Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
Vom Netzwerk:
des gesamten Habsburgerreiches in den Deutschen Bund durchzusetzen; Preußen erreichte nicht die Festlegung auf das Prinzip der Gleichberechtigung beider Mächte im zu erneuernden Bundestag. In einem geheimen Zusatzabkommen verpflichtete sich Preußen, seinen Truppenbestand sofort auf den Friedensstand zurückzuführen: eine einseitige Abrüstung, die zu akzeptieren dem Hohenzollernstaat schwerer fiel als alle anderen Bestimmungen des Vertrages.
    In den Kreisen der norddeutschen und vor allem der preußischen Liberalen sprach man alsbald von der «Schmach von Olmütz». Die Konservativen, die den Bruch mit Österreich und Rußland tunlichst vermeiden wollten, hatten darum in der zweiten Kammer einen schweren Stand, als diese am 3. Dezember 1850 nach einer Regierungserklärung von Außenminister von Manteuffel den Vertrag debattierte. Als beredtester Verteidiger der preußischen Politik tat sich an jenem Tag der damals fünfunddreißigjährige Gutsbesitzer Otto von Bismarck hervor. Die «einzig gesunde Grundlage eines großen Staates» sei der «staatliche Egoismus und nicht die Romantik», erklärte der konservative Abgeordnete. Ein preußisches Nein zu den österreichischen Forderungen wäre zwar populär gewesen, aber kein überzeugender Kriegsgrund. «Es ist leicht für einen Staatsmann, sei es in dem Kabinette oder in der Kammer, mit dem populären Winde in die Kriegstrompete zu stoßen und sich dabei an seinem Kaminfeuer zu wärmen oder von dieser Tribüne donnernde Reden zu halten, und es dem Musketier, der auf dem Schnee verblutet, zu überlassen, ob sein System Sieg und Ruhm erwirbt oder nicht. Es ist nichts leichter als das, aber wehe dem Staatsmann, der sich in dieser Zeit nicht nach einem Grunde zum Krieg umsieht, der auch nach dem Kriege noch stichhaltig ist.»
    Bismarck lag nichts ferner als eine Unterordnung Preußens unter die Habsburgermonarchie. Doch wenn der Staat Hohenzollern sich gegenüber Österreich durchsetzen wollte, mußten die Ausgangsbedingungen günstiger sein, als sie es Ende 1850 waren. Gegen die vereinten Armeen Rußlands, Österreichs und der süd- und mitteldeutschen Staaten hätte Preußen nach Einschätzung seiner Regierung keine Chance gehabt. Die Mehrheit der Zweiten Kammer war jedoch am 3. Dezember 1850 von Bismarcks Argumenten noch nicht überzeugt.
    Tags darauf wurde das Abgeordnetenhaus vor Abschluß seiner Debatte über die Adresse an den König von der Regierung vertagt. Als es am 4. Januar wieder zusammentrat, hatte die Justiz von Kurhessen in Gestalt des Oberappellationsgerichts Kassel unter dem Druck der Bundestruppen seinen Widerstand gegen die kurfürstliche Regierung bereits aufgegeben, womit die Machtfrage zugunsten der Exekutive entschieden war. Am 6. Januar beschloß die Statthalterschaft in Kiel unter dem ultimativen Druck des Bundes, alle Feindseligkeiten gegenüber Dänemark einzustellen, ihre Truppen hinter die Eider zurückzuziehen und die gewählte Landesversammlung aufzulösen. Angesichts der vollendeten Tatsachen stimmte zwei Tage später das preußische Abgeordnetenhaus mit der knappen Mehrheit von 146 zu 142 Stimmen dem Antrag zu, über die Adreßentwürfe zur Tagesordnung überzugehen, den Vertrag von Olmütz also stillschweigend zu akzeptieren.
    Die Dresdner Ministerkonferenzen über die Zukunft des Deutschen Bundes, die vom 8. Dezember 1850 bis zum 15. Mai 1851 dauerten, endeten mit der Wiederherstellung des früheren Zustands und damit dem Verzicht auf jede Reform. Preußen kehrte in den Bundestag zurück, ohne die Parität mit Österreich im Präsidium erreicht zu haben. In einem Geheimen Allianzvertrag verpflichteten sich Österreich und Preußen am 16. Mai 1851 zu wechselseitigem Beistand gegenüber Angriffen von Dritten. Am 23. August 1851 faßte der Bundestag den sogenannten «Bundesreaktionsbeschluß», der es den deutschen Staaten zur Pflicht machte, ihre Verfassungen auf die Vereinbarkeit mit dem Bundesrecht hin zu überprüfen, also zu entliberalisieren, und den (von einigen Staaten auf dem Gesetzesweg in Kraft gesetzten, also noch gültigen) Grundrechtsteil der Reichsverfassung vom 28. März 1849 formell aufhob. 1854 folgten Bundesgesetze, die die Presse- und Vereinsfreiheit massiv einschränkten. Der preußische Gesandte, der im Auftrag seiner Regierung an diesen Beschlüssen mitwirkte, hieß seit dem 15. Juli 1851 Otto von Bismarck.
    Der kurhessische Konflikt fand seinen Abschluß in einer vom Deutschen Bund entworfenen, von Kurfürst

Weitere Kostenlose Bücher