Geschenke aus dem Paradies
»wollen Sie doch sicher keine billigen Buden vor ihrem Wellnesshotel, oder? Geschmackvolle Häuser gehobenen Anspruchs wären viel besser für das Image.«
»Ich glaube nicht, Nel«, sagte Kerry Anne. »Wir werden jeden Penny brauchen, den wir bekommen können, um das Kurhotel aufzubauen. Außerdem werde ich in Sachas Kosmetik investieren.« Sie bleckte bedrohlich die Zähne, zweifellos um nach Lippenstift darauf Ausschau zu halten. »Außerdem wird es eine Mauer zwischen dem Wellnesshotel und der Siedlung geben.«
»Oh.« Der flüchtige Hoffnungsschimmer, der an Nels Horizont aufgeblitzt war, verglomm.
Kerry Anne blickte genauer in den Spiegel, riss ihre Augen auf und musterte sich. Sie nahm nicht die kleinste Veränderung vor. »Nein, ich denke, der Plan, den Chris Mowbray vorschlägt, ist in Ordnung. Aber so oder so, ich werde mich wohl Pierce’ Entscheidung beugen müssen. Es ist schließlich sein Geld.«
»Wenn Sie mit ihm verheiratet sind, gehört die Hälfte Ihnen«, bemerkte Viv. »Wo haben Sie übrigens geheiratet? Wenn es in Kalifornien war, haben Sie im Falle einer Scheidung Anspruch auf die Hälfte von allem.«
»Es war in England. Und ich habe nicht die Absicht, mich scheiden zu lassen«, entgegnete Kerry Anne.
»Oh. Gut«, sagte Nel. Mit Mühe verkniff sie sich die Frage, warum Kerry Anne dann mit anderen Männern rummachte. »Wollen wir reingehen?«
Nel betrat den Raum mit durchgedrückten Schultern, fest entschlossen, unerschütterliches Selbstbewusstsein vorzutäuschen und es auf diese Weise zu gewinnen. Sie hatte alle Schönheitstipps, die die Frau mit dem weißen Lippenstift ihr gegeben hatte, in die Tat umgesetzt, und obwohl das ein Fehler hätte gewesen sein können, hatten zuerst Fleur und dann Viv ihren neuen Look abgesegnet.
Mehrere Mitglieder des Ausschusses saßen bereits, aber es gab noch eine Menge freier Plätze. Die Sekretärin erwartete offensichtlich mehrere Gäste. Widerwillig musste Nel sich eingestehen, dass sie sehr enttäuscht sein würde, falls Jake nicht einer davon war. Dann verzog sie das Gesicht. Ebenso gut hätte sie die Nase an ein Schaufenster drücken und sich nach Dingen sehnen können, die sie nicht haben konnte.
Pierce und Kerry Anne kamen zusammen herein. Nel lächelte Abraham zu, der mit einem anderen, jüngeren Mann eintrat, auch er bekleidet mit einem Anzug, obwohl er sich darin unwohl zu fühlen schien.
Christopher Mowbray trug als Vorsitzender nicht nur einen Anzug zur Schau, sondern eine Selbstgefälligkeit, für die Nel ihn am liebsten geohrfeigt hätte. Er nickte Nel und Viv zu und lächelte dabei auf eine Art und Weise, die in Nel den Wunsch weckte, ihn in der Regenbogenpresse verewigt zu sehen, verwickelt in einen schmutzigen Sexskandal. Schließlich war er, wenn er das Hospiz irgendwie in Gefahr brachte, eine Art Kinderschänder.
Der Pfarrer, den Nel in Gedanken immer Pater Ted nannte, lächelte in die Runde, und Muriel, Nels Freundin, warf Nel und Viv einen anerkennenden Blick zu. Offensichtlich war sie für die Schlacht gerüstet, ungeachtet der beiden Plastikhüften.
Dann trat ein weiterer Mann ein, der von Pierce wachsam und von Chris Mowbray begeistert begrüßt wurde. Nel schloss daraus, dass dies Gideon Freebody sein müsse. Abraham nickte ihm zu; er wirkte dabei zwiespältig, aber nicht aggressiv. Außerdem legte er ein Selbstbewusstsein an den Tag, das Nel bei früheren Sitzungen noch nie bei ihm erlebt hatte. Es war, als verliehe ihm die Rückkehr in das Baugeschäft das Ansehen und die Zuversicht, die ihm in dieser Welt zukamen.
Jake erschien als Letzter. Nel gestattete sich einen winzigen Blick in seine Richtung, als er sich setzte, sodass er nicht bemerkte, dass sie ihn ansah. Er trug einen absolut himmlischen Anzug. Ihr Herz – oder ihr Verlangen, welches von beiden es auch sein mochte – machte einen gefährlichen Satz bei seinem Anblick. Sie sah hastig auf den Tisch hinab und begann, auf ihrem Block herumzukritzeln. Wie sollte sie das durchstehen? Würde sie je über ihn hinwegkommen, wenn sein bloßer Anblick sie praktisch dahinschmelzen ließ? Aber nach dem heutigen Tag brauchst du ihn nicht mehr zu sehen, sagte sie sich. Wenn du heute diese Sitzung verlässt, brauchen sich eure Wege nie wieder zu kreuzen, vor allem, wenn du diese Gegend verlässt. Statt Erleichterung verspürte sie bei diesem Gedanken nur absolute Verzweiflung.
»Nun, meine Damen und Herren«, begann der Vorsitzende forsch zu sprechen, »ich weiß, ohne
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