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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Standard Oil Company bereits neun Zehntel der amerikanischen Ölproduktion. 1873 schuf eine Unternehmergruppe unter Führung von Andrew Carnegie bei Pittsburgh ein großes Stahlwerk, aus dem im folgenden Jahrzehnt die Carnegie Steel Company erwuchs. 1901 folgte die Gründung der United States Steel Corporation durch Carnegie und den Bankier J. P. Morgan: eine Holding Company, der über 200 Unternehmen der Stahlindustrie angehörten, die zusammen 70 Prozent der amerikanischen Eisen- und Stahlproduktion erzeugten. 1904 gab es nur noch sechs große Eisenbahnkonzerne, die zusammen zwei Drittel des gesamten Streckennetzes der USA besaßen und finanziell entweder von Morgan oder von Rockefeller abhingen. Ende des 19. Jahrhunderts kontrollierte ein Prozent der Corporations 33 Prozent der industriellen Produktion Amerikas.
    Versuche, die Macht der Konzerne und Trusts von Gesetzes wegen einzuschränken, gab es viele, aber nicht wenige scheiterten an den Gerichten und namentlich am höchsten Gericht, dem Supreme Court. 1887 wurde eine erste Bundesaufsichtsbehörde, die Interstate Commerce Commission, errichtet. Das Gesetz verlangte von den Eisenbahngesellschaften «gerechte und vernünftige Tarife» (just and reasonable rates) im zwischenstaatlichen Schienenverkehr. Aber ohne die Gerichte war ein solches Postulat nicht durchsetzbar, und die Gerichte urteilten, besonders in den neunziger Jahren, meist zugunsten von «big business». 1890 verabschiedete der Kongreß den Sherman Antitrust Act. Das Gesetz erklärte jede Form von Trust oder Absprache zur Einschränkung der Handelsfreiheit, mithin Preiskartelle aller Art, für illegal, definierte aber nicht, was «restraint of trade» zu bedeuten hatte. Infolgedessen fiel es dem Supreme Court leicht, 1895 die Auflösung der Sugar Refining Company abzulehnen, obwohl diese 95 Prozent der zuckerverarbeitenden Industrie kontrollierte, also die Position des Monopolisten innehatte.
    Eine Wettbewerbsbeschränkung erfreute sich jedoch einer verbreiteten, wenn auch nicht ungeteilten Zustimmung: die durch hohe Einfuhrzölle. An der Abwehr preisgünstiger Konkurrenz aus dem Ausland waren nicht nur viele Unternehmer, sondern, aus Sorge um die Erhaltung von Arbeitsplätzen, oft auch die Arbeiter interessiert. Zölle zum Schutz der heimischen Industrie waren bereits unter Lincoln 1864 eingeführt worden; die weltweite Krise nach 1873 gab wie in Europa, so auch in Amerika den Protektionisten Auftrieb; hinzu kam bei vielen Industriellen das Gefühl, daß sie sich angesichts des riesigen amerikanischen Binnenmarktes vor europäischen Vergeltungsmaßnahmen als Antwort auf Zollerhöhungen der USA nicht ernsthaft zu fürchten brauchten.
    Von den beiden großen Parteien waren die Republikaner, die von 1861 bis 1884 alle Präsidenten stellten, die bei weitem protektionistischere. Bei der Präsidentschaftswahl von 1888 gewann der Amtsinhaber Grover Cleveland, ein Befürworter von Zollsenkungen, zwar eine Wählermehrheit; im Wahlmännergremium obsiegte jedoch der republikanische Kandidat Benjamin Harrison, ein erklärter Schutzzöllner. Im Oktober 1890 verabschiedete der Kongreß den nach dem republikanischen Abgeordneten und späteren Präsidenten William McKinley benannten «McKinley Tariff», die höchsten Zollsätze in der Geschichte der USA.
    Populär aber war diese Entscheidung nicht. Bei den «midterm elections» von 1890 erlitten die Republikaner schwere Verluste, und in der Präsidentenwahl von 1892, bei der die Zollfrage eines der zentralen Themen bildete, wurde Harrison von seinem Amtsvorgänger Cleveland besiegt. Seine Absicht, die amerikanischen Zölle drastisch zu senken, konnte der neue Präsident jedoch nicht durchsetzen. Der neue Wilson-Gorman-Zolltarif von 1894 blieb weit hinter den Vorstellungen Clevelands zurück. Einer anderen Bestimmung des Gesetzes, der Einführung einer Einkommensteuer auf Einkommen über 4000 Dollar, war nur eine kurze Lebensdauer beschieden: Der Supreme Court hob sie 1895 als verfassungswidrig auf.
    Die Entwicklung zum Großkonzern hatte eine Umschichtung des industriellen Führungspersonals zur Folge: An die Stelle des einzelnen, selbsthaftenden Unternehmers traten zunehmend professionelle Manager, die im Auftrag der Großaktionäre das Unternehmen oder die Unternehmensgruppe steuerten; unter ihrer Aufsicht sorgten Angestellte für den möglichst zweckmäßigen Einsatz von Arbeitskräften und Personal wie für die Optimierung des Vertriebs. Eine andere

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