Geschichte der deutschen Sprache
vergleichbar) als internationale Universalsprache nicht zuletzt auch innerhalb der Fachkommunikation etabliert hat. Die internationale Ausbreitung des Englischen macht sich in der deutschen Fachkommunikation auf unterschiedliche Art und Weise bemerkbar: So erscheinen nun zum einen innerhalb deutschsprachiger Fachtexte häufig englischsprachige Fachwörter, ohne dass diese übersetzt werden (etwa
tourist information
,
business
,
computer
oder
compliance
). Und zum anderen gehen fachliche Veröffentlichungen in deutscher Sprache gegenüber solchen in englischer Sprache zurück, wobei jedoch zwischen verschiedenen Fachbereichen und Kommunikationsebenen unterschieden werden muss: So erfreuen sich die deutschen Fachsprachen in den Bereichen nationaler und eher anwendungsorientierter Kommunikation noch immer großer Beliebtheit (nicht zuletzt auch, um fremdsprachliche Kommunikationsbarrierenzu vermeiden), während sie auf internationaler und eher grundlagenbezogener Ebene mehr und mehr durch den Gebrauch des Englischen zurückgedrängt werden. Dies gilt insbesondere für naturwissenschaftliche Fächer wie Medizin oder Physik; die geisteswissenschaftlichen Fächer wie Philosophie oder Geschichte haben sich da etwas mehr von ihrer nationalen Vielsprachigkeit erhalten können.
Fazit
Sprachliche Einheit oder Vielfalt?
– Die Anfänge der deutschen Standardsprache der Gegenwart gehen nicht auf die mittelhochdeutsche Dichtersprache, sondern auf Kanzleisprachen der frühen Neuzeit zurück; ihre Entwicklung selbst ist durch zahlreiche Faktoren und einen lang andauernden Normierungsprozess auf verschiedenen Sprachebenen bestimmt. Die derzeit gültigen Regeln in Aussprache, Rechtschreibung und Grammatik sind im Wesentlichen ein Ergebnis normativer und deskriptiver Bemühungen des 19. und 20. Jahrhunderts und stehen unter dem Druck neuer Entwicklungstendenzen der Gegenwartssprache (die Zukunft der deutschen Dialekte scheint dabei gesichert, ist im Einzelnen indessen ungewiss). Die Sprache der Dichtung entfaltet insbesondere im 18. Jahrhundert sowie zur Zeit der Weimarer Klassik eine Vorbildfunktion für die allgemeine Literatur- und Standardsprache, während sie deren Gebrauch im weiteren Verlauf dann zunehmend in Frage stellt und bisweilen nach alternativen Ausdrucksmöglichkeiten sucht. Der fachsprachliche Bereich ist demgegenüber von Beginn an durch eine ständige Zunahme an einzelnen Varietäten gekennzeichnet; dies gilt insbesondere auch für die Zeit des Ausbaus nationaler Wissenschaftssprachen seit dem 17. Jahrhundert, in der das Lateinische in ganz Europa wie auch in Deutschland mehr und mehr (wenn auch nicht vollständig) verdrängt wird. Im Zuge der Globalisierung und der internationalen Bedeutung des Englischen ist die nationale und internationale Bedeutung der deutschen Fachsprachen indessen wieder rückläufig. Im Ganzen betrachtet, ist das Deutsche also im Verlauf seiner Geschichte ebenso von einer zunehmenden sprachlichen Einheit wie von einer wachsenden sprachlichen Vielfalt betroffen.
6. Eine Geschichte in Etappen
6.1 Sprachwandel und Zeitgrenzen
Die Geschichte der deutschen Sprache wird oft in mehrere zeitliche Abschnitte, sog. sprachgeschichtliche Perioden, eingeteilt. Dabei sind die Ziele solcher Periodisierungsvorschläge , die mitunter recht deutlich voneinander abweichen, vielfältig: Sie sind zum einen didaktisch motiviert, indem sie die lange Zeitspanne deutscher Sprachgeschichte in mehr oder weniger übersichtliche Epochen einteilen und somit die Fülle des Stoffes für Forschung und Lehre einigermaßen übersichtlich halten. Zum anderen sind sie linguistisch motiviert, sofern mit der Einteilung in zeitliche Epochen und Etappen auch die Vorstellung einer tatsächlichen (mehr oder weniger starken) Veränderung der Sprache verbunden ist. Und sie sind letztlich oft auch ideologisch motiviert, wenn mit der Einteilung in zeitliche Abschnitte nicht nur ein bestimmtes Erkenntnisinteresse, sondern auch ein politischer Darstellungs- oder Überzeugungswille einhergeht.
Die zwei bekanntesten Periodisierungen , die noch bis in die Gegenwart prägend sind, stammen aus dem 19. Jahrhundert: Die ältere der beiden wurde bereits in der ersten Hälfte des Jahrhunderts von Jacob Grimm entwickelt und umfasst drei Abschnitte: Das
Althochdeutsche
(600–1100), das
Mittelhochdeutsche
(1100–1450) und das
Neuhochdeutsche
(1450 bis heute). Auch die Bezeichnungen gehen auf Grimm zurück, wobei sich der erste
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