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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Möglichkeiten erschöpft hat, bestritten die Menschewiki die Zulässigkeit des Kampfes um die Diktatur des Proletariats im rückständigen Rußland, wo der Kapitalismus sich noch längst nicht erschöpft hatte. Diese Beurteilung enthielt zwei Irrtümer, von denen jeder fatal war. Der Kapitalismus ist kein nationales, sondern ein Weltsystem. Der imperialistische Krieg und seine Folgen haben gezeigt, daß das System des Kapitalismus sich im Weltmaßstabe erschöpft hat. Die Revolution in Rußland war die Sprengung des schwächsten Gliedes im kapitalistischen Weltsystem.
    Aber das Irrige an der menschewistischen Konzeption offenbart sich auch unter dem nationalen Gesichtswinkel. Vom Standpunkte der ökonomischen Abstraktion läßt sich vielleicht behaupten, daß der Kapitalismus in Rußland seine Möglichkeiten nicht erschöpft hatte. Aber die ökonomischen Prozesse verlaufen nicht im Äther sondern im konkreten historischen Milieu. Der Kapitalismus ist keine Abstraktion: er ist ein lebendiges System von Klassenbeziehungen, das vor allem einer Staatsmacht bedarf. Daß die Monarchie, unter deren Schutz sich der russische Kapitalismus entwickelte, ihre Möglichkeiten erschöpft hatte, bestritten auch die Menschewiki nicht. Die Februarrevolution versuchte ein staatliches Zwischenregime zu errichten. Wir haben seine Geschichte verfolgt: im Laufe von acht Monaten hatte es sich restlos erschöpft. Welche andere Staatsordnung hätte denn unter diesen Umständen vermocht, die weitere Entwicklung des russischen Kapitalismus zu sichern?
    "Die bürgerliche Republik, verteidigt allein nur von Sozialisten der gemäßigten Strömungen, die im Volke keine Stütze fanden ..., konnte sich nicht halten. Ihr ganzer Kern war verwittert, es blieb nur die äußere Schale." Diese treffende Charakteristik gehört Miljukow. Das Schicksal des verwitterten Systems mußte, nach sein Worten, das gleiche sein wie das Schicksal der Zarenmonarchie: "Beide haben den Boden für die Revolution vorbereitet, und am Tage der Revolution fanden beide keinen einzigen Verteidiger."
    Schon seit Juli-August charakterisierte Miljukow die Lage mit der Alternative der zwei Namen: Kornilow oder Lenin. Kornilow jedoch hatte bereits seine Erfahrung gemacht, die mit dem kläglichen Fiasko endete. Für das Kerenskiregime war jedenfalls kein Platz mehr übrig. Bei allem Unterschiede der Stimmungen, bezeugt Suchanow, "war gemeinsam nur der Haß für die Kerenskiade". Wie sich die Zarenmonarchie am Ende auch in den Augen der Spitzen des Adels und sogar der Großfürsten unmöglich gemacht hatte, so wurde die Kerenskiregierung sogar den offenen Inspiratoren des Regimes, den "Großfürsten" der Versöhnlerspitze, verhaßt. In dieser allgemeinen Unzufriedenheit, in diesem heftigen politischen Unwohlsein aller Klassen besteht eines der wichtigsten Merkmale für die Reife der revolutionären Situation. So ist jeder Muskel, jeder Nerv, jede Fiber eines Organismus unerträglich gespannt, bevor ein schweres Geschwür durchbricht.
    Die Resolution des Julikongresses der Bolschewiki, die die Arbeiter vor vorzeitigen Zusammenstößen warnte, wies gleichzeitig daraufhin, daß man den Kampf werde aufnehmen müssen, "wenn die nationale Krise und der tiefe Massenaufstieg günstige Bedingungen für den Übergang der Armut in Stadt und Land auf die Seite der Arbeiter geschaffen haben wird". Dieser Moment war im September-Oktober gekommen.
    Der Aufstand durfte von nun an auf Erfolg rechnen, da er sich auf die wahre Volksmehrheit stützen konnte. Dies ist selbstverständlich nicht formal zu verstehen. Würde man in der Frage des Aufstandes vorher eine Volksabstimmung veranstalten, sie ergäbe äußerst widerspruchsvolle und schwankende Resultate. Die innere Bereitschaft, eine Umwälzung zu unterstützen, ist keinesfalls identisch mit der Fähigkeit, sich im voraus klare Rechenschaft über deren Notwendigkeit abzulegen. Außerdem wären die Antworten in hohem Maße von der Fragestellung selbst und von dem Organ, das die Umfrage leitet, abhängig oder, einfacher gesagt, von der Klasse, die an der Macht steht.
    Die Methoden der Demokratie haben ihre Grenzen. Man kann alle Reisenden über den wünschenswertesten Wagentyp befragen, aber es ist nicht möglich, sie darüber zu befragen, ob man den in voller Fahrt befindlichen Zug, dem eine Katastrophe droht, bremsen soll. Indes, ist die Rettungsaktion geschickt und rechtzeitig vollzogen, darf man der Zustimmung der Passagiere im voraus gewiß

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