Geschichte der deutschen Sprache
der Aufklärung erfolgt. Im Verwaltungsbereich nimmt die Loslösung vom Lateinischen ebenfalls ihren Lauf (wenn auch nicht eben rasch): Die wachsende Institutionalisierung und Bürokratisierung der städtischen Verwaltung bringt hierbei insbesondere deutschsprachige Schriftstücke in Form von Urkunden, Erlässen und Verordnungen hervor.
Die Entwicklung der deutschen Fachsprachen erfährt erst mit dem Ende des 17. Jahrhunderts (insbesondere im wissenschaftlichen, aber auch im technischen und institutionellen Bereich) ihren entscheidenden Fortschritt. Dabei ist die Fachkommunikation der Neuzeit durch verschiedene Faktoren geprägt: In geistesgeschichtlicher Hinsicht sind dies vor allem die Aufklärung mit ihrem Ideal eines in Denken und Handeln vernünftigen (d.h. eigenständigen und selbstverantwortlichen) Menschen, die Säkularisation, die zunehmend auch den Bereich von Schulen und Universitäten erreicht, oder die Romantik mit einer Reihe neuer Erkenntnisinteressen sowie ihrer durch Assoziativität geprägten wissenschaftlichen Methodik; weitere Strömungenwie der Positivismus oder die Postmoderne dürfen hier nicht unerwähnt bleiben. Nicht zu vergessen ist hier aber auch der Bereich der Schulen und Hochschulen selbst, der mit Einführung der allgemeinen Schulpflicht, der Etablierung eines mehrschichtigen Schulsystems sowie dem Ausbau des Hochschulbereichs eine deutliche Ausweitung erfährt. Hinzu kommt hier die Industrielle Revolution, die (durch praktische Umsetzung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse) in einem gewaltigen technischen Fortschritt besteht, der seinerseits durch die Herausbildung neuer Produktionsformen erhebliche gesellschaftliche und nicht zuletzt auch sprachliche Veränderungen mit sich bringt; dies gilt nicht zuletzt auch für die sog. Zweite Industrielle Revolution des Computerzeitalters und der Neuen Medien, deren Folgen für die sprachliche Kommunikation in unserer Gesellschaft noch nicht abschließend zu beurteilen sind.
Die Weiterentwicklung der technischen Bereiche und der angewandten Wissenschaften findet also in der Neuzeit ihre Fortsetzung und bringt ein umfangreiches Schrifttum im praxisorientierten Bereic h hervor. So gewinnen beispielsweise die handwerklichen und gewerblichen Berufe im Zuge des Merkantilismus bzw. der Kameralistik während des 18. Jahrhunderts ein weiteres Mal an Bedeutung und erfahren dabei zunehmende theoretische Begründung wie staatliche Einflussnahme. In Folge dessen liegen bereits seit dem Ende des 18. Jahrhunderts zahlreiche Werke volkswirtschaftlicher Herkunft, daneben aber auch eine ganze Reihe an Handwerks- und Industriebeschreibungen vor. Da sich im 19. Jahrhundert neben den bereits etablierten zahlreiche neue handwerkliche und technische Fachbereiche herausbilden und die Kommunikation unter diesen Bereichen zunimmt, entsteht nun eine Vielzahl neuer Fachsprachen – nicht allein innerhalb dieser Bereiche selbst, sondern auch auf den inner- und zwischenbetrieblichen Kommunikationswegen oder zwischen Handel und Gewerbe. Sowohl die Zunahme wissenschaftlicher und technischer Anwendungen als auch die Differenzierung und Interferenz wissenschaftlicher und technischer Berufe setzen sich im 20. Jahrhundert fort. So lassen sich fachliche und kommunikative Differenzierungen und Interferenzenbeispielsweise zwischen Chemie und Physik einerseits sowie Land- und Forstwirtschaft andererseits oder zwischen der Medizin und der Elektrotechnik nachweisen. Diese und andere sind für eine weitere Expansion fachsprachlicher Kommunikation im deutschen Sprachraum verantwortlich.
Neben dem praxisorientierten ist auch der genuin wissenschaftliche Bereich in der Neuzeit von erheblichen Veränderungen betroffen. Zum einen zeigt er eine zunehmende Unabhängigkeit von Theologie und Kirche, wobei neben der Philosophie vor allem die naturkundlichen Fächer die Aufgabe einer allgemeinen Erklärung der Welt übernehmen. Im Rahmen dieser Entwicklung nimmt die Zahl der Fakultäten zu: Die Philosophie emanzipiert sich in einer eigenen Fakultät von der Theologie; die Naturwissenschaften (vormals den Artes liberales zuzurechnen) werden zunächst im Rahmen von Philosophie und Medizin betrieben und bilden im Verlaufe des 19. Jahrhunderts eine eigene Fakultät, was letztlich zu einer erheblichen Verselbständigung ihres Sprachgebrauchs beiträgt. Im weiteren Verlauf der Entwicklung an den Hochschulen bilden sich darüber hinaus die neueren Geistes- und Gesellschaftswissenschaften (wie
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