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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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französisches Protektorat. Insgesamt wurde Indochina zum wirtschaftlich ertragreichsten Gebiet des französischen Überseereiches.
    Die von Ferry eingeleitete Kolonialpolitik ging auch unter seinen Nachfolgern weiter, und zwar ganz in seinem Sinne, nämlich der Errichtung eines großen französischen Kolonialreiches. 1888 wurde der Hafen von Djibouti samt seiner Umgebung am Ausgang des Roten Meeres besetzt und zu Französisch-Somaliland erklärt. (Ein Britisch-Somaliland, südöstlich davon gelegen, gab es bereit seit 1884.) Djibouti war schon unter Napoleon III. zu Beginn der sechziger Jahre französisches Einflußgebiet geworden. Am Golf von Aden, gegenüber dem britischen Stützpunkt Aden an der Südwestecke der arabischen Halbinsel und am Nadelöhr des kürzesten Seewegs nach Indien gelegen, machte der Besitz von Djibouti einen gewissen strategischen Sinn.
    Von dem wachsenden west- und zentralafrikanischen Kolonialreich Frankreichs konnte man das nicht sagen. Auch die handelspolitischen Interessen, die Ferry immer wieder als Argument für seine Kolonialpolitik ins Feld führte, wirkten mit Blick auf diese Region nicht überzeugend: Weder als Absatzmärkte für französische Produkte noch als Lieferanten von Rohstoffen waren die meisten neuerworbenen Gebiete interessant. Die Kolonien in West- und Äquatorialafrika glichen auch nicht aus, was Frankreich durch die Rückkehr zum Protektionismus im Jahre 1881 anderweitig an Absatzchancen einbüßte. Der Kolonialerwerb der achtziger Jahre auf dem «Dark Continent» wirkte in erster Linie als Ausdruck von Prestigepolitik: Frankreich wollte im «scramble for Africa» eine maßgebende Rolle spielen, weil es nur so seine Großmachtstellung behaupten zu können meinte.
    Begonnen hatte der Wettlauf um Afrika mit den politischen und militärischen Offensiven Großbritanniens in Südafrika und Ägypten in den Jahren vor und nach 1880, wobei in beiden Fällen Aufwallungen von fremdem Nationalismus, in einem Fall burischem, im anderen arabischem Nationalismus, den unmittelbaren Anlaß bildeten. Von Kap bis Kairo: Es war der aus England stammende südafrikanische Diamantenminenbesitzer und Politiker Cecil Rhodes, der als erster diese Vision einer weiteren Ausdehnung Englands in Afrika entwickelte. Ein erster Schritt in Richtung dieses Kolonialreiches, das durch eine durchgängige Eisenbahnlinie von Ägypten bis Südafrika verbunden werden sollte, war die von Rhodes betriebene Besetzung von Betschuanaland im Nordosten von Transvaal; es wurde 1887 zum britischen Protektorat erklärt.
    Das nächste Ziel, das Rhodes ins Visier nahm, war das Land der Matabele, in dem er (zu Unrecht, wie sich zeigen sollte) reiche Goldvorkommen vermutete. 1889 gründete Rhodes mit tatkräftiger Unterstützung des Londoner Bankhauses Rothschild die South Africa Company. Deren Söldner führten mit Hilfe des neuen, in Amerika erfundenen «Maxim»-Maschinengewehrs einen Vernichtungsfeldzug gegen die Krieger Lubengulas, des Häuptlings der Natabele, und eroberten mit stillschweigender Duldung der britischen Regierung bis 1894 ein Territorium nördlich des Limpopo, das Rhodes selbst «Rhodesien» nannte: das Gebiet der heutigen Staaten Simbabwe und Sambia. Nominell blieb das eroberte Land im Besitz der South Africa Company; tatsächlich bildete es einen Teil des britischen Empire. Besiedelt wurde es von der Kapkolonie aus, an deren Spitze seit 1890 Cecil Rhodes als Ministerpräsident stand.
    Rhodes in manchem ähnlich, betrieb George Goldie, ein britischer Abenteurer, der aus einer Schmugglerfamilie von der Insel Man stammte, die Expansion des britischen Kolonialgebiets in Westafrika. Seine Ausgangsbasis war das Protektorat Lagos, das in den achtziger Jahren auf das Nigerdelta ausgedehnt wurde. Hier gründete Goldie 1886 die Royal Niger Company, die sich ebenso wie die South Africa Company auf «Maxim»-Maschinengewehre verließ, wenn es galt, ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Das Ergebnis der blutigen Eroberungsarbeit war die 1914 proklamierte Kolonie Nigeria. In Ostafrika betätigte sich die East Africa Company, die seit 1887 tief ins Landesinnere vorstieß und damit den Grund für die 1895 und 1896 geschaffenen Protektorate Britisch-Ostafrika, das heutige Kenia und Uganda, legte. Für alle drei Handelsgesellschaften war die East India Company das Vorbild: Die britische Herrschaft begann mit dem Handelsmonopol einer privilegierten Gesellschaft. Der Übergang zur direkten Herrschaft der britischen

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