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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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abschaffen und damit das Vertrauen der Bauern gewinnen; eine Arbeiterkontrolle über die Produktion errichten. "Die dritte russische Revolution muß im Endresultat zum Siege des Sozialismus führen."

Kapitel 22: Einnahme des Winterpalais
    Kerenski empfing den von der Front zur Berichterstattung eingetroffenen Stankewitsch in gehobener Stimmung: er kehre soeben aus dem Rat der Republik zurück, wo er den Aufstand der Bolschewiki endgültig entlarvt habe. "Den Aufstand?" - "Ja, wissen Sie denn nicht, daß wir den bewaffneten Aufstand haben?" Stankewitsch lachte: die Straßen sind ja absolut ruhig. Kann denn ein richtiger Aufstand so aussehen? Jedenfalls müsse man mit diesen ewigen Erschütterungen Schluß machen. Damit ist Kerenski durchaus einverstanden: er warte nur auf die Resolution des Vorparlaments.
    Um 9 Uhr abends versammelte sich die Regierung im Malachitsaal des Winterpalais, um Mittel zur "entschiedenen und endgültigen Liquidierung" der Bolschewiki auszuarbeiten. Der zur Beschleunigung der Sache in das Mariinski-Palais entsandte Stankewitsch berichtete voller Entrüstung von der soeben angenommenen Formel des halben Mißtrauens. Selbst die Bekämpfung des Aufstandes sollte gemäß der Resolution des Vorparlaments nicht der Regierung, sondern einem besonderen Komitee der öffentlichen Rettung obliegen. Kerenski erklärte hitzig, unter solchen Bedingungen werde er "keine Minute länger an der Spitze der Regierung bleiben". Die Versöhnler-Führer wurden sogleich telephonisch ins Palais berufen. Die Möglichkeit des Rücktritts Kerenskis überraschte sie nicht weniger als Kerenski - ihre Resolution. Awksentjew rechtfertigte sich: sie hätten doch die Resolution betrachtet als "rein theoretisch und zufällig und nicht daran gedacht, daß sie praktische Schritte zur Folge haben könne". Ja, sie sähen jetzt selbst ein, daß die Resolution "vielleicht nicht ganz glücklich redigiert ist". Diese Menschen ließen keine Gelegenheit vorbei, zu zeigen, was sie wert sind.
    Die nächtliche Unterhaltung der demokratischen Führer mit dem Staatsoberhaupt scheint ganz unglaubhaft auf dem Hintergrunde des sich entfaltenden Aufstandes. Dan, einer der Haupttotengräber des Februarregimes, verlangt, die Regierung möge sofort, noch in der Nacht, Plakate in der Stadt anschlagen lassen mit der Erklärung, sie habe die Verbündeten aufgefordert, Friedensverhandlungen einzuleiten. Kerenski antwortet, die Regierung bedarf solcher Ratschläge nicht. Man kann schon glauben, daß sie eine starke Division vorgezogen haben würde. Aber dies konnte Dan nicht bieten. Die Verantwortung für den Aufstand bemüht sich Kerenski selbstverständlich seinen Verhandlungspartnern unterzuschieben. Dan erwidert, die Regierung übertreibe die Ereignisse unter dem Einfluß ihres "reaktionären Stabes". Zu Demission bestehe jedenfalls keine Notwendigkeit: die ungelegene Resolution sei notwendig, um einen Stimmungsumschwung in den Massen hervorzurufen. Die Bolschewiki werden "schon morgen" gezwungen sein, ihren Stab aufzulösen, wenn die Regierung Dans Eingebungen folgt. "Gerade um diese Zeit", fügt Kerenski mit berechtigter Ironie hinzu, "besetzte die Rote Garde ein Regierungsgebäude nach dem anderen."
    Noch war die so inhaltsreiche Auseinandersetzung mit den linken Freunden nicht beendet, als bei Kerenski Freunde von rechts in Gestalt einer Delegation vom Sowjet der Kosakenheere erschienen. Die Offiziere taten so, als hänge von ihrem Willen das Verhalten der drei in Petrograd liegenden Kosakenregimenter ab, und stellten Kerenski Bedingungen, diametral entgegengesetzt den Bedingungen Dans: keinerlei Zugeständnisse an die Sowjets, die Abrechnung mit den Bolschewiki müsse diesmal bis zu Ende durchgeführt werden, nicht wie im Juli, wo die Kosaken unnütz Opfer gebracht hätten. Kerenski, der selbst nichts anderes ersehnte, versprach alles, was sie von ihm forderten, und entschuldigte sich vor seinen Verhandlungspartnern, daß er bis jetzt aus Erwägungen der Vorsicht Trotzki als den Vorsitzenden des Sowjets der Deputierten noch nicht verhaftet habe. Die Delegierten verließen ihn mit der Versicherung, die Kosaken würden ihre Pflicht erfüllen. An die Kosakenregimenter erging alsbald vom Stab ein Befehl: "Im Namen der Freiheit, der Ehre und des Ruhmes der Heimaterde und zur Rettung des untergehenden Rußland sind Zentral-Exekutivkomitee und Provisorische Regierung zu unterstützen." Diese stolze Regierung, die so eifersüchtig über ihre

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