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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Eindringen der bewaffneten Matrosen noch den Charakter der Halbheit trug: formell handelte es sich vorläufig nicht um die Besetzung des Amtes, sondern nur um die Errichtung einer Telegrammzensur. Somit wurde bis zum Abend des 24. die Nabelschnur der "Legalität" nicht endgültig durchschnitten, die Bewegung deckte sich noch immer mit den Resten der Doppelherrschaftstradition.
    Bei der Ausarbeitung der Aufstandspläne hatte das Smolny große Hoffnung auf die baltischen Seeleute gesetzt als eine Kampfabteilung, bei der sich proletarische Entschlossenheit mit solider militärischer Ausbildung verband. Das Eintreffen der Matrosen in Petrograd war im voraus dem Sowjetkongreß angepaßt. Ein früheres Herbeirufen der baltischen Seeleute hätte bedeutet, offen den Weg des Aufstands zu beschreiten. Daraus erwuchs eine Schwierigkeit, die zur Verspätung führte.
    Im Smolny trafen im Laufe des 24. zwei Delegierte des Kronstädter Sowjets zum Kongreß ein: der Bolschewik Flerowski und der Anarchist Jartschuk, der mit den Bolschewiki ging. In einem Zimmer des Smolny stießen sie mit Tschudnowski zusammen, der eben von der Front gekommen war und sich unter Berufung auf die Soldatenstimmungen gegen einen Aufstand in der nächsten Periode aussprach. "Beim heftigsten Streit", erzählt Flerowski, "betrat das Zimmer Trotzki ... Er rief mich beiseite und empfahl mir, unverzüglich nach Kronstadt zurückzukehren: "die Ereignisse reifen so schnell, daß jeder auf seinem Platze sein muß" ... In der kurzen Weisung empfand ich scharf die Disziplin des heranrückenden Aufstandes." Der Streit brach ab. Der empfängliche und leidenschaftliche Tschudnowski stellte seine Zweifel zurück, um an der Ausarbeitung der Kriegspläne teilzunehmen. Flerowski und Jartschuk eilte ein Funkspruch hinterher: "Mit den bewaffneten Kräften Kronstadts beim Morgengrauen zur Verteidigung des Sowjetkongresses ausrücken."
    Durch Swerdlow sandte das Militärische Revolutionskomitee in der Nacht ein Telegramm nach Helsingfors an Smilga, den Vorsitzenden des Distriktkomitees der Sowjets in Finnland: "Schicke Statuten." Das bedeutete: schicke sofort tausendfünfhundert ausgewählte baltische Matrosen bis an die Zähne bewaffnet. Wenn auch die baltischen Matrosen erst im Laufe des nächsten Tages eintreffen können, so besteht dennoch keine Ursache, die Kampfhandlungen aufzuschieben: es gibt genügend lokale Kräfte, - auch besteht dazu nicht die Möglichkeit: die Operationen sind bereits in vollem Gange. Sollten der Regierung von der Front Verstärkungen zu Hilfe kommen, so werden die Seeleute früh genug da sein, um sie von der Flanke oder im Rücken anzugreifen.
    Die taktische Ausarbeitung des Schemas der Eroberung der Hauptstadt ist vorwiegend das Werk der Militärischen Organisation der Bolschewiki. Generalstabsoffiziere würden an dem Plane der Profanen viele Lücken entdecken. Doch pflegen Militärakademiker nicht teilzunehmen an der Vorbereitung eines revolutionären Aufstandes. Das Allernotwendigste ist jedenfalls vorgesehen. Die Stadt ist in Kampfreviere eingeteilt, die den nächsten Stäben unterstellt sind. An den wichtigsten Punkten sind Mannschaften der Roten Garde zusammengezogen und in Verbindung gebracht mit den benachbarten Truppenteilen, wo Wachtkompanien in Bereitschaft liegen. Die Ziele jeder einzelnen Operation und die Kräfte dafür sind im voraus festgelegt. Alle Teilnehmer des Aufstandes, von oben bis unten - darin liegt seine Macht, darin aber in gewissen Augenblicken auch seine Achillesferse -, sind von der Überzeugung durchdrungen, der Sieg werde ohne Opfer errungen werden.
    Die Hauptoperationen begannen gegen 2 Uhr nachts. Mit kleineren militärischen Gruppen, in der Regel mit einem Kern aus bewaffneten Arbeitern oder Matrosen unter Leitung von Kommissaren, wurden gleichzeitig oder nacheinander Bahnhöfe, Elektrizitätszentrale, Militär- und Proviantlager, Wasserleitung, Schloßbrücke, Telephonzentrale, Staatsbank, die großen Druckereien besetzt, Telegraph und Post gesichert, überall zuverlässige Wachen aufgestellt.
    Dürftig und farblos sind die Berichte über die Episoden der Oktobernacht: sie gleichen einem Polizeiprotokoll. Alle Kampfteilnehmer schüttelt Nervenfieber. Es ist niemand da und es is keine Zeit für Beobachtungen und Aufzeichnungen. Die bei den Stäben einlaufenden Informationen werden nicht oder nur nachlässig zu Papier gebracht, auch gehen die Notizen verloren. Die nachträglichen Erinnerungen sind trocken und

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