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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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durch die Großen Seen bis hin zur Fundy Bay vor der Westküste Neu-Schottlands. Den USA wurde auferlegt, den enteigneten und vertriebenen Loyalisten, den Gegnern der Unabhängigkeit, ihren Besitz zurückzugeben oder sie für die entstandenen Verluste zu entschädigen. Wie viele Loyalisten davon betroffen waren, ist nicht ganz sicher: Auf mindestens 100.000 wird die Zahl der Siedler geschätzt, die während des Krieges die aufständischen Kolonien verlassen hatten; die meisten in Richtung Kanada, die anderen nach Großbritannien oder den britischen unter den Westindischen Inseln. In die Vereinigten Staaten kehrten nur wenige zurück.
    Solange die ehemaligen Kolonien im Kampf gegen einen gemeinsamen Gegner standen, war es dem Kontinentalkongreß immer wieder gelungen, als Sprecher des Gesamtwillens der Union aufzutreten und als solcher anerkannt zu werden. Nach dem Friedensschluß wurde es schwerer, die 13 Staaten und den Kongreß auf eine gemeinsame Linie zu bringen: Besonders die Klauseln, die Großbritannien in den Friedensverhandlungen zugunsten der Loyalisten durchgesetzt hatte, lösten scharfe Proteste aus. Wer den Gegnern der Unabhängigkeit Geld schuldete oder aus ihrer Enteignung Nutzen gezogen hatte, wehrte sich nun gegen die Pflicht zur Einhaltung privatrechtlicher Verträge und zur Wiedergutmachung erlittenen Unrechts.
    Immer deutlicher wurde seit 1783 auch, daß der lockere Staatenbund schon mangels eigener Finanzen nicht in der Lage war, die gemeinsamen Interessen der Vereinigten Staaten gegenüber der Außenwelt wirksam zu vertreten. Die amerikanische Armee war bereits im Juni 1783, vor der Unterzeichnung des Friedensvertrages, aufgelöst worden. Dazu kamen Konflikte zwischen den Staaten: Einige stritten untereinander über den Verlauf ihrer Grenzen oder erhoben konkurrierende Ansprüche auf das Territorium westlich der Alleghenies; andere wollten das neu hinzugewonnene Gebiet zwischen Alleghenies und Mississippi als Ganzes der Union unterstellen; mehrere Gebiete im Norden und Westen strebten nach Eigenstaatlichkeit; größere Staaten behinderten den Handel der kleineren durch hohe Zölle. Kaum gegründet, schien das neue Gemeinwesen bereits von der Gefahr bedroht, wieder auseinanderzufallen.[ 208 ]
    Als im September 1786 Delegierte aus fünf Staaten in Annapolis, der Hauptstadt von Maryland, zusammenkamen, um Meinungsverschiedenheiten zwischen Virginia und Maryland über die Schiffahrt auf dem Potomac zu beraten, nutzte der junge Rechtsanwalt Alexander Hamilton, im Unabhängigkeitskrieg der Adjutant Washingtons und jetzt einer der Vertreter von New York, die Gelegenheit, um die Berufung einer repräsentativ zusammengesetzten Versammlung anzuregen, die die Articles of Confederation den tatsächlichen Bedürfnissen der Union anpassen sollte. Der Gedanke fand die Zustimmung der Konferenz und der Volksvertretung von Virginia, aber zunächst nicht die des Kontinentalkongresses. Dieser änderte seine Haltung jedoch, nachdem Virginia George Washington als einen seiner Vertreter benannt hatte. In den folgenden Monaten wurden in allen Staaten, mit der Ausnahme von Rhode Island, Delegierte für einen Verfassungskonvent gewählt. Am 25. Mai 1787 trat die Versammlung in Philadelphia zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen und wählte einstimmig George Washington zu ihrem Präsidenten.
    Als scharfsinnigster und bestinformierter Befürworter einer gründlichen Erneuerung tat sich von Anfang an der historisch und philosophisch hochgebildete James Madison aus Virginia hervor. Er hatte entscheidenden Anteil daran, daß sich der Verfassungskonvent nicht damit begnügte, die 13 Konföderationsartikel punktuell zu überarbeiten und zu ergänzen, wie es der «New-Jersey-Plan» vorsah, sondern, entsprechend dem «Virginia-Plan», die Umwandlung des Staatenbundes in einen Bundesstaat in Angriff nahm.
    Auf dem Weg zu diesem Ziel waren große Hindernisse zu überwinden. Die kleineren Staaten wollten auf der nationalen Ebene ebenso viel Einfluß haben wie die größeren, also eine Vertretungskörperschaft durchsetzen, in der alle Staaten über eine gleich große Zahl von Delegierten verfügten. Die größeren Staaten strebten dagegen ein Gesetzgebungsorgan an, in dem die Staaten entsprechend ihrer Bevölkerungszahl vertreten waren. Der rettende Kompromiß war ein Kongreß mit zwei Kammern: Das Repräsentantenhaus, das alle zwei Jahre gewählt wurde, war nach dem Prinzip der Proportionalität zusammengesetzt, so daß die Zahl

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