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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Bolschewiki nicht "vor der Zeit" zu provozieren, einigte man sich auf diese Reihenfolge der Handlungen: zuerst in Petrograd ein Kavalleriekorps zusammenzuziehen, daraufhin den Belagerungszustand in der Hauptstadt proklamieren und erst dann die neuen Gesetze erlassen, die den Aufstand der Bolschewiki hervorrufen sollten. Im Protokoll des Hauptquartiers ist dieser Plan schwarz auf weiß niedergelegt: "Damit die Provisorische Regierung genau wisse, wann das Petrograder Militärgouvernement in Belagerungszustand zu erklären und wann das neue Gesetz zu veröffentlichen sei, ist es notwendig, daß General Kornilow ihm, Sawinkow, telegraphisch die Zeit genau angebe, wann das Korps Petrograd erreichen werde."
    Die Verschwörergenerale hatten, nach. Stankewitschs Worten, begriffen, "daß Sawinkow und Kerenski ... irgendeine Umwälzung mit Hilfe des Hauptquartiers beabsichtigten. Mehr war nicht nötig. Eiligst willigten sie in alle Forderungen und Bedingungen ein" ... Der Kerenski ergebene Stankewitsch entschuldigt sich, man habe im Hauptquartier Kerenski und Sawinkow "irrtümlich miteinander verbunden". Wie aber konnte man sie trennen, wenn Sawinkow mit präzis formulierten Aufträgen von Kerenski gekommen war? Kerenski selbst schreibt: "Am 25. August kehrt Sawinkow aus dem Hauptquartier zurück und berichtet mir, die Truppen würden laut Verabredung zur Verfügung der Provisorischen Regierung entsandt werden." Am Abend des 26. soll die Regierung jenen Gesetzesentwurf über die Maßnahmen im Hinterlande annehmen, der zum Prolog des entscheidenden Vorgehens des Kavalleriekorps werden muß. Alles ist vorbereitet. Es bleibt nur auf den Knopf zu drücken.
    Die Ereignisse, Dokumente, Aussagen der Beteiligten, schließlich das Geständnis Kerenskis selbst bezeugen übereinstimmend, daß der Ministerpräsident, ohne Wissen eines Teiles der eigenen Regierung, hinter dem Rücken der Sowjets, die ihm die Macht verschafft hatten, geheim vor der Partei, zu der er sich zählte, einen Pakt mit der Generalspitze der Armee abschloß, zwecks radikaler Änderung des Staatsregimes mit Hilfe bewaffneter Macht. In der Sprache der Strafgesetzgebung hat diese Handlungsweise eine ganz bestimmte Bezeichnung, mindestens für die Fälle, wo das Unternehmen nicht zum Siege führt. Der Widerspruch zwischen dem "demokratischen" Charakter der Politik Kerenskis und dem Plan der Landesrettung mit Hilfe des Säbels kann nur dem oberflächlichen Blick unvereinbar scheinen. In Wirklichkeit ergab sich der Kavallerieplan vollständig aus der Versöhnlerpolitik. Beim Aufdecken dieser Gesetzmäßigkeit kann man in hohem Maße nicht nur von Kerenskis Person absehen, sondern auch von den Eigenarten des nationalen Milieus: es handelt sich um die objektive Logik des Versöhnlertums unter den Bedingungen der Revolution.
    Friedrich Ebert, Volksbeauftragter Deutschlands, Versöhnler und Demokrat, handelte nicht nur unter Leitung hohen-zollernscher Generale hinter dem Rücken der eigenen Partei, sondern war bereits Anfang Dezember 1918 direkter Teilnehmer der militärischen Verschwörung, die die Verhaftung des obersten Räteorgans und die Proklamierung Eberts zum Präsidenten der Republik zum Ziel hatte. Nicht zufällig pflegte Kerenski später Ebert als das Ideal eines Staatsmannes zu bezeichnen.
    Als alle Pläne sowohl Kerenskis wie Sawinkows wie Kornilows zusammengebrochen waren, gab Kerenski, dem die nicht ganz leichte Arbeit der Spurenverwischung oblag, an: "Nach der Moskauer Beratung war es für mich klar, daß der nächste Versuch eines Anschlages von rechts und nicht von links kommen würde." Es ist ganz unbestreitbar, daß Kerenski vor dem Hauptquartier und jener Sympathie, mit der die Bourgeoisie die Verschwörer umgab, Angst hatte. Aber gerade darum handelt es sich, daß Kerenski nicht mit einem Kavalleriekorps gegen das Hauptquartier zu kämpfen für notwendig erachtete, sondern mittels Verwirklichung von Kornilows Programm unter eigenem Namen. Der zweideutige Komplice des Premiers hatte nicht einfach einen geschäftlichen Auftrag erfüllt, für den ein chiffriertes Telegramm aus dem Winterpalais nach Mohilew genügt haben würde, - nein, er war als Vermittler erschienen, um Kornilow mit Kerenski auszusöhnen, das heißt um deren Pläne in Übereinstimmung zu bringen und damit der Umwälzung nach Möglichkeit ein legales Bett zu sichern. Kerenski wollte durch Sawinkow gleichsam sagen lassen: "Handeln Sie, aber in den Grenzen meines Planes. Sie werden dadurch

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