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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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bestand ihr ganzes Wesen darin, der Gier des Krämers und Wucherers einen möglichst freiheitlichen Ausdruck zu verleihen. Das Sowjetdokument, dem man eine gewisse simple Aufrichtigkeit der Beweggründe nicht absprechen kann, geriet fatalerweise auf das ausgefahrene Gleis der offiziellen französischen Heuchelei. Das Manifest versprach "standhaft unsere eigene Freiheit zu verteidigen" gegen den ausländischen Militarismus. Gerade damit aber gingen die französischen Sozialpatrioten seit August 1914 rückwärts. "Es ist für die Völker die Zeit gekommen, über die Frage des Krieges und des Friedens selbst zu entscheiden", verkündete das Manifest, deren Verfasser soeben im Namen des russischen Volkes die Lösung dieser Frage der Großbourgeoisie überlassen hatten. Die Arbeiter Deutschlands und Österreich-Ungarns forderte das Manifest auf: "Weigert euch, ein Werkzeug der Eroberungen und Vergewaltigungen in den Händen der Könige, Gutsbesitzer und Bankiers zu sein!" In diesen Worten lag die Quintessenz der Lüge, denn die Häupter des Sowjets dachten nicht daran, ihr eigenes Bündnis mit den Königen von Großbritannien, Belgien, mit dem Kaiser von Japan, mit den Gutsbesitzern und Bankiers, ihren eigenen sowohl wie denen der Ententeländer, zu zerreißen. Nachdem sie die Leitung der Außenpolitik an Miljukow abgetreten hatten, der sich vor kurzem noch anschickte, Ostpreußen in ein russisches Gouvernement zu verwandeln, riefen die Führer des Sowjets die deutschen und österreich-ungarischen Arbeiter auf, dem Beispiel der russischen Revolution zu folgen. Die theatralische Verurteilung des Krieges änderte nichts: auch der Papst beschäftigte sich damit. Mit Hilfe pathetischer Phrasen, gerichtet gegen die Schatten von Bankier, Gutsbesitzer und König, verwandelten die Versöhnler die Februarrevolution in ein Werkzeug der realen Könige, Gutsbesitzer und Bankiers. Schon in seinem Begrüßüngstelegramm an die Provisorische Regierung bewertete Lloyd George die Russische Revolution als einen Beweis dafür, daß "der gegenwärtige Krieg in seinem Wesen ein Kampf um Volksregierung und Freiheit ist". Das Manifest vom 14. März solidarisierte sich "in seinem Wesen" mit Lloyd George und leistete der militaristischen Propaganda in Amerika wertvolle Hilfe. Dreifach Recht hatte die Zeitung Miljukows, als sie schrieb, daß "der Aufruf, der mit so typisch pazifistischen Tönen beginnt, im wesentlichen auf die uns mit allen unseren Verbündeten gemeinsame Ideologie hinausläuft". Wenn die russischen Liberalen trotzdem mehr als einmal das Manifest wütend angriffen und die französische Zensur es überhaupt nicht passieren ließ, so war das von der Angst vor jener Deutung hervorgerufen, die diesem Dokument die revolutionären, aber noch vertrauensseligen Massen gaben.
    Das von einem Zimmerwalder verfaßte Manifest kennzeichnete den prinzipiellen Sieg des patriotischen Flügels. In der Provinz griffen die Sowjets das Signal auf Die Losung "Krieg dem Kriege" wurde als unzulässig erklärt. Sogar am Ural und in Kostroma, wo die Bolschewiki stark waren, erhielt das patriotische Manifest einstimmige Billigung. Nicht verwunderlich: hatten doch auch im Petrograder Sowjet die Bolschewiki diesem verlogenen Dokument keinen Widerstand geleistet.
    Nach einigen Wochen war man gezwungen, eine Teilzahlung auf den Wechsel zu leisten. Die Provisorische Regierung gab eine Kriegsanleihe heraus, die allerdings "Freiheitsanleihe" genannt wurde. Zeretelli wies nach, daß, da die Regierung "im großen und ganzen" ihren Verpflichtungen nachkomme, die Demokratie die Anleihe unterstützen müsse. Im Exekutivkomitee vereinigte der oppositionelle Flügel mehr als ein Drittel der Stimmen auf sich. Doch im Plenum des Sowjets stimmten am 22. April gegen die Anleihe nur 112 von annähernd 2.000 Deputierten. Daraus zog man manchmal den Schluß: das Exekutivkomitee sei linker als der Sowjet. Das war aber falsch. Der Sowjet war nur ehrlicher als das Exekutivkomitee. Ist der Krieg die Verteidigung der Revolution, dann muß man Geld für den Krieg geben, muß man die Anleihe unterstützen. Das Exekutivkomitee war nicht revolutionärer, sondern verschlagener. Es lebte von Zweideutigkeiten und Ausreden. Die von ihm geschaffene Regierung unterstützte es "im großen und ganzen" und übernahm die Verantwortung für den Krieg nur "insofern wie". Diese kleinen Schlauheiten waren den Massen fremd. Die Soldaten konnten weder kämpfen "insofern wie" noch sterben "im großen

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