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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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ist nicht das Werk der Regierungen, sondern eines Volkes, das eine Regierung einsetzt.»[ 21 ]
    Anders als in England war Paine zufolge im Frankreich des Jahres 1791 das Volk Träger der Souveränität. Der König habe lediglich ein Amt inne, und das Parlament gehe nicht aus einem königlichen Privileg, sondern aus dem Volk hervor. In England spreche man zwar viel von der Konstitution, habe aber keine. «Das englische Parlament hat von der Nationalversammlung die Gewohnheit, von der Konstitution zu reden, nicht aber deren Inhalt übernommen.» Nicht England, sondern das gegenwärtige Frankreich konnte laut Paine für sich in Anspruch nehmen, eine Regierung kraft Wahl und Repräsentation zu besitzen. «Was ist eine Regierung anderes als die Leitung der Angelegenheiten einer Nation? Sie ist nicht und kann ihrer Natur nach nicht Eigentum eines besonderen Menschen oder einer besonderen Familie sein, sondern sie ist Eigentum der gesamten Gesellschaft, auf deren Kosten sie unterhalten wird, und wenn sie auch durch Gewalt und List widerrechtlich zu einem Erbgut gemacht worden ist, so kann diese Usurpation das Recht der Dinge doch nicht verändern.»
    Es folgten Sätze, die an die amerikanische Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776 erinnerten. «Die Souveränität liegt von Rechts wegen nur in der Nation und nicht in einem einzelnen. Die Nation hat zu allen Zeiten ein inhärentes unverletzliches Recht, jede von ihr als unbrauchbar befundene Regierungsform abzuschaffen und eine solche einzuführen, die mit ihrem Vorteil, ihrer Neigung und ihrem Glück übereinstimmt … Jeder Bürger ist Teilhaber der Souveränität und kann als solcher keine persönliche Unterwerfung anerkennen, sondern nur den Gesetzen Gehorsam leisten.»
    Frühere Revolutionen, so fuhr Paine in Anspielung auf die Glorious Revolution von 1688 fort, seien kaum mehr als ein Wechsel der Person oder eine Veränderung der örtlichen Verhältnisse gewesen. «Aber was wir jetzt in der Welt wahrnehmen, die Revolutionen in Frankreich und Amerika, sie sind eine Erneuerung der natürlichen Ordnung der Dinge, sie bilden ein System von Prinzipien, das so allgemein ist wie die Wahrheit und die Existenz des Menschen und der Moral mit politischem Glück und natürlichem Wohlstand verbindet … Monarchische Souveränität ist an ihrem natürlichen und ursprünglichen Ort, der Nation, wiederhergestellt. Wäre dies in ganz Europa der Fall, würde die Ursache von Kriegen beseitigt sein.»[ 22 ]
    Paine wiederholte damit eine These, die er schon 1776 in seinem «Common Sense» vertreten hatte und die Kant 1795 in der Schrift «Zum ewigen Frieden» wiederholen sollte: Wenn erst alle Staaten Republiken seien, also repräsentativ regiert würden, würden sie gegeneinander keine Kriege mehr führen. «Warum stürzen sich Republiken nicht in Kriege? Nur weil die Beschaffenheit ihrer Regierung kein von der Nation verschiedenes Interesse zuläßt … Bei den alten Regierungsformen ist der Krieg das Regierungssystem … Bei dem aufgeklärten Stadium des Menschengeschlechts ist es nicht schwer zu begreifen, daß die erblichen Regierungen ihrem Untergang zuneigen und daß Revolutionen, auf der breiten Grundlage von Volkssouveränität und repräsentativer Regierung, ihren Weg in Europa machen. Daher wäre es ein Akt der Weisheit, ihrem Nahen vorzugreifen und Revolutionen durch Vernunft und Anpassung zu bewirken, statt die Fragen gewaltsamen Erschütterungen zu überlassen.»
    Im Fortgang seiner Überlegungen entwarf Paine das Bild einer Zivilisation, die einer Regierung kaum noch bedurfte. «Die Regierung ist nicht weiter nötig, als in den wenigen Fällen zu helfen, wo Gesellschaft und Zivilisation nicht hinreichen können … Je vollkommener die Zivilisation ist, desto weniger bedarf sie der Regierung, weil sie dann um so mehr ihre eigenen Angelegenheiten ordnet und sich selbst regiert … Alle großen Gesetze der Gesellschaft sind Gesetze der Natur.»
    Der Autor berief sich auf die Erfahrungen Amerikas, als er diese Betrachtungen in das Postulat münden ließ, «daß die Regierung nichts weiter ist als eine nach den Prinzipien der Gesellschaft handelnde nationale Vereinigung (that government is nothing more than a national association acting on the principle of society) … Die Regierung nach dem alten System ist eine Anmaßung von Macht um ihrer eigenen Vergrößerung willen, nach dem neuen eine Übertragung der Macht zum allgemeinen Wohl der Gesellschaft.»
    Auf die

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