuppen war sorgfältig gearbeitet. Russells Hand zitterte.
    Hier war Schönheit, hier war ein Schatz, wenn jedes der anderen Papierbündel ebenfalls so ein Kunstwerk enthielt. Ein Schatz, wie ihn kaum jemand auf der Welt besaß.
    Vorsichtig legte er das Schmuckstück in den Sand und beugte sich über die anderen Pakete. Schließlich lagen mehr als zwei Dutzend geschnitzte Jadestücke vor ihm.
    Er hatte sie in einer Reihe vor sich hingelegt, und er starrte sie an, und seine Augen wurden feucht. Tränen rannen ihm in den stoppeligen Bart.
    Wochenlang hatte er gebetet und gefleht, wochenlang hatte er sich vor Sehnsucht verzehrt. Er hatte die abscheulichen Flußmuscheln gegessen, während zu seinen Füßen im Sand ein Schatz verborgen war, der nur darauf wartete, gehoben zu werden. Niemand wußte, wie lange er schon dalag, und Russell war nur darauf gestoßen, weil er ein tieferes Loch für sein Kreuz graben wollte.
    Ein Schatz, dachte er. Nicht der Schatz, den er gesucht hatte, aber unleugbar ein Schatz und so kostbar, daß er einem Menschen im zweiten Leben Reichtum einbrachte.
    Russell kletterte aus dem Loch und kauerte neben den Schnitzereien nieder. Hin und wieder strich er mit dem Finger über eines der Stücke, wie um sich zu überzeugen, daß sie wirklich echt waren.
    Ein Schatz, dachte er wieder. Ein Schatz, den er gefunden hatte, als er nach einem anderen, weniger materiellen Schatz suchte.
    War das wieder eine Prüfung? Wie die Flußmuscheln und die Unbequemlichkeit und die Verzweiflung und das Elend? Waren die Schmuckstücke auf irgendeine, ihm unverständliche Weise hierhergebracht worden, weil man ihn versuchen wollte?
    Vielleicht sollte er ohne Zögern das Zeug in den Fluß werfen, um zu zeigen, daß ihm an irdischen Gütern nichts lag. Und dann mußte er zurück zu seinem Loch gehen und noch tiefer graben, damit der Wind das Kreuz nicht umwehen konnte. Und danach, als letztes Glaubenszeichen, könnte er sich den Transmitter aus der Brust reißen und ihn ebenfalls in den Fluß werfen. Dann hatte er nichts mehr, was ihn an diese Welt fesselte.
    Er kauerte auf der Sandbank, hatte die Hände in die Hüften gestemmt und schwankte hin und her. Er war ein Bild des Jammers.
    Würde es nie ein Ende geben? fragte er sich. Niemals? Gab es keine Grenzen für die menschliche Erniedrigung?
    Gott war gütig und gnädig – das stand in allen Büchern. Er wollte die Seelen der Menschen gewinnen und zu sich heraufziehen. Und der Weg zu ihm war immer offen – man brauchte ihn nur zu gehen und erhielt die ewige Seligkeit.
    Aber auf dieser Insel war keine Gnade gewesen. Er hatte keinerlei Ermutigung und kein Zeichen bekommen. Keine Straße hatte sich vor ihm aufgetan, und die Jadeschnitzereien steckten in einem rostigen Metallkoffer, was sie bestimmt nicht täten, wenn sie durch göttliche Vorsehung hierhergebracht worden wären.
    Und weshalb, so fragte er sich, sollte Gott sich überhaupt einmischen? Weshalb sollte er sich um ihn kümmern? Um ihn, einen einfältigen, einzelnen Menschen, wenn es so viele Milliarden gab? Weshalb hatte er es gehofft? Wie hatte er es nur hoffen können? Schon diese Tatsache war ein Zeichen der Eitelkeit, eine Sünde.
    Er griff nach einem der Jadestücke, umklammerte es mit fester Hand und wollte werfen. Doch dann wurde er wieder von Schluchzen geschüttelt, und seine Wangen wurden tränenfeucht.
    In diesem schrecklichen Augenblick wußte er, daß er verloren hatte, daß ihm die echte Demut fehlte, die die Tore zum Verstehen erschloß. Er konnte den hohen Preis nicht zahlen.

 
36
     
    Mona Campbell war irgendwann in der Nacht verschwunden. Der Wagen war fort, und im taunassen Gras ließen sich keine Spuren mehr feststellen. Und sie würde auch nicht zurückkommen, denn der Mantel von der Küchentür und die anderen Kleider waren

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