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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Arbeiter der Fabriken und Werkstätten wie auch die aufständischen Truppen müssen sofort ihre Vertreter in die revolutionäre Provisorische Regierung wählen". Das Manifest war im offiziellen Organ des Sowjets ohne Kommentare und Widerreden abgedruckt worden, als betreffe es nur eine akademische Frage. Doch auch die leitenden Bolschewiki verliehen ihrer Losung rein demonstrative Bedeutung. Sie handelten nicht wie Vertreter einer proletarischen Partei, die sich zum selbständigen Kampf um die Macht vorbereitet, sondern als linker Flügel der Demokratie, der, seine Prinzipien verkündend, die Absicht hat, während einer unbestimmt langen Zeit die Rolle der loyalen Opposition zu spielen.
    Suchanow behauptet, daß in der Sitzung des Exekutivkomitees vom 1. März im Zentrum der Beratungen nur die Bedingungen der Machtübergabe standen: gegen die Tatsache der Bildung einer bürgerlichen Regierung selbst hätte sich keine einzige Stimme erhoben, ungeachtet dessen, daß im Exekutivkomitee von den 39 Mitgliedern 11 zu den Bolsche-wiki und den diesen Nahestehenden zählten, darunter drei Mitglieder des Zentrums, Salutzki, Schljapnikow und Molo-tow.
    Am nächsten Tage stimmten im Sowjet, nach einem Bericht Schljapnikows selbst, von den anwesenden 400 Deputierten im ganzen 19 Mann gegen die Übergabe der Macht an die Bourgeoisie, während die bolschewistische Fraktion bereits an die 40 Mann zählte. Die Abstimmung an sich verlief vollkommen unbemerkt, in formell-parlamentarischer Ordnung, ohne klare Gegenvorschläge seitens der Bolschewiki, ohne Kampf und ohne jegliche Agitation in der bolschewistischen Presse.
    Am 4. März beschloß das Büro des Zentralkomitees eine Resolution über den konterrevolutionären Charakter der Provisorischen Regierung und die Notwendigkeit, den Kurs auf die demokratische Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft zu halten. Das Petrograder Komitee, das nicht ohne Grund diese Resolution als akademisch bezeichnete, da sie überhaupt nicht sagte, was im Augenblick zu tun sei, ging an das Problem vom entgegengesetzten Ende heran. "Der vom Sowjet angenommenen Resolution über die Provisorische Regierung Rechnung tragend", erklärte es, "der Macht der Provisorischen Regierung nicht entgegenzuwirken, insofern wie ..." Im wesentlichen war es die Position der Menschewiki und Sozialrevolutionäre, nur auf die zweite Schützengrabenlinie zurückverlegt. Die offen opportunistische Resolution des Petrograder Komitees widersprach nur der Form nach der Position des Zentralkomitees, deren akademischer Charakter nichts anderes bedeutete als die politische Versöhnung mit der vollzogenen Tatsache.
    Die Bereitschaft, sich schweigend oder mit einem Vorbehalt vor der Regierung der Bourgeoisie zu verneigen, fand keineswegs ungeteilte Sympathie in der Partei. Die bolschewistischen Arbeiter stießen sogleich auf die Provisorische Regierung wie auf eine feindliche Feste, die sich plötzlich auf ihrem Wege erhob. Das Wyborger Komitee führte tausendköpfige Versammlungen von Arbeitern und Soldaten durch, die fast einstimmig Resolutionen über die Notwendigkeit der Machtergreifung durch den Sowjet annahmen. Ein aktiver Teilnehmer dieser Agitation, Dingelstedt, bezeugt: "Es gab kein Meeting, keine Arbeiterversammlung, die unsere Resolutionen dieses Inhalts abgelehnt haben würde, wenn nur irgend jemand dagewesen wäre, sie einzubringen." Menschewiki und Sozialrevolutionäre fürchteten sich in der ersten Zeit, mit ihrer Fragestellung die Macht betreffend vor einem Arbeiter- und Soldatenauditorium offen aufzutreten. Die Resolution der Wyborger wurde in Anbetracht ihres Erfolges gedruckt und plakatiert. Das Petrograder Komitee aber belegte diese Resolution mit einem direkten Verbot, und die Wyborger mußten nachgeben.
    In der Frage des sozialen Inhalts der Revolution und der Perspektiven ihrer Entwicklung war die Position der bolschewistischen Leitung nicht minder verworren. Schljapnikow berichtet: "Wir waren mit den Menschewiki darin einig, daß wir den Moment eines revolutionären Bruches der Feudal- und Leibeigenschaftsverhältnisse durchleben und daß diese durch verschiedene, den bürgerlichen Verhältnissen eigene "Freiheiten" abgelöst werden." Die Prawda schrieb in ihrer ersten Nummer: "Die Grundaufgabe ist ... Einführung des demokratisch-republikanischen Regimes." In seiner Weisung an die Arbeiterdeputierten verkündete das Moskauer Komitee: "Das Proletariat ist bestrebt, die Freiheit für den Kampf um den

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