Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
sie aus ganz gewöhnlichen Dingen.
Die Kälte beim Wechselfieber nannten sie Chucchu (Zittern), die Hitze Rupa (Brennen). Außerdem wendeten sie gewisse Pflanzen
als Heilmittel an: so das Harz eines gewissen Baumes, Mulli genannt, zur Heilung von Wunden; die Wirkungen dieses Harzes sollen
wahrhaft wunderbar gewesen seyn. Das Kraut Chillca machte man auf einer Pfanne heiß und legte es auf, um erfrorene Glieder
zu heilen. – Ferner bedienten sie sich einer gewissen dem Hundszahn ähnlichen Wurzel, um die Zähne und das Zahnfleisch zu
stärken und zwar auf folgende Weise: sie rösteten die Wurzel am Feuer, rissen dieselbe glühend heiß mit den Zähnen auseinander,
legten sie zwischen das Zahnfleisch und ließen sie bis zur Erkaltung liegen. Sie nahmen diese Operation gewöhnlich vor wenn
sie sich des Abends zu Bette legten, am andern Morgen sah ihr Zahnfleisch wie gekocht aus. Diese Wurzel brannte so sehr, daß
sie große Schmerzen auszustehen hatten und sie zwei bis drei Tage nur Flüssigkeiten genießen konnten. War das verbrannte Zahnfleisch
abgefallen, so bildete sich darunter ein schönes frisches. Auf diese Weise erneuern sie dasselbe von Zeit zu Zeit. Die Tabakspflanze,
(Sayri) diente ihnen ebenfalls zu verschiedenen Zwecken; sie schnupften sie um das Gehirn zu reinigen; außerdem hatte sie
noch manche gute Eigenschaft, wie wir jetzt noch sehen, und sie nannten sie deßhalb auch die heilige Pflanze. Eine andere
Pflanze, Mareellu genannt, wurde zur Heilung der Augen gebraucht und ihre Wirkung soll ans Wunderbare gränzen; sie wächst
an dem Rande der Bäche, wird nur einen Fuß hoch und hat an jedem Stengel nur ein einziges rundes Blatt. Auch wurde sie von
den Indianern gegessen und ihr Geschmack soll sehr angenehm seyn. Sie machten, wenn sie dieselbe anwenden wollten, daraus
auf folgende Weise eine Art Pflaster. Man kaute sie, legte sie kurz vor dem Schlafengehen auf das kranke Auge und band den
Umschlag mit einem Tuch fest; sie vertrieb alsbald den Schmerz, so heftig er auch war, und hob überhaupt dasAugenübel sehr schnell. Garcilasso de la Vega führt mehrere wunderbare Curen an, die er selbst damit machte. Das Auge eines
jungen Menschen war so schlimm, daß es ihm aus der Augenhöhle heraushing, dabei war es heftig entzündet und eine Geschwulst
fiel bis auf die Wange herab, so daß man das Weiße des Auges von der Pupille nicht zu unterscheiden vermochte. Schon in der
ersten Nacht, in welcher Garcilasso ihm das Kraut auflegte, trat das Auge in die Höhle zurück und nach der zweiten Nacht war
es völlig geheilt. Er traf diesen Menschen später in Spanien wieder und erhielt von demselben die Versicherung, daß er mit
dem geheilten Auge besser als mit dem andern sehe. – Ein anderer Spanier stand nach Garcilasso's Versicherung auf dem Punkte
das Auge zu verlieren und heilte es innerhalb zweier Nächte mit demselben Kraute. – Ueberhaupt bedienten sich die Indianer
bei ihren Curen nur einfacher, keiner zusammengesetzten Arzneimittel. Dabei vernachlässigten sie es nicht die Mittel hauptsächlich
kennen zu lernen, durch welche die Gesundheit erhalten wird.
Von Geometrie verstanden sie etwas, weil sie deren zur Vermessung der Felder und zur Vertheilung derselben bedurften; übrigens
war diese Geometrie eine rein praktische und sie gebrauchten dabei das Winkelmaaß, die Knoten (Quipus) und kleine Steinchen;
die beiden letzten dienten ihnen zum Zählen.
In der Geographie hatten sie ziemliche Kenntnisse, sie verstanden die Pläne ihrer Städte, so wie Modelle oder Panoramas ihrer
Provinzen zu verfertigen. Garcilasso erzählt, er habe ein Panorama der Stadt Cuzco mit einem Theile der Umgebung und den vier
Hauptstraßen gesehen. Das ganze Werk war aus Erde Steinen und kleinen Stäbchen zusammengesetzt; die Plätze, die Häuserquadrate,
die Straßen und selbst die drei Flüsse welche die Stadt durchschnitten, waren darauf mit bewunderungswürdiger Genauigkeit
dargestellt. Man erblickte die umliegenden Berge und Hügel, die Ebenen, Flüsse, Bäche und alles so naturgetreu, wie es der
beste Kosmograph nur immer liefern kann.
Ihre Arithmetik verdiente Bewunderung; mit den Fäden und Knoten führten sie die vier Species aus, addirten, subtrahirten multiplicirten
und dividirten damit. Auf diese Weise berechneten sie die Tribute und Abgaben; sie wußten genau was jede Stadtzu liefern hatte und machten die Vertheilung vermittelst Steinchen oder
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