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Geschichte des Gens

Geschichte des Gens

Titel: Geschichte des Gens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Peter Fischer
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biochemischen Weg zum Gen. Er wurde als die »Ein-Genein-Enzym-Hypothese« berühmt und sagte konkret, worin die Funktion eines Gens besteht: Ein Gen sorgt (auf eine vorläufig noch unbekannte Weise) für ein Enzym. Der Ausdruck »Enzym« steht für die Gebilde einer Zelle, die von der Struktur her gesehen Proteine sind und deren Aufgabe darin besteht, chemische Reaktionen zu ermöglichen (zu katalysieren), die sonst viel zu langsam oder überhaupt nicht ablaufen würden. »Enzyme« heißt wörtlich »in Hefe«, und mit diesem Ausdruck wollten die frühen Biochemiker auf ihre schon vor 1900 gemachte Entdeckung hinweisen, dass es nicht die intakten Hefezellen selbst sind, die für die Gärung sorgen, bei der zum Beispiel Bier produziert wird, sondern dass dieser Prozess von kleineren Einheiten »in der Hefe« übernommen werden konnte, eben den Enzymen.

    Abb.8: Die Doppelhelix in zwei von vielen möglichen Darstellungen. In der linken Darstellung werden die einzelnen Atome betont (H für Wasserstoff, O für Sauerstoff, C für Kohlenstoff, N für Stickstoff und P für Phosphor), in der rechten Graphik lassen sich die Abstände (in Nanometem, nm) und die einzelnen Basenpaare besser erkennen (vgl. Abbildung 6). Entscheidend für die Konstruktion des Modells war die Einsicht, dass die Paare AT und GC gleich viel Raum einnehmen.
     
    Es brauchte die ersten Jahrzehnte des 2O.Jahrhunderts, bis verstanden wurde, dass Enzyme erstens Makromoleküle sind und dass sie zweitens als Proteine gebaut werden und sich somit als Ketten aus Aminosäuren präsentieren. Klar war nur seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts, dass Enzyme alle möglichen Reaktionen in den Zellen und Körpern bewerkstelligen und vor allem an jedem einzelnen Schritt des Stoffwechsels beteiligt sind. Jedenfalls glaubten die Biochemiker dies sagen zu können, nachdem sie erste Einblicke in die Stoffumsätze lebendiger Zellen bekommen hatten. So hielt zum Beispiel schon der erwähnte Archibald Garrod im Jahre 1908 in seinem Buch über angeborene Fehler beim Stoffwechsel {Inborn Errors of Metabolism) ausdrücklich daran fest, dass die nachweisbar vorkommende Abspaltung wohldefinierter Strukturen wie etwa eines Benzolrings von einem Molekül »die Arbeit eines speziellen Enzyms ist«. Der britische Arzt ging in seiner Spekulation sogar noch einen Schritt weiter und vermutete, dass angeborene Stoffwechselstörungen dadurch bedingt sind, dass die betroffenen Patienten ohne das speziel-1e Enzym auskommen müssen, das die unterbleibende chemische Umformung (Reaktion) katalysiert.

    Abb. 9: Die »Ein-Gen-ein-Enzym-Hypothese«
     
    Damit nimmt er schon im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts die »Ein-Genein-Enzym-Hypothese« vorweg, die der offiziellen Geschichtsschreibung zufolge auf das Jahr 1941 datiert und den beiden Genetikern George Beadle und Earl Tatum zugeschrieben wird (Abbildung 9). Ihrer Ansicht nach wird beim Stoffwechsel ein Ausgangsstoff (A) über mehrere Zwischenprodukte (B, C, D) in ein Endprodukt
    (E) umgewandelt. Dabei wird jede Reaktion durch ein Enzym bewirkt, das eine Zelle mit Hilfe des dazugehörigen Gens anfertigt.
Der Triumph der Moleküle
    Beadle und Tatum arbeiteten weder mit Fliegen noch mit Bakterien oder Phagen, sondern mit einem Pilz, genauer mit Neurospom crassa, der für Genetiker den Vorteil bietet, im Verlauf seines reproduktiven Zyklus eine haploide Phase zu durchlaufen, in der durch Röntgenstrahlen leicht Mutationen ausgelöst werden können. So einfach sich dies zunächst anhört, so schwer ist die Suche nach Varianten dann durchzuführen, wenn man nicht irgendwelche Veränderungen sucht, sondern solche Mutationen, mit denen man eine wissenschaftliche Fragestellung in Angriff nehmen kann. Die beiden Genetiker wollten den Stoffwechsel untersuchen, und sie entschieden sich für den Teil, der mit Vitaminen zu tun hat. Neurospora kann als Wildtyp ohne Vitamine leben, da er über den biochemischen Apparat - über die Enzyme - verfügt, mit denen sich diese lebenswichtigen Stoffe herstellen lassen. Die Aufgabe bestand nun darin, Mutanten des Pilzes zu finden, die nicht alle Vitamine bilden konnten. Dies geschieht dadurch, dass man die den mutagenen Strahlen ausgesetzten Sporen auf zwei Nährmedien wachsen lässt, von denen eines das anvisierte Vitamin enthält und das andere nicht. Wiederholt man dieses Verfahren mit vielen Vitaminen und noch mehr Sporen, verfügt man erstens über eine Reihe von Neurospora -Stämmen, deren Vitaminsynthese

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