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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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bis zum Herzen der revolutionären Demokratie - dem Exekutivkomitee-, waren von der Neuigkeit erfüllt: dem Siege der gemäßigten, vernünftigen Bolschewi-ki über die Extremen. Im Exekutivkomitee selbst empfing man uns mit giftigem Lächeln ... Als diese Nummer der Prawda in die Fabriken gelangte, rief sie unter den Mitgliedern unserer Partei und den mit ihr Sympathisierenden tiefes Erstaunen hervor und höhnende Freude bei den Gegnern ... Die Empörung in den Bezirken war groß, und als die Proletarier erfuhren, daß die Prawda von drei aus Sibirien angekommenen früheren Leitern des Blattes eigenmächtig übernommen worden sei, verlangten sie deren Ausschluß aus der Partei."
    Die Prawda war bald gezwungen, einen scharfen Protest der Wyborger abzudrucken: "Wenn sie [die Zeitung] nicht das Vertrauen der Arbeiterviertel verlieren will, so muß und wird sie das Licht des revolutionären Bewußtseins tragen, so grell es den bürgerlichen Eulen auch sein mag." Proteste von unten veranlaßten die Redaktion, etwas vorsichtiger in den Ausdrücken zu sein, nicht aber die Politik zu ändern. Sogar Lenins erster Artikel, der inzwischen aus dem Auslande angekommen war, berührte das Bewußtsein der Redaktion nicht. Der Kurs ging auf der ganzen Linie nach rechts. "In unserer Agitation", erzählt Dingelstedt, ein Vertreter des linken Flügels, "mußten wir dem Prinzip der Doppelherrschaft Rechnung tragen ... und die Unvermeidlichkeit dieses Umweges jener Arbeiter- und Soldatenmasse nachzuweisen suchen, die während eines halben Monats intensiven politischen Lebens in einem ganz anderen Begriff ihrer Aufgaben erzogen worden war."
    Die Politik der Partei im ganzen Lande glich sich naturgemäß der Prawda an. In vielen Sowjets wurden jetzt Resolutionen über grundlegende Fragen einstimmig angenommen: die Bolschewiki beugten sich einfach der Sowjetmehrheit. Auf der Sowjetkonferenz des Moskauer Bezirks schlossen sich die Bolschewiki der Resolution der Sozialpatrioten über den Krieg an. Schließlich stimmten die Bolschewiki auf der Allrussischen Konferenz der Vertreter von 82 Sowjets in Petrograd, Ende März und Anfang April, für die offizielle, von Dan befürwortete Resolution über die Macht. Diese merkwürdige politische Annäherung an die Menschewiki lag im Wesen der breit herausgebildeten Vereinigungstendenzen. In der Provinz vereinigten sich Bolschewiki und Menschewiki in gemeinsamen Organisationen. Die Fraktion Kamenjew-Stalin verwandelte sich immer mehr in die linke Flanke der sogenannten revolutionären Demokratie und schloß sich der Mechanik des parlamentarischen Hinter-den-Kulissen-"Drucks" auf die Bourgeoisie an, diesen durch einen Druck hinter den Kulissen auf die Demokratie ergänzend.
    Der ausländische Teil des Zentralkomitees und die Redaktion des Zentralorgans Sozialdemokrat bildeten das geistige Zentrum der Partei. Lenin, mit Sinowjew als Helfer, trug die ganze leitende Arbeit. Äußerst verantwortliche Sekretärpflichten erfüllte Lenins Frau, Krupskaja. In der praktischen Arbeit stützte sich dieses kleine Zentrum auf die Hilfe einiger Dutzend zu den Bolschewiki gehörender Emigranten. Die Abgetrenntheit von Rußland wurde im Kriege um so unerträglicher, je enger die Militärpolizei der Entente ihre Kreise zog. Der Ausbruch der Revolution, den man lange und gespannt erwartet hatte, kam überraschend. England lehnte kategorisch die Durchlassung der EmigrantenInternationalisten, über die es sorgfältigst Listen führte, nach Rußland ab. Lenin raste im Züricher Käfig, nach einem Ausweg suchend. Unter Hunderten von Plänen, die einander ablösten, gab es auch den, auf den Paß eines taubstummen Skandinaviers zu reisen. Gleichzeitig läßt Lenin keine Gelegenheit vorübergehen, seine Stimme aus der Schweiz hören zu lassen. Schon am 6. März telegraphiert er über Stockholm nach Petrograd: "Unsere Taktik: restloses Mißtrauen, keinerlei Unterstützung der neuen Regierung; Kerenski mißtrauen wir besonders; Bewaffnung des Proletariats die einzige Garantie; unverzüglich Wahlen in die Petrograder Duma; keine Annäherung an andere Parteien." Allein die Erwähnung der Wahlen für die Duma, statt für den Sowjet, hatte in dieser ersten Direktive episodischen Charakter und kam bald in Wegfall; die übrigen Punkte, mit telegraphischer Bestimmtheit ausgedrückt, gehen schon vollständig die allgemeine Richtung der Politik wieder. Gleichzeitig beginnt Lenin, an die Prawda seine Briefe aus der Ferne zu senden, die, auf

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