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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Brüdern Wilbur und Orville Wright in Ohio das erste funktionstüchtige Flugzeug gebaut – rechtzeitig genug, um die Industriestaaten in die Lage zu versetzen, das neue Beförderungsmittel so weit zu entwickeln, daß es im Ersten Weltkrieg für militärische Zwecke verwendet werden konnte.
    Der Aufstieg Amerikas zur führenden Industriemacht der Welt hätte nicht stattfinden können ohne den anhaltenden Zustrom von Einwanderern aus anderen Kontinenten. Um 1830, als die Vereinigten Staaten knapp 30 Millionen Einwohner zählten, spielte die Immigration noch keine große Rolle beim Zuwachs der Bevölkerung. Das änderte sich vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Um 1850 war fast jeder zehnte Amerikaner (9,5 Prozent) im Ausland geboren worden. Zwischen 1865 und 1915 wanderten 25 Millionen Menschen aus anderen Ländern in die USA ein: viermal so viele wie in dem halben Jahrhundert vor dem Ende des Bürgerkrieges. Im Durchschnitt der achtziger Jahre gingen 43 Prozent des Bevölkerungszuwachses auf Einwanderung zurück: ein Anteil, der auch später nicht mehr erreicht wurde. Um 1900 lebten fast 76 Millionen Menschen in den USA; 1920 waren es annähernd 106 Millionen.
    Seit Ende des 19. Jahrhunderts änderte sich die nationale und ethnische Zusammensetzung der Immigration erheblich. Den größten Anteil an den Einwanderern hatten bis etwa 1890 Deutsche, Briten, Iren und Skandinavier gehabt. (Im Durchschnitt der Jahre 1860 bis 1900 stellten sie zusammen 72, die Deutschen allein 28 Prozent.) Nach 1890 verschoben sich die Gewichte von Nordwest- nach Ostmittel-, Ost- und Südeuropa. Italiener, Polen, Russen und Griechen kamen vermehrt nach Amerika, wo sie sich bessere Lebensverhältnisse erhofften als die, die sie zuhause vorfanden. Eine wachsende Immigrantengruppe bildeten auch Juden aus Osteuropa (2 Millionen waren es zwischen 1880 und 1920), wobei die sich häufenden Pogrome im Zarenreich, aber auch die Diskriminierung der Juden in Rumänien und Ungarn bei dem Entschluß, diese Länder zu verlassen, eine wichtige, oft ausschlaggebende Rolle spielten. Aus anderen Herkunftsländern kamen die Einwandererströme im Westen und Südwesten der USA: Hier waren es vor allem Chinesen, Japaner und Mexikaner, die zum Bevölkerungswachstum beitrugen.
    Die «neuen» Immigranten suchten Arbeit und waren in der ersten Generation meist Arbeiter, und zwar, anders als viele Einwanderer aus Deutschland, Skandinavien und Großbritannien, keine Facharbeiter, sondern ungelernte Arbeiter, im Fall der Mexikaner oft landwirtschaftliche Saisonarbeiter. Bedarf an gering qualifizierten Arbeitskräften hatten fast alle Branchen, da der Übergang zur Massenproduktion den Bedarf an Facharbeitern zurückgehen und den an un- und angelernten Arbeitern steigen ließ. Manche Branchen, wie namentlich die Textilindustrie, suchten für die Maschinenarbeit vorzugsweise Frauen, die generell sehr viel niedrigere Löhne erhielten als Männer, für die Unternehmen also billiger waren. Im Bergbau und in den Fabriken war, ebenso wie in der Landwirtschaft, Kinderarbeit weit verbreitet. Um 1900 wurden 1,7 Millionen arbeitende Kinder gezählt. Die durchschnittlichen Arbeitszeiten lagen um 1900 bei 10 Stunden täglich und 60 Stunden in der Woche; in der Stahlindustrie wurden 12 Stunden täglich gearbeitet. Die Durchschnittslöhne bewegten sich zwischen 400 und 600 Dollar im Jahr.
    Der Kampf um höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen hatte lange zuvor begonnen. 1869 war in Philadelphia der «Noble and Holy Order of the Knights of Labor» gegründet worden, der zunächst als geheime Bruderschaft, seit 1878 dann als öffentlich wirkende Vereinigung tätig war. Die «Ritter der Arbeit» wandten sich bewußt an alle Arbeiter, die gelernten und die ungelernten, die in Amerika geborenen und die neu eingewanderten, und umwarben besonders die Frauen, gleichviel ob sie in Fabriken oder im Haushalt arbeiteten. Die «Knights» verlangten das Verbot der Kinderarbeit sowie den Achtstundentag und setzten sich für die Ersetzung der kapitalistischen Lohnarbeit durch genossenschaftlich aufgebaute Kooperativfabriken ein. Die Führung lehnte Streiks ab, sie konnte aber nicht verhindern, daß verbündete Gewerkschaften, wenn auch meist ohne Erfolg, dieses Kampfmittel gegen Eisenbahngesellschaften einsetzten und dabei auch vor Gewaltanwendung nicht zurückschreckten.
    Damit begann der Niedergang der «Knights of Labor». Er wurde beschleunigt durch ein Ereignis, für das

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