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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Besten unumgänglich nötig war.»[ 14 ]
    Wieland lebte seit 1772 am Musenhof des Herzogs von Weimar, und so wie er dachten viele herausragende Vertreter des geistigen Deutschland. Einer von ihnen war Johann Gottfried Herder, der 1776 von Goethe nach Weimar berufen worden war. 1789 ein glühender Verteidiger des revolutionären Aufbruchs in Frankreich, meinte er nur drei Jahre später, er kenne nichts Abscheulicheres «als ein aufgebrachtes, wahnsinniges Volk und eines wahnsinnigen Volkes Herrschaft». Was habe Frankreich durch seine Revolution erlangt, «da es in der fürchterlichsten Unordnung der Dinge schwebet?» Wie könne man eine bessere Erziehung von einer Revolution erhoffen, «die Szenen der Unmenschlichkeit, des Betrugs, der Unordnung veranlaßt, durch deren Eindrücke vielleicht auf mehrere Generationen hin alle Spuren der Humanität aus den Gemütern der Menschen vertilgt werden? Was kann, was muß dieser Schwindelgeist der Freiheit und der wahrscheinlich daher entstehenden blutigen Kriege auf Völker und Regenten, vorzüglich aber auf die Organe der Humanität , Wissenschaft und Künste, für Wirkungen hervorbringen?» Den Deutschen verblieb nur, aus der französischen Erfahrung zu lernen. «Wir können der französischen Revolution wie einem Schiffbruch auf offenem Meer vom sichern Ufer herab zusehen, falls unser böser Genius uns nicht selbst wider Willen ins Meer stürzte.»[ 15 ]
    Herder und Wieland sprachen wohl den meisten Gebildeten im «Land der Dichter und Denker» aus dem Herzen, aber nicht allen. Es gab eine kleine Minderheit deutscher Publizisten, die nicht nur die Revolution der Deputierten vom Sommer 1789 begrüßten, sondern auch den Jakobinern ein gewisses Verständnis entgegenbrachten. Doch selbst unter den (mit fragwürdigem Recht so genannten) «deutschen Jakobinern» lehnten es die meisten ausdrücklich ab, dem revolutionären Frankreich nachzueifern. Der Forschungsreisende und Schriftsteller Johann Georg Forster, 1792 Mitglied des Klubs deutscher Freiheitsfreunde im französisch besetzten Mainz, sah 1793 Deutschland durch «seine physischen, sittlichen und politischen Verhältnisse» auf den Weg einer «langsamen, stufenweisen Vervollkommnung und Reife» verwiesen. Es sollte durch «die Fehler und Leiden seiner Nachbarn klug werden und vielleicht von oben herab eine Freiheit allmählich nachgelassen bekommen, die andere von unten gewaltsam und auf einmal an sich reißen müssen». Der radikale Schriftsteller Georg Friedrich Rebmann bekannte 1796, er habe nie «an eine deutsche Revoluzion (sic!), nach dem Muster der französischen, im Ernste gedacht. In protestantischen Ländern ist sie durchaus unmöglich, und in unseren katholischen fast ebensosehr.»
    Daß es in Deutschland zu einer politischen Revolution nicht kommen müsse, weil es die geistliche Reformation gegeben hatte: diese Überzeugung war ein gemeinsames Credo der protestantischen Spätaufklärung von Wieland bis zu den «deutschen Jakobinern». Die religiöse Erneuerung, die Luther eingeleitet hatte, enthielt dieser Deutung zufolge ein allgemeines Freiheitsversprechen, das es fortschreitend einzulösen galt. Deutschland war, so gesehen, historisch weiter als Frankreich. Es konnte sich politisch reformieren, weil es kirchlich schon reformiert war. Es mußte nach Meinung der Spätaufklärer diesen Weg beschreiten, wenn es nicht Frankreichs Schicksal erleiden wollte. Denn ausgeschlossen war eine Revolution in Deutschland durchaus nicht. «Sie wird aber und muß erfolgen», warnte Rebmann 1796, «wenn man ihr nicht durch Reformation zuvorkommt.»[ 16 ]
    Kant dachte im Grunde kaum anders. In seiner 1795 verfaßten Schrift «Zum ewigen Frieden» definierte er den Despotismus als das Staatsprinzip der «eigenmächtigen Vollziehung des Staats von Gesetzen, die er selbst gegeben hat». Despotismus sei mithin der «öffentliche Wille, sofern er von dem Regenten als sein Privatwille gehandhabt wird». Diesen Despotismus stellte der Königsberger Philosoph dem Republikanismus entgegen: die Regierungsart, in welcher die ausführende Gewalt von der gesetzgebenden abgesondert war. Ein solcher Republikanismus war für Kant durchaus mit einer monarchischen Staatsform vereinbar, nicht jedoch mit einer Demokratie, sofern sie unmittelbare Volksherrschaft bedeutete, also eine der schlecht organisierten «Demokratien ohne Repräsentationssystem» und damit notwendig despotisch war.
    Wenn Kant in der Schrift «Zum ewigen Frieden» und zwei

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