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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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infolge der mangelnden Aufgeklärtheit und Organisiertheit des Proletariats, die Macht der Bourgeoisie ausgeliefert hat zu ihrer zweiten Etappe, die die Macht in die Hände des Proletariats und der ärmsten Schicht der Bauernschaft geben muß."
    Nach der Prawda beschränkte die Konferenz die Aufgaben der Revolution auf demokratische Umwandlungen, zu verwirklichen durch die Konstituierende Versammlung. Im Gegensatz dazu erklärte Lenin: "Das Leben und die Revolution rücken die Konstituierende Versammlung in den Hintergrund ... Die Diktatur des Proletariats existiert, aber man weiß nicht, was mit ihr anfangen."
    Die Delegierten tauschten Blicke aus, flüsterten einander zu, Iljitsch hätte zu lange im Auslande gesessen, habe sich nicht umgesehen, kenne sich nicht aus. Aber Stalins Referat über die weise Arbeitsteilung zwischen Regierung und Sowjet versank sogleich und für immer in die nie wiederkehrende Vergangenheit. Stalin selbst schwieg. Hinfort wird er lange schweigen müssen. Verteidigen wird sich nur Kamenjew.
    Schon von Genf aus hatte Lenin in Briefen gewarnt, daß er bereit sei, mit jedem zu brechen, der in den Fragen des Krieges, des Chauvinismus und des Versöhnlertums der Bourgeoisie Konzessionen machen sollte. Jetzt, angesichts der führenden Schicht der Partei, eröffnet Lenin den Angriff auf der ganzen Linie. Anfangs nennt er noch keinen der Bol-schewiki beim Namen. Braucht er ein lebendes Beispiel der Falschheit oder Halbheit, dann zeigt er mit dem Finger auf die außerhalb der Partei Stehenden, Stecklow oder Tschcheidse. Das ist die übliche Art Lenins: niemand vorzeitig auf eine Position festzunageln, um den Vorsichtigen Zeit zu lassen, schweigend das Feld zu räumen, und damit die späteren offenen Gegner von vornherein zu schwächen. Kamenjew und Stalin meinten, nach dem Februar verteidigen der Soldat und der Arbeiter durch Teilnahme am Kriege die Revolution. Lenin meint, Soldat und Arbeiter nähmen am Kriege, wie bisher, als unterjochte Sklaven des Kapitals teil. "Sogar unsere Bolschewiki", sagt Lenin, die Kreise um die Gegner enger ziehend, "beweisen Vertrauensseligkeit gegenüber der Regierung. Das kann man nur mit dem Rausch der Revolution erklären. Das ist der Zusammenbruch des Sozialismus ... Wenn dem so ist, trennen sich unsere Wege. Dann bliebe ich lieber in der Minderheit!" Das ist keine leere oratorische Drohung. Das ist ein klar und bis zu Ende überlegter Weg.
    Ohne Kamenjew und Stalin beim Namen zu nennen, ist Lenin jedoch gezwungen, die Zeitung zu erwähnen: "Die Prawda fordert von der Regierung, sie solle auf Annexionen verzichten. Von einer Regierung der Kapitalisten verlangen, sie soll auf Annexionen verzichten - ist Unsinn, schreiender Hohn ... " Die zurückgehaltene Empörung bricht hier auf einer hohen Note durch. Doch der Redner nimmt sich sofort wieder zusammen: er will nicht weniger sagen als nötig, aber auch nicht mehr. Beiläufig, flüchtig gibt Lenin unvergleichliche Regeln revolutionärer Politik: "Wenn die Massen erklären, sie wollen keine Eroberungen, glaube ich ihnen. Wenn Gutschkow und Lwow sagen, sie wollen keine Eroberungen - sind sie Betrüger. Wenn der Arbeiter sagt, er wolle die Verteidigung des Landes, spricht aus ihm der Instinkt des unterdrückten Menschen."
    Über den Aufruf des Sowjets An die Völker der ganzen Welt, der seinerzeit der liberalen Zeitung Rjetsch Anlaß gegeben hatte, zu erklären, das Thema Pazifismus entwickle sich bei uns zu einer uns und unseren Verbündeten gemeinsamen Ideologie, drückte sich Lenin präziser und krasser aus: "Was in Rußland eigenartig ist, das ist der gigantisch schnelle Übergang von rohester Willkür zu feinstem Betrug."
    "Dieser Aufruf", schrieb Stalin über das Manifest, "wird, wenn er die breiten Massen (des Westens) erreicht, zweifellos Hunderte und Tausende Arbeiter bewegen, zu der in Vergessenheit geratenen Parole "Proletarier aller Länder, vereinigt euch" zurückzukehren."
    "In dem Aufruf des Sowjets", erwiderte Lenin, "ist kein Wort, das von Klassenbewußtsein durchdrungen ist. Es ist eine einzige Phrase." Das Dokument, auf das die hausbackenen Zimmerwalder so stolz waren, ist in Lenins Augen eine Waffe "feinsten Betruges".
    Bis zu Lenins Ankunft hatte die Prawda die Zimmerwalder Linke überhaupt nicht erwähnt. Sprach sie von der Internationale, sagte sie nicht, welche. Das eben nannte Lenin "den Kautskyanismus" der Prawda. "In Zimmerwald und Kienthal", sagt er auf der Konferenz, "erhielt das Zentrum

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