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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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und ganzen".
    Um den Sieg des Staatsgedankens über die Wahnidee zu festigen, wurde General Alexejew, der am 5. März geplant hatte, die Propagandistenbanden zu erschießen, am 1. April offiziell an die Spitze der bewaffneten Macht gestellt. Von nun an war alles in Ordnung. Der Inspirator der Außenpolitik des Zarismus, Miljukow, war Minister des Auswärtigen. Der Befehlshaber der Armee unter dem Zaren, Alexejew, Oberkommandierender der Revolution. Die Nachfolgeschaft war damit vollständig hergestellt.
    Gleichzeitig waren die Sowjetführer durch die Logik der Lage gezwungen, die Maschen des Netzes aufzulösen, das sie selbst geflochten. Die offizielle Demokratie hatte eine Todesangst vor jenen Kommandeuren, die sie duldete und stützte. Sie konnte nicht anders, als diesen eine Kontrolle entgegenzustellen, wobei sie bestrebt war, sie in den Soldaten zu verankern und gleichzeitig möglichst unabhängig von diesen zu machen. In der Sitzung vom 6. März erklärte das Exekutivkomitee es als wünschenswert, bei allen Truppenteilen und militärischen Ämtern eigene Kommissare einzuführen. So entstand eine dreifache Verbindung: die Truppenteile delegierten ihren Vertreter in den Sowjet; das Exekutivkomitee schickte seine Kommissare in die Truppenteile, und schließlich wurde an die Spitze jedes Truppenteils ein gewähltes Komitee gestellt, das so etwas wie eine untere Zelle des Sowjets bildete.
    Eine der wichtigsten Aufgaben der Kommissare bestand in der Überwachung der politischen Zuverlässigkeit der Stäbe und des Kommandobestandes. "Das demokratische Regime hat bald das selbstherrliche übertroffen", entrüstet sich Denikin und fügt prahlend gleich hinzu, wie geschickt sein Stab die chiffrierte Korrespondenz der Kommissare mit Petrograd abfing und ihm übermittelte. Monarchisten und Verteidiger der Leibeigenschaft auf die Finger zu schauen -was kann es Empörenderes gehen? Etwas anderes ist, die Korrespondenz der Kommissare mit der Regierung zu stehlen. Wie es auch mit der Moral bestellt gewesen sein mag, die inneren Beziehungen des leitenden Armeeapparates treten in aller Kraßheit hervor: beide Parteien fürchten einander und überwachen sich feindselig. Sie verbindet nur die gemeinsame Angst vor den Soldaten. Selbst die Generale und Admirale, wie ihre weiteren Pläne und Hoffnungen auch gewesen sein mochten, sahen klar, daß es ihnen ohne demokratische Deckung nicht gut gehen würde. Die Bestimmungen über die Komitees bei der Flotte wurden von Koltschak ausgearbeitet. Er rechnete damit, sie später zu erdrosseln. Da man aber heute keinen Schritt ohne die Komitees machen konnte, kam Koltschak beim Hauptquartier um deren Bestätigung ein. In ähnlicher Weise schickte General Markow, einer der späteren weißen Heerführer, Anfang April an das Ministerium einen Entwurf betreffend die Einsetzung von Kommissaren zur Überwachung der Loyalität des Kommandobestandes. So brachen unter dem Ansturm der Revolution die "uralten Gesetze der Armee", das heißt die Traditionen des militärischen Bürokratismus, wie Strohhalme zusammen.
    Die Soldaten gingen vom anderen Ende an die Komitees heran und schlossen sich um sie zusammen gegen den Kommandobestand. Und wenn auch die Komitees die Kommandeure gegen die Soldaten schützen, so doch nur bis zu einer bestimmten Grenze. Die Lage des Offiziers, der mit dem Komitee in Konflikt geraten war, wurde unerträglich. So entstand das ungeschriebene Gesetz der Soldaten, die Befehlshaber absetzen zu können. An der Westfront mußten nach Denikins Bericht bis Anfang Juli an die sechzig alte Befehlshaber, vom Korpskommandeur bis zum Regimentskommandeur, abtreten. Ähnliche Absetzungen erfolgten auch innerhalb der Regimenter.
    Inzwischen ging im Kriegsministerium, im Exekutivkomitee, in den Sitzungen der Kontaktkommission eine mühselige Kanzleiarbeit vonstatten, die die Aufgabe hatte, "vernünftige" Formen der Beziehungen in der Armee zu schaffen und die Autorität der Vorgesetzten zu heben durch Herabminderung der Bedeutung der Armeekomitees auf eine untergeordnete, hauptsächlich wirtschaftliche Rolle. Aber während die erhabenen Führer mit dem Schatten eines Besens den Schatten der Revolution säuberten, entfalteten sich die Komitees zu einem mächtigen zentralisierten System, das bis zum Petrograder Exekutivkomitee hinaufreichte und diesem organisatorisch die Macht über die Armee sicherte. Diese Macht nutzte jedoch das Exekutivkomitee hauptsächlich dazu aus, um die Armee mittels der

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