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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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einzigen europäischen Großmächte, die der vertraglich vereinbarten Devise folgten – die Londoner Regierung freilich sehr viel konsequenter als die Pariser.
    Angesichts des Scheiterns der Politik der Nichteinmischung erwog Blum zeitweilig ernsthaft seinen Rücktritt als Regierungschef, ließ sich dann aber vom Präsidenten der Zweiten Internationale, dem belgischen Sozialistenführer Louis de Brouckère, und dem spanischen Botschafter davon abbringen. In der Folgezeit erhielt die spanische Republik, trotz des am 8. August 1936 offiziell beschlossenen Exportembargos für Rüstungsgüter, teilweise auch auf dem Umweg über Mexiko, Flugzeuge aus Frankreich; den Aufbau und das Kommando einer französischen Fliegerstaffel mit dem Namen «España» übernahm, obwohl er selbst nicht fliegen konnte, der Schriftsteller André Malraux. Die Pariser Regierung duldete außerdem die Anwerbung von Freiwilligen fürdie Internationalen Brigaden, die auf Seiten der spanischen Republik kämpften und in denen Franzosen das größte Kontingent stellten, und handhabte die Kontrollen an der Grenze zu Spanien bewußt großzügig. Mehr vermochte die in sich gespaltene Volksfront für die Sache der spanischen Republik nicht zu tun. Die Kommunisten, die ein sehr viel stärkeres Engagement forderten, distanzierten sich am 6. Dezember 1936 erstmals von der Regierung Blum, indem sie sich nach einer großen außenpolitischen Kammerdebatte bei der Abstimmung über die Vertrauensfrage der Stimme enthielten.
    Der französischen Rechten bot der Spanische Bürgerkrieg einen willkommenen Anlaß, ihre Angriffe auf die Volksfront zu verstärken. Die Regierung Blum betreibe, so lautete der Vorwurf, eine ideologische Politik, die Frankreich in einen europäischen Krieg zu stürzen drohe. Aber auch auf innenpolitischem Gebiet fand die Opposition hinreichend Anlaß zu Kampagnen gegen die Linke. Am 18. Juni löste die Regierung Blum auf Grund des Gesetzes vom 10. Januar 1936 die antiparlamentarischen Ligen der Rechten, darunter die Croix de Feu von Oberst de La Rocque, auf. Die Feuerkreuzler, die inzwischen gewerkschaftsähnliche Zusammenschlüsse, die Syndicats professionels français, ins Leben gerufen hatten, schlossen sich wenig später zu einer politischen Partei, dem Parti Social Français (PSF), zusammen, der sich über ganz Frankreich ausbreitete, fast die Hälfte seiner Mitglieder aber im Großraum Paris hatte. Anfang 1937 zählte die neue Partei vermutlich über 1 Million Mitglieder. Der PSF gab sich entschieden rechts, antimarxistisch und antiparlamentarisch, stellte sich aber in seiner Praxis auf den Boden des parlamentarischen Systems und der geltenden Gesetze.
    Damit unterschied er sich von einer anderen Neugründung des Sommers 1936, dem schon erwähnten Parti Populaire Français (PPF) des Bürgermeisters von St. Denis und ehemaligen Kommunistenführers Jacques Doriot. Mit seiner Forderung nach einem korporativen Staat näherte sich der PPF dem faschistischen Italien an, desgleichen mit dem gezielten Appell an die Arbeiterschaft, seinem radikalen Nationalismus und der Anwendung von physischer Gewalt gegenüber dem politischen Gegner. Die Zahl der Mitglieder, überwiegend Arbeiter und Bauern, scheint zu keiner Zeit 100.000 überstiegen zu haben.
    Keine andere Rechtspartei war so offen «faschistisch» wie die Doriots; keine andere wurde so massiv von Industrie- und Finanzkreisenmit Geldmitteln unterstützt wie sie; keine andere erfreute sich so wie sie einer breiten publizistischen Unterstützung, die bis zu den angesehenen Tageszeitungen «Figaro» und «Temps» reichte; keine andere zog so viele prominente Intellektuelle an wie sie, darunter die Schriftsteller Pierre Drieu La Rochelle, Alfred Fabre-Luce und Bertrand de Jouvenel (die alle im Herbst 1938, nach dem Münchner Abkommen über die Verkleinerung der Tschechoslowakei, den PPF wieder verlassen sollten). Autoren des «Combat», des Blattes der Jeune Droite, wie Robert Brasillach, Georges Blond und Thierry Maulnier, schrieben für Doriots Parteiorgan, «Émancipation nationale»; umgekehrt veröffentlichten La Rochelle und de Jouvenel, beide Mitglieder des Zentralkomitees des PPF, Artikel im «Combat». Unter den jüngeren Aktivisten des PPF waren zwei, die später zu großer Bekanntheit gelangten: der Politikwissenschaftler Maurice Duverger und der Mittelstandsrebell Pierre Poujade.
    Einen verbissenen Kampf gegen die Volksfront führten auch rechtsradikale Zeitschriften wie

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