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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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das Risiko vermeiden und fast alles, was Sie wünschen, erhalten." Sa-winkow machte von sich aus die Anspielung: "Gehen Sie nicht vorzeitig über die Grenzen der Kerenskischen Pläne hinaus." Dies war die eigenartige Gleichung mit drei Unbekannten. Nur in diesem Zusammenhang wird verständlich, daß Kerenski sich durch Sawinkow an das Hauptquartier mit dem Ersuchen um ein Kavalleriekorps wandte. An die Verschwörer wendet sich ein hochgestellter Komplice, der seine Legalität wahrt und bestrebt ist, die Verschwörung sich unterzuordnen.
    Unter den Sawinkow erteilten Aufträgen sah nur einer wie eine gegen die Verschwörung von rechts gerichtete Maßnahme aus: er betraf das Hauptkomitee der Offiziere, dessen Auflösung die Petrograder Konferenz der Partei Kerenskis gefordert hatte. Bemerkenswert jedoch ist die Formulierung des Auftrages: "Nach Möglichkeit den Offiziersverband liquidieren." Noch bemerkenswerter ist es, daß Sawinkow diese Möglichkeit nicht nur nicht gefunden, sondern auch nicht gesucht hat. Die Frage wurde einfach als unzeitgemäß begraben. Der ganze Auftrag war nur erteilt worden, um eine Spur auf dem Papier zu haben als Rechtfertigung vor den Linken: die Worte "nach Möglichkeit" bedeuteten, die Erfüllung sei nicht erforderlich. Gleichsam um den dekorativen Charakter des Auftrages noch greller zu unterstreichen, wurde er an die erste Stelle gesetzt.
    Bemüht, den niederschmetternden Sinn der Tatsache irgendwie abzuschwächen, daß er in Erwartung eines Anschlages von rechts die Hauptstadt von revolutionären Regimentern entblößt und sich gleichzeitig an Kornilow um "zuverlässige" Truppen gewandt hatte, berief sich Kerenski später auf drei sakramentale Bedingungen, mit denen er die Anforderung des Kavalleriekorps ausgestattet hatte. So habe er seine Einwilligung, Kornilow den Petrograder Militärbezirk zu unterstellen, abhängig gemacht von der Bedingung, die Hauptstadt mit Umgebung aus diesem Bezirk auszusondern, damit die Regierung nicht völlig in die Hände des Hauptquartiers gerate, denn - wie Kerenski im eigenen Kreise sich äußerte - "sonst wären wir hier verspeist worden". Diese Bedingung beweist nur, daß, während Kerenski davon träumte, die Generale seinem eigenen Plane zu unterwerfen, ihm nichts zur Verfügung stand außer ohnmächtiger Ränke-schmiederei. Kerenskis Unlust, verspeist zu werden, wird man ohne Beweisführung glauben. Die zwei anderen Bedingungen standen auf gleicher Höhe: Kornilow durfte in das Expeditionskorps nicht die sogenannte "wilde" Division aufnehmen, die aus kaukasischen Bergtruppen bestand, und nicht den General Krymow an die Spitze des Korps stellen. Vom Standpunkte des Schutzes der Interessen der Demokratie hieß das wahrhaftig, Kamele schlucken und Mücken durchseihen. Vom Standpunkte der Verschleierung des Anschlags auf die Revolution hingegen hatten Kerenskis Bedingungen einen unvergleichlich tieferen Sinn. Gegen die Petrograder Arbeiter kaukasische Bergtruppen zu schicken, die kein Russisch sprachen, wäre zu unvorsichtig gewesen: dazu hatte sich seinerzeit nicht einmal der Zar entschlossen! Die Unzweckmäßigkeit einer Ernennung Krymows, über den das Exekutivkomitee hinlänglich informiert war, motivierte Sawinkow dem Hauptquartier überzeugend mit den Interessen der gemeinsamen Sache: "Es wäre unerwünscht", sagte er, "wenn einen eventuellen Aufstand in Petrograd gerade der General Krymow unterdrücken sollte. Die öffentliche Meinung würde vielleicht mit seinem Namen Beweggründe verknüpfen, von denen er sich nicht leiten läßt" ... Schon die Tatsache, daß das Regierungshaupt bei dem Anfordern eines Truppenteils für die Hauptstadt mit der seltsamen Bitte vorweg kommt: die "wilde" Division nicht zu schicken und Krymow nicht zu ernennen - überführt Kerenski, wie es besser nicht möglich ist, dessen, daß er im voraus nicht nur das Gesamtschema der Verschwörung gekannt hat, sondern auch die Zusammensetzung der geplanten Strafexpedition und die Kandidaturen der wichtigsten Exekutoren.
    Aber wie es mit diesen nebensächlichen Umständen auch gewesen sein mag, ganz offenkundig ist, daß das Korni-lowsche Kavalleriekorps sich keinesfalls für die Verteidigung der "Demokratie" eignen konnte. Dagegen mußte es für Kerenski unzweifelhaft sein, daß von allen Truppenteilen dieses Korps das zuverlässigste Werkzeug gegen die Revolution sein würde. Allerdings, vorteilhafter wäre gewesen, in Petrograd eine Abteilung zu haben, die Kerenski

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