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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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die «Knights» in keiner Weise verantwortlich waren: die «Haymarket»-Unruhen in Chicago am 4. Mai 1886, ausgelöst durch einen Polizeieinsatz bei einer zunächst friedlich verlaufenen Demonstration, an der sich auch Anarchisten beteiligt hatten. Offenbar aus ihren Reihen wurde eine Bombe geworfen, die sieben Polizisten tötete und 67 verletzte. Bei den anschließenden Kämpfen kamen vier Arbeiter ums Leben, mindestens fünfzig wurden verletzt. Den Bombenwerfer zu identifizieren gelang der Justiz nicht; dennoch wurden im Haymarket-Prozeß acht radikale Agitatoren der Aufhetzung zur Gewalt für schuldig befunden und zum Tode verurteilt; vier wurden hingerichtet. Als der demokratische Gouverneur von Illinois, Peter Altgeld, ein gebürtiger Deutscher, die vier überlebenden Gefangenen 1893 begnadigte, reagierten konservative Zeitungen mit heftigen Angriffen auf ihn. Seine politische Karriere war damit beendet.
    Die Arbeitgeber gingen nach den Haymarket-Unruhen verstärkt dazu über, massiven und höchst wirkungsvollen Druck auf Facharbeiter auszuüben, die sich den als radikal verschrienen «Knights of Labor» angeschlossen hatten. Der Mitgliederstand der «Knights» verminderte sich von angeblich 700.000 im Jahre 1886 auf 100.000 um 1890. Die Jahrhundertwende erlebten die «Knights of Labor» nicht mehr. Erfolgreicher waren inzwischen Gewerkschaften, die gezielt die Arbeiter einzelner Berufe und hier besonders die hochqualifizierten Facharbeiter ansprachen. Die Idee der einen umfassenden Einheitsgewerkschaft hatte sich ebensowenig durchsetzen können wie die wirklichkeitsfremde Absage an Streiks.
    Die mit Abstand wichtigste der mit den «Knights» konkurrierenden Organisationen war die 1881 gegründete Federation of Organized Trade and Labor Unions of the United States and Canada, die sich fünf Jahre später in American Federation of Labor (AFL) umbenannte: eine Dachorganisation von gewerkschaftlichen Berufsverbänden, in denen sich vornehmlich Facharbeiter zusammengeschlossen hatten. Unter Führung ihres energischen langjährigen Präsidenten Samuel Gompers focht die AFL für das, was man in den USA unter dem Begriff «bread and butter» zusammenfaßte: die nächstliegenden Ziele der Arbeiter wie höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten, bessere Arbeitsbedingungen und, als Bedingung des Erfolges, kollektiv zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden ausgehandelte Tarifverträge («collective bargaining»).
    Die «politischste» Forderung der AFL war die nach einer Beschränkung der Einwandererzahlen: ein Verlangen, in dem sich die Furcht der Facharbeiter vor noch mehr Lohndruck seitens der ungelernten Arbeiter ausdrückte. Politische Bindungen an die Demokraten oder die Republikaner aber lehnte die AFL ebenso ab wie die Gründung einer selbständigen Arbeiterpartei; sie unterstützte jeweils die Kandidaten, die sich ihre Forderungen zu eigen machten. Unternehmen, die sich der AFL besonders hartnäckig widersetzten, wurden boykottiert oder bestreikt. Gompers’ Strategie erwies sich als sehr viel erfolgreicher als die der «Knights of Labor». Im Jahre 1912 gehörten den Mitgliedsverbänden der AFL etwa 2 Millionen Mitglieder an, mehr als vier Fünftel aller organisierten Arbeiter Amerikas. Stellt man in Rechnung, daß es um diese Zeit in den USA 25 Millionen Arbeiter außerhalb der Landwirtschaft gab, waren dies freilich nur 8 Prozent aller Arbeiter in Industrie und Handwerk.
    Sehr viel weniger Zulauf als die AFL hatten die 1905 gegründeten Industrial Workers of the World (IWW), kurz «Wobblies» genannt: Sie brachten es 1914 auf 100.000 Mitglieder. Die «Wobblies» vertraten neben Bergarbeitern, Holzfällern und landwirtschaftlichen Saisonarbeitern bisher unorganisierte Industriearbeiter, darunter viele ungelernte Einwanderer der ersten Generation. «Ausländisch», nämlich europäisch, wirkten auch die sozialistischen bis anarchistischen Forderungen der IWW wie die nach der Abschaffung des Lohnsystems und der Vergesellschaftung der Unternehmen. Aufsehen in ganz Amerika erregte 1912 ein von den «Wobblies» organisierter, von Gewalttaten begleiteter Streik der Textilarbeiter von Lawrence, Massachusetts. Die Antwort der Behörden war schärfste überwachung und Verfolgung, vor allem während des Ersten Weltkrieges. 1925 wurden die IWW aufgelöst.
    In den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts war die Amalgamated Association of Iron and Steel Workers zur mächtigsten Einzelgewerkschaft der USA aufgestiegen: Ihr

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