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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Kosakenoffiziere nannten, sondern ein eiserner Mann, der sein Herz fest verschloß und den Schlüssel ins Meer warf trotz allem Flehen der schönen Unbekannten in der Theaterloge.
    Stankewitsch bemerkt bei Kerenski in jenen Tagen das "Bestreben, irgendein neues Wort zu sagen, das der ganzen Unruhe und Verwirrung des Landes entsprechen könnte. Kerenski ... beschloß, Disziplinarstrafen in der Armee einzuführen. Wahrscheinlich war er bereit, der Regierung auch noch andere entschiedene Maßnahmen vorzuschlagen ... " Stan-kewitsch kannte nur jenen Teil der Absichten seines Chefs, den dieser ihm mitzuteilen für angebracht hielt. In Wirklichkeit gingen Kerenskis Absichten zu jener Zeit bereits viel weiter. Er hatte beschlossen, mit einem Schlag Kornilow den Boden unter den Füßen wegzuziehen, indem er dessen Programm durchführte und damit die Bourgeoisie an sich fesselte. Gutschkow hatte nicht vermocht, die Truppen für die Offensive in Bewegung zu setzen, er, Kerenski, hatte es vermocht. Kornilow kann Kornilows Programm nicht durchführen. Er, Kerenski, wird es können. Der Moskauer Streik hat allerdings daran erinnert, daß auf diesem Wege Hindernisse erwachsen können. Doch die Julitage haben gezeigt, daß man auch damit fertigzuwerden vermag. Nur muß man diesmal ganze Arbeit machen und den Freunden von links nicht erlauben, einem in den Arm zu fallen. Vor allem ist es notwendig, die Petrograder Garnison restlos zu erneuern: die revolutionären Regimenter durch "gesunde" Truppenteile zu ersetzen, die sich nicht nach Sowjets umschauen würden. Über diesen Plan sich mit dem Exekutivkomitee zu verständigen, besteht keine Möglichkeit, ist auch nicht nötig: die Regierung ist als unabhängig anerkannt und in diesem Zeichen in Moskau gekrönt worden. Allerdings verstehen die Versöhnler die Unabhängigkeit nur formal, als Mittel zur Versöhnung der Liberalen. Aber er, Kerenski, wird das Formale in Materielles umwandeln: hat er doch nicht umsonst in Moskau gesagt, er sei weder mit den Rechten, noch mit den Linken, und dies sei seine Stärke. Jetzt wird er es durch die Tat zeigen.
    Die Linien des Exekutivkomitees und Kerenskis gingen in den Tagen nach der Beratung immer weiter auseinander: die Versöhnler bekamen Angst vor den Massen, Kerenski - vor den besitzenden Klassen. Die Volksmassen forderten die Abschaffung der Todesstrafe an der Front. Kornilow, Kadetten und Ententegesandtschaften deren Einführung im Hinterlande.
    Am 19. August telegraphierte Kornilow an den Ministerpräsidenten: "Erkläre dringend für notwendig, den Petrograder Bezirk mir zu unterstellen." Das Hauptquartier streckte offen die Hand nach der Hauptstadt aus. Am 24. August faßte das Exekutivkomitee Mut, in aller Öffentlichkeit zu fordern; die Regierung möge den "konterrevolutionären Machinationen" ein Ende machen und an die Verwirklichung der demokratischen Umgestaltungen herangehen. Das war eine neue Sprache. Kerenski hatte zu wählen zwischen der Anpassung an die demokratische Plattform, die bei all ihrer
    Dürftigkeit zum Bruch mit den Liberalen und den Generalen führen konnte, und Kornilows Programm, das unabwendbar zum Zusammenstoß mit den Sowjets führen mußte. Kerenski beschloß, Kornilow, Kadetten und Entente die Hand entgegenzustrecken. Den offenen Kampf gegen rechts wollte er um jeden Preis vermeiden.
    Zwar wurde am 21. August über die Großfürsten Michail Alexandrowitsch und Pawel Alexandrowitsch Hausarrest verhängt. Einige andere Personen wurden dabei in Haft genommen. Doch war all das zu unernst, und die Verhafteten mußten gleich wieder freigelassen werden: "... Es stellte sich heraus", erklärte Kerenski bei seinen späteren Aussagen in Sachen Kornilow, "daß wir absichtlich auf eine falsche Fährte gelenkt worden waren," Man hätte hinzufügen müssen: unter Mitwirkung Kerenskis. War es doch ganz offenkundig, daß es für die ernsten Verschwörer, das heißt für die gesamte rechte Hälfte der Moskauer Beratung, gar nicht um die Wiedererrichtung der Monarchie ging, sondern um die Aufrichtung der Diktatur der Bourgeoisie über das Volk. In diesem Sinne hatten Kornilow und alle seine Gesinnungsgenossen nicht ohne Empörung die Anschuldigung "konterrevolutionärer", das heißt monarchistischer Absichten zurückgewiesen. Allerdings tuschelten irgendwo in Hinterhöfen ehemalige Würdenträger, Flügeladjutanten, Hofdamen, Hofschwarzhundert, Quacksalber, Mönche, Ballerinen. Doch dies war eine völlig belanglose Größe.

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