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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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sein.
    Parlamentarische Konsultationen des Volkes werden gleichzeitig vorgenommen, während in der Revolution die verschiedenen Schichten des Volkes zur gleichen Schlußfolgerung in unvermeidlichen, mitunter sehr geringen Zeitabständen gelangen. Indes die Avantgarde vor revolutionärer Ungeduld brannte, begannen die rückständigen Schichten sich erst zu rühren. In Petrograd und Moskau standen alle Massenorganisationen unter Führung der Bolschewiki; im Tam-bower Gouvernement, das eine Bevölkerung von über drei Millionen zählte, das heißt etwas weniger als beide Hauptstädte zusammen, tauchte die bolschewistische Fraktion erst kurz vor der Oktoberumwälzung zum ersten Male im Sowjet auf.
    Die Syllogismen der objektiven Entwicklung fallen keinesfalls - auf den Tag - mit den Syllogismen des Massendenkens zusammen. Und wird ein großer praktischer Entschluß durch den Gang der Dinge unaufschiebbar, läßt er am allerwenigsten eine Volksabstimmung zu. Niveau- und Stimmungsunterschiede der einzelnen Volksschichten werden durch die Aktion überwunden: die Fortgeschrittenen reißen die Schwankenden mit und isolieren die Widerstrebenden. Die Mehrheit wird nicht gezählt, sondern erobert. Der Aufstand reift gerade dann heran, wenn ein Ausweg aus den Widersprüchen sich nur auf dem Wege der unmittelbaren Aktion eröffnet.
    Ohnmächtig, aus ihrem Krieg gegen die Gutsbesitzer die notwendigen politischen Schlußfolgerungen selbst zu ziehen, schloß sich die Bauernschaft allein durch die Tatsache des Agraraufstandes von vornherein dem Aufstand der Städte an, rief ihn hervor, forderte ihn. Sie bekundete ihren Willen nicht durch weiße Stimmzettel, sondern durch den roten Hahn: das war eine ernste Volksabstimmung. In den Grenzen, in denen die Unterstützung der Bauernschaft für die Errichtung der Sowjetdiktatur erforderlich war, hat sie auch bestanden. "Diese Diktatur", erwiderte Lenin den Zweiflern, "würde den Bauern Land und den Bauernkomitees am Orte die ganze Macht geben: wie kann man, ohne verrückt zu sein, da noch zweifeln, daß die Bauern diese Diktatur unterstützen würden?" Damit die Soldaten, Bauern, unterdrückten Nationalitäten, herumirrend im Wirbel der Wahlzettel, die Bolschewiki wirklich kennenlernten, war notwendig, daß die Bolschewiki die Macht ergriffen.
    Wie aber mußte das Kräfteverhältnis sein, um dem Proletariat die Machteroberung zu erlauben? "Im entscheidenden Augenblick am entscheidenden Punkte ein erdrückendes Kräfteübergewicht zu haben", schrieb Lenin später, als er die Oktoberumwälzung erläuterte, "dieses Gesetz der Kriegserfolge ist auch das Gesetz des politischen Erfolges, besonders in jenem erbitterten, stürmischen Klassenkrieg, der Revolution heißt. Die Hauptstädte und überhaupt die großen Handels- und Industriezentren ... entscheiden in hohem Maße das politische Schicksal des Volkes, - selbstverständlich unter der Bedingung, daß die Zentren von genügenden örtlichen Dorfkräften unterstützt werden, wenn es auch keine sofortige Unterstützung ist." In diesem dynamischen Sinne sprach Lenin von der Mehrheit des Volkes. Und das war der einzige reale Sinn des Begriffes Mehrheit.
    Die demokratischen Gegner trösteten sich damit, daß das Volk, das mit den Bolschewiki geht, - nur Rohstoff historischer Lehm ist; Töpfer zu sein sind doch nur die Demokraten berufen unter Mitarbeit der gebildeten Bourgeois. "Sehen diese Menschen nicht", fragte die menschewistische Zeitung, "daß das Petrograder Proletariat und die Garnison noch niemals von allen anderen gesellschaftlichen Schichten so isoliert gewesen waren?" Das Unglück des Proletariats und der Garnison bestand darin, daß sie von jenen Klassen "isoliert" waren, denen die Macht wegzunehmen sie sich anschickten.
    Konnte man sich tatsächlich ernsthaft auf die Sympathie und Unterstützung der dunklen Massen der Provinz und Front verlassen? Ihr Bolschewismus, schrieb verächtlich Suchanow, "war nichts anderes als Haß gegen die Koalition und Sehnsucht nach Land und Frieden". Als wäre das wenig! Haß gegen die Koalition bedeutete das Bestreben, der Bourgeoisie die Macht zu entreißen, Sehnsucht nach Land und Frieden war ein grandioses Programm, das Bauern und Soldaten verwirklichen wollten unter Führung der Arbeiter. Die Nichtigkeit der Demokraten, sogar der linkesten, ergab sich aus dem Unglauben der "gebildeten" Skeptiker an die finsteren Massen, die die Ereignisse im großen sehen, ohne sich auf Details und Nuancen

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