Geschenke aus dem Paradies
Zumindest gilt das für mich.«
»Typisch, dass du einen Witz daraus machst, aber ich meine es ernst. Ich liebe dich, und ich möchte dich heiraten. Jetzt. Bald.« Dann schob er zu Nels wachsendem Entsetzen eine Hand in die Tasche und förderte ein Kästchen zu Tage. »Ich weiß, dass alle Frauen romantische Gesten lieben. Das ist eine Kleinigkeit, die ich neulich in Cirencester mitgenommen habe. Probier ihn mal an.«
Der Ring passte nicht nur, er sah umwerfend aus. Es war ein riesiger ovaler Aquamarin, umringt von winzigen Diamanten. Nel starrte auf das Schmuckstück, vorübergehend hypnotisiert von seinem Anblick an ihrem Ringfinger. Mark hatte sich keine Diamanten leisten können, und ihr Verlobungsring war entzückend gewesen, aber ein Halbedelstein, und Nel trug ihn seit Jahren nicht mehr. Er hätte die Strapazen, die das Leben als Frau und Mutter mit sich brachte, nicht überstanden. Plötzlich sah ihre Hand komplett aus; der schmale goldene Ring brachte den größeren Ring erst richtig zur Geltung. Warum also musste sie an den Augenblick denken, als Mark eine zerknüllte Papiertüte aus der Tasche gezogen und ihr den Ring geschenkt hatte, der ursprünglich so groß gewesen war, dass sie ihren Finger mit Heftpflaster und Watte umwickeln musste, damit der Ring nicht herunterrutschte? Das Engermachen hatte mehr gekostet als der Ring selbst. Würde Mark es als Treulosigkeit empfinden, wenn sie wieder heiratete?
Nachdem sie diesen Gedanken als Unsinn abgetan hatte, sagte sie: »Simon, ich kann mich unmöglich verloben, ohne mit den Kindern vorher darüber zu reden.«
»Würden sie mit dir reden, wenn sie sich verlobten?«
»Wahrscheinlich nicht, aber das ist nicht dasselbe. Ich bin ihre Mutter ...«
»Was bedeutet, dass du ihnen keine Rechenschaft schuldest.«
»Tue ich doch. Sie sind noch jung! Sie wohnen noch zu Hause! Ich kann nicht einfach heiraten und ihr Leben vollkommen umkrempeln, ohne mich mit ihnen zu beraten!«
»Natürlich musst du es ihnen erzählen, aber du brauchst ihre Erlaubnis nicht. Sie sind junge Erwachsene und haben ihr eigenes Leben. Sie können dir nicht vorschreiben, was du zu tun und zu lassen hast.«
»Nein! Natürlich nicht. Und sie würden nicht einmal im Traum daran denken, das zu tun oder es auch nur zu versuchen. Aber ich müsste ihnen reichlich Zeit geben, sich an die Vorstellung zu gewöhnen. Ich kann nicht einfach mit einem riesigen, dicken Klunker an der Hand nach Hause kommen.« Sie betrachtete den Klunker. »Obwohl er wunderschön ist.«
»Du brauchst ihn ja nicht sofort zu tragen. Gib den Kindern Gelegenheit, sich an den Gedanken zu gewöhnen, und dann trägst du deinen Ring.« Er lächelte, und dabei legte sich die Haut um seine Augen auf sehr anziehende Weise in Fältchen. Sein Lächeln war eins der Dinge, die Nel bewogen hatte, Ja zu sagen, als er sie das erste Mal um ein Rendezvous gebeten hatte. Sie hatte in den Jahren davor viele andere Einladungen abgelehnt. Damals hatte sie darin ein Zeichen gesehen, dass sie bereit war für eine neue Beziehung.
»Schließlich«, sagte er jetzt, »wird es deine Kinder nicht allzu sehr betreffen. Wir brauchen ja nicht umzuziehen oder so etwas. Ich könnte bei dir einziehen. Du hast reichlich Platz für uns beide, vor allem, wenn die Kinder tatsächlich aus dem Haus gehen.«
Ein schreckliches Erstickungsgefühl bemächtigte sich Nels. Sie gab sich alle Mühe, es beiseite zu schieben. Sie benahm sich nur deshalb so neurotisch, weil sie unter solchem Stress stand. Simon würde sie behüten. Simon würde nicht mit ihr schlafen, weil er sich ihres Einflusses versichern wollte. Er würde nicht ihr Alter und ihre Verzweiflung ausnutzen oder die Tatsache, dass sie eine sinnliche Frau war, die ihre Sinnlichkeit jahrelang unterdrückt hatte. Er würde es wahrscheinlich nicht einmal merken; sie hatte es ja selbst gerade eben erst entdeckt. Sie war so verwirrt. Wäre es nicht Wahnsinn von ihr, Simon und alles, wofür er stand, abzuweisen, weil sie verrückt genug gewesen war, sich in Jake zu verlieben?
»Du brauchst mir jetzt keine Antwort zu geben. Denk darüber nach. Besprich es zuerst mit den Jungen – nicht gleich mit Fleur. Sie ist so verwöhnt, dass sie bestimmt dagegen sein wird.«
Wie immer stellte Nel bei der geringsten Andeutung von Kritik an ihren Kindern die Stacheln auf. Sie zwang sich zur Ruhe. Fleur war verwöhnt. Erst vor wenigen Stunden hatte sie ihr eine sehr teure Jeans gekauft – aus keinem anderen Grund als dem,
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