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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Friedrich Wilhelm oktroyierten Verfassung vom 15. April 1852, die wesentlich weniger liberal war als die vorangegangene von 1831. Gleichzeitig wurde das allgemeine gleiche durch ein besitzfreundliches Wahlrecht ersetzt. In Holstein setzten Kommissare des Bundes am 2. Februar 1851 nach der Selbstauflösung der Statthalterschaft eine Zivilbehörde ein. Ein Jahr später, am 18. Februar 1852, übernahm König Friedrich VII. nach Abstimmung mit Österreich und Preußen wieder seine Herrschaftsrechte als Herzog von Holstein.
    Kurz darauf verzichte Herzog Christian August von Augustenburg, der den Kampf der Schleswig-Holsteiner aktiv unterstützt hatte, gegen Zahlung einer Geldsumme auf jedes Erbrecht auf die dänische Krone. Er machte damit eine internationale Vereinbarung, das Zweite Londoner Protokoll vom 8. Mai 1852, möglich, das von Österreich, Preußen, Großbritannien, Rußland, Frankreich, Schweden und Dänemark unterzeichnet wurde. Es garantierte erneut die territoriale Integrität Dänemarks, und es sprach die Erbfolge in Dänemark, Schleswig und Holstein für den Fall, daß männliche Nachkommen fehlten, der zur Zeit regierenden gottorpischen Linie des Hauses Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg und damit dem Prinzen Christian von Sonderburg-Glücksburg zu. Ob diese Regelung auch dann galt, wenn ein künftiger dänischer König von dem Verzicht auf die Einverleibung Schleswigs, den Friedrich VII. ausgesprochen hatte, abrückte, blieb offen. Als ebenso strittig sollte sich die Frage erweisen, ob der Erbverzicht des Herzogs Christian August von Augustenburg auch seine volljährigen Nachkommen band. Von einer endgültigen Beilegung des Konflikts um Schleswig-Holstein konnte folglich, dem äußeren Anschein zum Trotz, im Frühjahr 1852 keine Rede sein.
    Ein letztes Nachspiel der Revolution von 1848/49, das von vielen Zeitgenossen als besonders schmachvoll empfunden wurde, war das Ende der deutschen Flotte. Sie war von der Zentralgewalt mit Hilfe von Beiträgen der Einzelstaaten geschaffen worden. Nachdem weder der Deutsche Bund noch die am Außenhandel besonders interessierten deutschen Staaten sich auf eine neue Umlagefinanzierung hatten einigen können, beschloß der Bundestag am 31. Dezember 1851 die Auflösung der Flotte. Preußen erwarb zwei Schiffe; andere wurden von einem Bundeskommissar im Ausland verkauft, der Rest am 1. Dezember 1852 in Bremerhaven versteigert. Es war ein symbolträchtiger Vorgang: In der Flotte hatten viele Bürger ein Unterpfand des deutschen Anspruchs auf Weltgeltung gesehen. Kläglicher konnte dieser Anspruch nicht preisgegeben werden, als es Ende 1852 durch die Auktion geschah.[ 96 ]
    Rückblick auf die Revolution (I): Deutschland
    Die deutsche Revolution war, was ihre Hauptziele anbelangt, gescheitert: Daran gab es im Rückblick nichts zu deuteln. Das ehrgeizige Vorhaben, aus Deutschland gleichzeitig einen National- und einen Verfassungsstaat zu machen, hatte die Liberalen und Demokraten überfordert. Weniger zu wollen war ihnen aber nicht möglich gewesen: Im Ruf nach Einheit und Freiheit bündelten sich die Erfahrungen der über vier Jahrzehnte, die nach dem Untergang des Alten Reiches vergangen waren. Die deutsche Nationalversammlung hatte erstmals über einen längeren Zeitraum hinweg Liberale und Demokraten aus allen Teilen Deutschlands zusammengebracht und sie in die Lage versetzt, sich durch gemeinsame parlamentarische Arbeit auf die Grundlagen eines freiheitlichen deutschen Gemeinwesens zu verständigen. Das Ergebnis war die Reichsverfassung vom 28. März 1849, die zwar nicht in Kraft trat, aber doch fortan einen Maßstab für das bildete, was es den alten Gewalten abzutrotzen galt.
    Als die deutsche Nationalversammlung am 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche zusammentrat, war noch keineswegs klar, was unter «Deutschland» politisch zu verstehen war. Daß das deutschsprachige Österreich mit dazugehörte, erschien zu jener Zeit nahezu allen als eine schiere Selbstverständlichkeit. Erst nach der Jahreswende 1848/49 setzte sich bei der Mehrheit der Abgeordneten und in der Öffentlichkeit die Einsicht durch, daß das Habsburgerreich sich nicht in einen deutschen und einen nichtdeutschen Teil aufspalten ließ, eine deutsche Einheit mit Österreich also nicht zu erreichen war. Eine «kleindeutsche» Lösung wäre im Frühjahr 1848 vielleicht ohne Krieg mit Österreich und Rußland durchzusetzen gewesen, aber damals war an ein Deutschland ohne Österreich noch nicht

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