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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Bolschewiki waren.
    Auf dem zweiten Sowjetkongreß, im Augenblick der Machtergreifung, sagte Trotzki: "Wenn die aufständischen Völker Europas den Imperialismus nicht zermalmen, dann werden wir zermalmt werden - das ist sicher. Entweder wird die russische Revolution einen Kampfwirbel im Westen entfesseln, oder die Kapitalisten aller Länder werden unsere Revolution erdrosseln ..." - "Es gibt einen dritten Weg", ertönt es von einem Platze. Vielleicht war es Stalins Stimme? Nein, es war die Stimme eines Menschewiken. Die Bolschewiki entdeckten den "dritten Weg" erst einige Jahre später. Unter dem Einfluß unzähliger Wiederholungen der Stalinschen Presse in aller Welt gilt für die verschiedensten politischen Kreise fast als feststehend, daß den Brest-Litowsker Meinungsverschiedenheiten angeblich zwei Konzeptionen zugrunde lagen: die eine ging von der Möglichkeit aus, sich nicht nur zu halten, sondern auch den Sozialismus mit den eigenen Kräften Rußlands aufzubauen; die andere hoffte ausschließlich auf den Aufstand in Europa. In Wirklichkeit wurde diese Gegenüberstellung erst einige Jahre später geschaffen, wobei sich ihre Autoren nicht die Mühe nahmen, ihre Erfindung auch nur äußerlich mit den historischen Dokumenten in Einklang zu bringen. Allerdings, dies wäre auch nicht leicht gewesen: alle Bolschewiki, ohne eine Ausnahme, vertraten in der Brester Zeit in gleicher Weise die Ansicht, daß, wenn die Revolution in der allernächsten Zeit in Europa nicht ausbricht, die Sowjetrepublik dem Untergang geweiht ist. Die einen rechneten mit Wochen, die anderen mit Monaten, niemand mit Jahren.
    "Seit Anbeginn der russischen Revolution ...", schrieb Bucharin am 28. Januar 1918, "erklärte die Partei des revolutionären Proletariats: entweder wird die durch die Revolution in Rußland entfesselte internationale Revolution den Krieg und das Kapital erdrosseln, oder das internationale Kapital wird die russische Revolution erdrosseln." Vielleicht aber hat Bucharin, der in jenen Tagen die Anhänger eines revolutionären Krieges gegen Deutschland vertrat, die Ansichten seiner Fraktion auf die gesamte Partei übertragen? So natürlich eine solche Vermutung auch sein mag, sie wird durch die Dokumente radikal widerlegt.
    Die im Jahre 1929 vom Zentralkomitee herausgegebenen Protokolle für das Jahr 1917 und Anfang 1918 bieten, trotz ihrer Unvollständigkeit und tendenziösen Bearbeitung auch in dieser Frage unschätzbare Angaben. "Sitzung vom 11.
    Januar 1918. Gen. Sergejew (Artem) verweist darauf, daß alle Redner darin übereinstimmen, daß unserer sozialistischen Republik Untergang droht beim Ausbleiben der sozialistischen Revolution im Westen." Sergejew vertrat Lenins Position, das heißt, er war für die Unterzeichnung des Friedens. Niemand widersprach Sergejew. Alle drei kämpfenden Gruppen appellierten wetteifernd an die gleiche Voraussetzung: ohne Weltrevolution kann das Ende nicht gut sein. Stalin trägt allerdings eine neue Nuance in die Debatten hinein: die Notwendigkeit, den Separatfrieden zu unterzeichnen, motiviert er damit, daß es "eine revolutionäre Bewegung im Westen nicht gibt, es bestehen keine Tatsachen, es gibt nur eine Potenz, mit der Potenz aber können wir nicht rechnen". Noch recht weit von der Theorie des Sozialismus in einem Lande entfernt, enthüllt er jedoch in diesen Worten deutlich seinen organischen Unglauben an die internationale Bewegung. "Mit der Potenz können wir nicht rechnen!" Lenin grenzt sieh sofort "in gewissen Teilen" gegen die Stalinsche Unterstützung ab: daß die Revolution im Westen noch nicht begonnen hat, ist richtig, "wollten wir jedoch deshalb unsere Taktik ändern, wir wären Verräter am internationalen Sozialismus". Wenn er, Lenin, für einen sofortigen Separatfrieden sei, so nicht deshalb, weil er an die revolutionäre Bewegung im Westen nicht glaube, und noch weniger, weil er an die Lebensfähigkeit einer isolierten russischen Revolution glaube: "Es ist für uns wichtig, uns bis zum Eintritt der allgemeinen sozialistischen Revolution zu halten, und dies können wir erreichen nur durch den Friedensabschluß." Der Sinn der Brester Kapitulation erschöpft sich für Lenin in dem Wort "Atempause".
    Die Protokolle beweisen, daß Stalin nach der Leninschen Warnung Gelegenheit suchte, sich zu korrigieren. "Sitzung vom 23. Februar 1918. Gen. Stalin ... Auch wir setzen auf die Revolution, aber ihr rechnet mit Wochen, und (wir) - mit Monaten." Stalin wiederholt hier wörtlich

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