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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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übergegangen", sagte Lenin im November 1920, "aber wir haben nicht vergessen, daß der Krieg wiederkehren wird. Solange Kapitalismus und Sozialismus geblieben sind, können wir nicht im Frieden leben: der eine oder andere wird letzten Endes siegen; entweder wird man der Sowjetrepublik Totenmessen singen oder aber dem Weltkapitalismus. Das ist der Aufschub im Kriege."
    Die Umwandlung der ursprünglichen "Atempause" in eine längere Periode schwankenden Gleichgewichts wurde nicht nur durch den Kampf der kapitalistischen Gruppierungen gesichert, sondern auch durch die internationale revolutionäre Bewegung. Unter dem Einfluß der Novemberumwälzung in Deutschland mußten die deutschen Truppen die Ukraine, die Baltischen Provinzen und Finnland räumen. Das Eindringen des rebellischen Geistes in die Heere der Entente zwang die französische, englische und amerikanische Regierung. ihre Truppen von den Süd- und Nordküsten Rußlands zu entfernen. Die proletarische Revolution im Westen siegte nicht, deckte aber auf dem Wege zum Siege für eine Reihe von Jahren den Sowjetstaat.
    Im Juli 1921 zog Lenin das Fazit; "Es entstand, wenn auch ein äußerst unsicheres und äußerst unstabiles, aber doch ein derartiges Gleichgewicht, daß die sozialistische Republik - natürlich nicht lange Zeit - in kapitalistischer Umkreisung existieren kann." So gewöhnte sich die Partei, von Wochen zu Monaten und von Monaten zu Jahren schreitend, allmählich an den Gedanken, daß der Arbeiterstaat eine gewisse - "natürlich nicht lange Zeit" friedlich in kapitalistischer Umkreisung existieren kann.
    Eine nicht unwichtige Schlußfolgerung ergibt sich aus den erwähnten Angaben ganz unbestreitbar: Wenn nach der allgemeinen Überzeugung der Bolschewiki der Sowjetstaat sich nicht lange ohne einen Sieg des Proletariats im Westen halten konnte, so schloß dies allein schon praktisch das Programm des Aufbaus des Sozialismus in einem Lande aus; die Frage selbst wurde gewissermaßen im voraus von der Tagesordnung abgesetzt.
    Es wäre jedoch ganz irrig, zu glauben, wie das in den letzten Jahren die Epigonenschule zu suggerieren versuchte, die Partei habe als einziges Hindernis auf dem Wege zur nationalen sozialistischen Gesellschaft die kapitalistischen Heere betrachtet. Die Bedrohung durch eine bewaffnete Intervention stand praktisch tatsächlich im Vordergrund. Doch bildete die Kriegsgefahr nur den schärfsten Ausdruck des technisch-industriellen Übergewichts der kapitalistischen Länder. Letzten Endes lief das Problem auf die Isoliertheit der Sowjetrepublik und auf deren Rückständigkeit hinaus. Sozialismus ist Organisierung einer planmäßigen und harmonischen gesellschaftlichen Produktion für die Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse. Kollektiveigentum an Produktionsmitteln ist noch nicht Sozialismus, sondern lediglich seine rechtliche Voraussetzung. Das Problem der sozialistischen Gesellschaft läßt sich vom Problem der Produktivkräfte nicht trennen, das im heutigen Stadium der menschlichen Entwicklung seinem Wesen nach ein Weltproblem ist. Der Einzelstaat, zu eng geworden für den Kapitalismus, ist um so weniger fähig, die Arena einer vollendeten sozialistischen Gesellschaft zu sein. Die Rückständigkeit eines revolutionären Landes steigert darüber hinaus für dieses die Gefahr, zum Kapitalismus zurückgeworfen zu werden. Indem sie die Perspektive einer isolierten sozialistischen Entwicklung verwarfen, hatten die Bolschewiki kein mechanisch abgesondertes Interventionsproblem vor Augen, sondern die Gesamtheit der mit der internationalen wirtschaftlichen Grundlage des Sozialismus verbundenen Fragen.
    Auf dem VII. Parteitag sagte Lenin: "Geht jetzt Rußland - und es geht zweifellose - vom "Tilsiter" Frieden zum nationalen Aufstieg ... , so ist der Ausgang zu diesem Aufstieg nicht der Ausgang zum bürgerlichen Staat, sondern der Ausgang zur internationalen sozialistischen Revolution." Das ist die Alternative: entweder internationale Revolution oder Rückstoß - zum Kapitalismus. Für einen nationalen Sozialismus gibt es keinen Platz. "Wie viele Übergangsetappen zum Sozialismus es noch geben wird, wissen wir nicht, und können wir nicht wissen. Das hängt davon ab, wann die europäische sozialistische Revolution im richtigen Maßstabe beginnen wird."
    Während er im April des gleichen Jahres aufruft, die Reihen auf praktische Arbeit umzustellen, schreibt Lenin: "Der wegen einer Anzahl von Umständen verspäteten sozialistischen Revolution

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